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Sonntag, 19. Februar 2012

Die Empfindung Einer Menschheit und Eines Menschheits-Ich im Zeitalter des ätherischen Christus





Das 19. Jahrhundert, das eine dramatische Entwicklung der äusseren materialistischen Zivilisation zustande brachte, demonstrierte die weisse Menschheit ihre Macht in ihrer äusseren-technischen Überlegenheit. Das Überlegenheitsgefühl gegenüber den anderen Rassen war vor 100 bis 50 Jahren eine vollkommen reale und allgemeine Tatsache in den Ländern der weissen Menschheit. Niemand hinterfragte damals eine solche selbstverständliche Annahme, wie die Vorherrschaft der Weissen auf der Erde. Das gehörte nicht zu der Schwäche einzelner Menschen wie heute, sondern das gehörte noch zu dem allgemeinen Bewusstsein der Weissen. Diese innere Haltung, sich selbstverständlich gegenüber den anderen Zivilisationen als besser zu empfinden, bestimmte die damaligen Handlungen und Gedanken. Die Kolonial-Denkart war nichts anders als Lebenspraxis. Wenn man diesen Tatbestand des damaligen Bewusstseins nicht real mit einbezieht und einseitig und allein dem deutschen Volk eine rassistische Ideologie zuschiebt, als ob eine solche Ideologie plötzlich entstanden wäre und alle anderen westlichen Länder damit nichts zu tun gehabt hätten, kann man niemals das Schicksal der Menschheit heilen.

Im 20. Jahrhundert erlebte die Menschheit die zwei Weltkriege, in denen nach dem Prinzip des westlich darwinistischen Geistes die Erde verteilt werden sollte. Allerdings, was aus der westlichen Kolonial-Denkart herstammte, - dazu gehören auch die christlichen Missionierungen -, das kann nicht bloss als etwas, was unmenschlich ist, abgetan werden, auch wenn es aus der Sicht des Ostens immer wieder als eine egoistisch-überhebliche Herrschsucht angesehen und dadurch eine gewisse Verachtung gegenüber der weissen Menschheit hervorgerufen wurde. Der Grund, wieso es nicht bloss als Unmenschlichkeit abgetan werden darf, liegt nicht darin, dass es moralisch gesehen gut gewesen wäre, sondern einzig deshalb, weil dieser Egoismus, der der Kolonial-Denkart zugrunde liegt, aus der gleichen Quelle stammt, aus welcher in Europa der Geist der Freiheit, der für die gesamte Erde eine erhebliche Bedeutung hat, entwickelt werden musste.

Dennoch sollte das Karma der Kolonial-Praxis und die ihr zugrunde liegende einseitige Überlegenheitsempfindung der weissen Menschheit genau angeschaut werden. Heute, wo der ätherische Christus in allen Gegenden der Erde sich offenbaren kann, ohne dass dabei der Name des Christentums immer als etwas Obrigatorisches dazukommen muss, braucht es ein gründliches Umdenken.

Die europäische Menschheit ist in den äusseren Gebieten des Lebens überlegen. Aber das heisst nicht, dass sie in allem überlegen ist. Die östliche Menschheit bewahrte die realen Empfindungen der Spiritualität. Man kann nicht sagen, dass die europäische Menschheit diesbezüglich dem Osten überlegen ist. Zum zeitgemässen Christus-Verständnis kommt man nur, wenn man zu einer wirklichen Selbsterkenntnis kommt. Kommt die europäische Menschheit zu einer solchen neuen Christus-und Selbst-Erkenntnis, wenn sie daran glaubt, dass sie gegenüber den anderen Zivilisationen überlegenen ist? Egal ob ein solches einseitiges Überlegenheitsgefühl aus der Überreste des traditionell aufgefassten missionierenden Christentums oder so wie bei den manchen rechts orientierten Anthroposophen aus einem Sonderbewusstsein als Träger der " 5. Kultur der anglosächsisch-germanischen Epoche" herstammen würde, spielt zuletzt keine Rolle.

Wie kann die europäische Menschheit zu einer ehrlichen und fruchtbaren Selbsterkenntnis-Praxis kommen, wenn sie auf Kosten einer Entwicklung der Individualisierung und der Entfaltung des Ich-Bewusstseins eben die natürliche Empfindung, das Gefühl einer spirituellen Wahrheit - "die europäische Zivilisation ist nicht in allem überlegen - die alle Zivilisationen sind aufeinander angewiesen" - verloren hat, ohne diese Empfindung von den anderen Zivilisationen zu lernen? Im Osten existiert noch diese Empfindung, dass man sich als einen Teil von einer grossen lebendigen Ganzheit wahrnimmt.

Ist es nicht an der Zeit, damit aufzuhören, in Schwarz-Weiss zu denken: Entweder Osten oder Westen hat eine Überlegenheit? Das führt nur zu einer Unwahrheit. Man kommt in einer solchen Denk-Praxis nie aus einer Unwahrheit heraus. Die Frage kann man deshalb auch umdrehen: Wie kann denn überhaupt die östliche Menschheit heute zu einer gesunden Selbsterkenntnis kommen, ohne dass sie die wahren individuellen Freiheitsideen aus der europäischen Kultur lernt ? Es kann keine wahre Selbsterkenntnis im Osten geben ohne dass die Freiheitsempfindung aus Westen gelernt wird.

Eine Menschengruppe kann nicht alles auf einmal entfalten. Das ist eine Tatsache in der Erdenentwicklung. Die europäische Menschheit übernahm die Mission, das Ich-Bewusstseins und die Freiheit zu entfalten. Dafür musste sie die unmittelbare spirituelle Denkart weit gehend verlieren. Beides konnte man nicht zugleich behalten. Um eben diesem Mangel, dass im Zuge der Individualisierung in Europa die spirituellen Substanzen verloren gingen, entgegenzuwirken, hatte die östliche Menschheit eine andersartige Entwicklung durchmachen müssen. Es war eine Verteilung der Missionen. Darin liegt das tiefe Geheimnis einer einzigen und zusammengehörigen Menschheit. Nicht eine Gruppe kann alles auf einmal entwickeln. Im universalen Menschheits-Ich lebt nur eine Menschheit. Jede Gruppierung trägt nur eine Seite davon. In der Tat sind alle Zivilisationen aufeinander angewiesen, denn jeder Mensch kann zuletzt sein wahres Ich nur dadurch in sich tragen, dass ein Menschheits-Ich in der übersinnlichen Welt als lebendiges Urbild existiert.

Europäische Menschheit und östliche Menschheit sind beide aufeinander angewiesen. Jede vertritt eine bestimmte Seite einer einzigen Menschheit. Heute stehen die europäische und östliche Menschheit nebeneinander da und leben mit der realen Einwirkung des ätherischen Christus, die immer intensiver erfühlt werden kann. Jede empfindet: Es fehlt uns etwas. Es fehlt uns etwas zum eigentlichen Menschsein. So wie wir geworden sind, daran fehlt noch etwas, was uns aber als wahre Menschen im Sinne der Menschheit angehören sollte. Und diese innere Empfindung, eine innige Sehnsucht nach einer Erweiterung der eigenen Beschränktheit, welche aber nie die Freiheit des Individuums verletzt, ist die wahre Grundlage für ein neues modernes Menschheitsbewusstsein im Zeitalter des ätherischen Christus.




Junko Althaus


















Das Hereinbrechen des Zeitalters des ätherischen Christus - Eine kritische Auseinandersetzung mit den Christus-Gedanken von Judith von Halle



Das Hereinbrechen des Zeitalters des ätherischen Christus
- Eine kritische Auseinandersetzung mit den Christus-Gedanken von Judith von Halle im Buch "Die Christus-Begegnung der Gegenwart und der Geist des Goetheanums"


Das Hereinbrechen eines völlig neuen Zeitalters ist bereits eingetreten, in dem die Wiedererscheinung des Christus im Ätherischen zur Wahrheit wurde. Dieses Ereignis ist nicht zu begreifen mit der alten Vorstellungsart, in der man in der vierten Kulturepoche
von dem Mysterium von Golgatha, das in der physischen Welt geschah, gesprochen hat, denn wir stehen am Anfang einer ganz neuen moralisch-spirituellen Entwicklungsphase. Zum Erleben des ätherischen Christus braucht der Mensch keinen Vermittler. Ohne Guru und die sonstigen äusseren autoritären Einrichtungen kann der Mensch immer mehr seine eigene und persönliche Begegnung mit ihm erfahren, indem er durch den Christus zu einer äusserst intimen und effektiven Selbsterkenntnis geführt wird.

Frau Judith von Halle eröffnet ihr Buch "Die Christus-Begegnung der Gegenwart und der Geist des Goetheanums" (Verlag für Anthroposophie, 2010) mit den folgenden Worten:

" Der Begriff des ätherischen Christus oder der Erscheinung Christi in der ätherischen Welt ist eine Wortschöpfung Rudolf Steiners. Es ist uns heute ein Leichtes, uns dieses Begriffs zu bediehen - ja, man hört ihn innerhalb der anthroposophischen Bewegung gegenwärtig so häufig aus so vielen Mündern erklingen, als wäre das eigentliche Ereignis, welches gewissermassen hinter dem Begriff steht, nämlich die persönliche Begegnung mit dem Christus in der Äthersphäre, eine allgemeine Selbstverständlichkeit. Dabei ist es bei genaueren Hinhorchen evident, dass das beständige Im-Munde-Führen dieses Begriffes, der als Inbegriff einer «zeitgemässen» Einweihung verstanden wird, über einen offenbaren Mangel an eben diesem unmittelbaren Christus-Erleben mehr oder weniger hinwegzutrösten, vielleicht auch unbewusst hinwegzutäuschen versucht."



Dass das aktuelle Wirken des ätherischen Christus heute mehrfach thematisiert wird, ist nach der Feststellung von Frau von Halle gerade eine Erscheinung des Mangels des unmittelbaren Christus-Erlebnis. Nach ihrem Urteil tröstet man durch das mehrfache Thematisieren über das mangelnde unmittelbare Christuserlebnis hinweg. Dies ist aber eine Unterstellung für die Menschen, die sich über die Aussagen Steiners mit der Wiederkunft Christi ernsthaft auseinandersetzen.

Viele wollen heute ernst zu prüfen beginnen, was Steiner in einer tief innigen Weise wiederholend von dem Christus im Ätherischen sprach. Er stellte dieses Ereignis als ein zentrales Geschehen für unsere Zeit hin. Die Menschen wollen forschend eine Bestätigung dafürfinden, dass der Christus heute tatsächlich in der Ätherwelt sich offenbart. Ja, sogar das ist ein Beweis dafür - einen solchen inneren Drang zu dem ätherischen Christus zu spüren -, dass viele heute das neue Wirken des ätherischen Christus persönlich ahnend erfühlen, auch wenn sie es nicht zugleich mit konkreten Mitteln beweisen können. Eine echte Forschung beginnt mit einer solchen intensiv ahnenden inneren Empfindung.




Frau von Halle beschreibt die Möglichkeit einer unmitttelbaren Begegnung mit dem ätherischen Christus im Sinne einer Einweihung, welche vom Besucher des ersten Goetheanums mit der fertig gestellten Figur des Menschheitsrepräsentanten hätte erfahren werden sollen. Nach ihrer Ansicht ist diese Einweihungsmöglichkeit nicht eingetreten, weil das erste Goetheanm zerstört und die Christus-Figur nicht fertig gestellt wurde.

"Der letzte Hammerschlag an der Zentralfigur wäre jener Augenblick gewesen, da das «eherne Meer» durchsichtig wurde. Und so wie im Augenblick des Eintritt des Christus-Geistes in die Erde zum Todeszeitpunkt auf Golgatha der Vorgang im Tempel von oben bis unten in zwei Teile zerriss, welcher alle Zeiten zuvor das Geheimnis des Allerheiligsten verhüllt hatte, so wäre in jenem Moment die schwarze Sphäre zerrissen worden, die den Blick des Menschen in die geistige Welt zuvor betäubt, die ihm sein Gewahrwerden der unmittelbaren Gegenwart Christi in der Ätherwelt verwehrt hatte."

Sie stellt dar, dass eine Schwarzspähre, die den Blick von der geistigen Welt trennt, "durch den letzten Hammer an der Zentralfigur des Christus" zerrissen worden wäre. Diese Schwarzspähre ist nach ihr diejenige, die das Gewahrwerden des Christus im Ätherischen unmittelbar verhindert.

Wer diese Stelle liest, kann die Empfindung haben: "Die allgemeine Trennwand zwischen dem Christus im Ätherischen und uns ist nicht beseitigt worden, weil das erste Goetheanum seine eigentliche Mission nicht erfüllt hatte. Die Trennwand zwischen dem ätherischen Christus und uns ist so geblieben." Die obige Darstellung von Frau von Halle kann den Leser in eine Stimmnug führen, in der er eine Resignation spürt und denkt: "Das erste Goetheanum wurde uns genommen. Das Böse hat uns es genommen. Wir sind deshalb Opfer und haben die Einweihungsmöglichkeit verloren, unmittelbar den Geist des ätherischen Christus in der Einrichtung des Goetheanums zu erfahren. Die Trennwand besteht zwischen ihm und uns, weil die komplette Fertigstellung des ersten Goetheanums nicht möglich wurde. Es ist tragisch und resignierend."


Es muss aber gesagt werden, dass das Hereinbrechen des neuen Zeitalters der Wiederkunft Christi, in welchem der Christus sich in der Ätherwelt uns offenbart, tatsächlich so wie Steiner voraussagte, in der Mitte des letzten Jahrhunderts eingetreten ist. Man kann diese Voraussage in der geistigen Schau bestätigen.

Das Eintreten der Wiederkunft Christi selber ist ein Ereignis, auf das kein anderes Wesen einen Einfluss hat. Das tritt völlig unabhängig von dem auf, ob das erste Goetheanum steht oder nicht. So wie niemand das Mysterium von Golgatha verhindern konnte, vollbrachte der Christus wieder sein neues Mysterium. Es ist eine höhere Notwendigkeit, die durch die Tat des Christus und die geistige Führung eingetreten ist,. Darauf hat kein Mensch, kein Wesen einen Einfluss.

Noch während des zweiten Weltkrieges geschah etwas Bedeutsames in der übersinnlichen Welt. Das Menschheits-Bewusstsein war so stark verfinstert auf der Erde. Die Seele der Menschheit erlebte eine beinahe völlige Verfinsterung und stand in einer noch nie erlebten Ohnmacht. An diesem geistig-seelischen Nullpunkt völliger Verzweiflung des Ich der Menschheit, welcher durch die gegenseitige endlose Tötung in der ganzen Welt durch das Einsetzen neuster intelligentester Technik verursacht wurde. Der Zusammenhalt der Menschheit im Menschheits-Ich wurde auf intensivste Weise angegriffen, weil die Menschen durch fanatische und einseitige Ideologien die wahre Dimension einer Menschheit völlig vergassen.

In dieser völligen Verdunkelung ist ein Ereignis eingetreten: Der Weltenvorhang, der die Menschheit von dem Christus noch im allgemeinen Sinne trennte, wurdemittendurch zerrissen. Das geschah, als das Herz der Menschheit in jenem grausam wüteten Krieg stark verdunkelt wurde. Es war ein Schrei des Menschheitsbewusstseins zu hören, der übersinnlich das kosmische Menscheitsbewusstsein in einer gewaltsamen Art durchhallte. Ein Schrei, der durch eine unbeschreiblich schmerzhafte geistige Geburt verursacht wurde, welche der Christus von innen her voll miterlebte. Und hinter diesem zerrissenen Vorhang offenbarte sich der Christus in seiner Äthergestalt, der die unendliche Liebe ausströmte, noch während jenes schrecklichen Weltkrieges. Aus einer völligen geistigen Ohnmacht erwachte das Menschheits-Ich zu einem neuen Zeitalter im Beisein des Christus.

Diese Tatsache - die Wiederkunft Christi im Ätherischen - ist deshalb ein menschheitliches Ereignis. Seitdem kann man ihn ohne eine Einweihung auch spontan im unmittelbaren Umkreis erleben - z.B. wenn man einen inneren Tod intensiv erlebt. In einem solchen Schicksalsmoment kann der Christus sich einem Menschen in seinem Ätherleib offenbaren, um ihn zu einer neuen Entwicklungsphase hinüberzuleiten. Er kann heute erlebt werden inmitten eines schweren Schicksalsschlages oder einer existenziellen Krise. Er wird völlig unabhängig von einem bestimmten physischen Ort erfahren werden und ist nie an einen konkreten Ort gebunden,auch selbstverständlich nicht an das erste Goetheanum.


Frau von Halle schreibt:
"So wäre reale Repräsentanz des ätherischen Christus in den künstlerisch bearbeiteten Stoff eingezogen, weil die Formen so aus dem Geiste heraus gestaltet gewesen wären, dass das geistige Wesen Christi das Werk vollständig hätte durchdringen können. Wie ein «ewiges Licht» wäre nun der Christus - in seiner ätherischen Offenbarung - in dem Bau selber anwesend gewesen; denn bewusst schauende und bewusst handelnde Menschen hätten Ihm dafür die Bedingungen geschaffen. Dies sollte das Geschenk der geistigen Welt sein - das freilich ausschlisslich unter den Händen einer Reihe von bewusst schauenden und bewusst handelnden Menschen hätte erschaffen werden können -, welches der Erdenmenschheit zu ihrem Heil hätte übergeben werden sollen.

Erst ab diesem Moment hätte der Besucher des Goetheanums den vollen praktischen Einweihungsweg durchmachen können..."

"Man muss sich einmal in innerer Ruhe vergegenwärtigen, was ein solches Erscheinen, eine solche Repräsentanz des ätherischen Christus an einem irdischen Ort bedeutet hätte!"


Die Autorin misst eine erhebliche Bedeutung dem verloren gegangenen ersten Goetheanum im Zusammenhang mit dem ätherischen Christus bei. Eine irdische "Einweihungsstätte" aber, diemit einem physischen Bau und einer äusseren Einrichtung an einen ganz bestimmten Ort gebunden ist, kann zwar ein Schulungsort sein, darf aber keinesfalls spezifisch als die konkrete irdische Begegnungsstätte des ätherischen Christus aufgefasst werden, denn das widerspricht dem Wesen des Christus im Ätherischen.

Frau von Halle schreibt: "was ein solches Erscheinen, eine solche Repräsentanz des ätherischen Christus an einem irdischen Ort bedeutet hätte!" Dazu muss gesagt werden: Der ätherische Christus offenbart sich an allen Orten der Erde. Er ist nirgendwo irdisch gebunden. Der Gedanke, dass die Begegnung in einem bestimmten irdischen Ort durch eine äussre Einrichtung erfahrbar sein soll, kann heute ein schweres Missverständnis innerhalb und ausserhalb des anthroposophischen Zusammenhängen verursachen. Man würde z.B. denken:Die Anthroposophen beanspruchen gegenüber der Welt eine auserwählte irdische Stätte der konkreten Begegnung mit dem Christus für sich selber.

In der Tat tritt der Christus plötzlich auf und verschwindet wieder. Denn er braucht durch seine ätherische Leiblichkeit, die aus der verwandelten Auferstehungskraft besteht, keine bestimmte irdische Hülle mehr. Er erscheint in seinem übersinnlichen Kleid, und deshalb ist er an keinen irdischen Ort gebunden. Auch in unterschiedlicher Gestalt erscheint er dem Menschen. Gerade deshalb kann sein gegenwärtiges Wirken immer universeller entfaltet werden. Seine Präsenz wird so immer mehr von Menschen in allen Gegenden der Erde erfahren. Dadurch kann die ätherisch-astralische Sphäre der gesamten Erde - neben dem Teil der wachsenden Verfinsterung - immer kräftiger durchlichtet und durchwärmt werden.




Junko Althaus


























Donnerstag, 16. Februar 2012

Das Hereinbrechen des Zeitalters des ätherischen Christus - Eine kritische Auseinandersetzung mit den Christus-Gedanken von Judith von Halle




Das Hereinbrechen des Zeitalters des ätherischen Christus
- Eine kritische Auseinandersetzung mit den Christus-Gedanken von Judith von Halle im Buch "Die Christus-Begegnung der Gegenwart und der Geist des Goetheanums"


Das Hereinbrechen eines völlig neuen Zeitalters ist bereits eingetreten, in dem die Wiedererscheinung des Christus im Ätherischen zur Wahrheit wurde. Dieses Ereignis ist nicht zu begreifen mit der alten Vorstellungsart, in der man in der vierten Kulturepoche
von dem Mysterium von Golgatha, das in der physischen Welt geschah, gesprochen hat, denn wir stehen am Anfang einer ganz neuen moralisch-spirituellen Entwicklungsphase. Zum Erleben des ätherischen Christus braucht der Mensch keinen Vermittler. Ohne Guru und die sonstigen äusseren autoritären Einrichtungen kann der Mensch immer mehr seine eigene und persönliche Begegnung mit ihm erfahren, indem er durch den Christus zu einer äusserst intimen und effektiven Selbsterkenntnis geführt wird.

Frau Judith von Halle eröffnet ihr Buch "Die Christus-Begegnung der Gegenwart und der Geist des Goetheanums" (Verlag für Anthroposophie, 2010) mit den folgenden Worten:

" Der Begriff des ätherischen Christus oder der Erscheinung Christi in der ätherischen Welt ist eine Wortschöpfung Rudolf Steiners. Es ist uns heute ein Leichtes, uns dieses Begriffs zu bediehen - ja, man hört ihn innerhalb der anthroposophischen Bewegung gegenwärtig so häufig aus so vielen Mündern erklingen, als wäre das eigentliche Ereignis, welches gewissermassen hinter dem Begriff steht, nämlich die persönliche Begegnung mit dem Christus in der Äthersphäre, eine allgemeine Selbstverständlichkeit. Dabei ist es bei genaueren Hinhorchen evident, dass das beständige Im-Munde-Führen dieses Begriffes, der als Inbegriff einer «zeitgemässen» Einweihung verstanden wird, über einen offenbaren Mangel an eben diesem unmittelbaren Christus-Erleben mehr oder weniger hinwegzutrösten, vielleicht auch unbewusst hinwegzutäuschen versucht."



Dass das aktuelle Wirken des ätherischen Christus heute mehrfach thematisiert wird, ist nach der Feststellung von Frau von Halle gerade eine Erscheinung des Mangels des unmittelbaren Christus-Erlebnis. Nach ihrem Urteil tröstet man durch das mehrfache Thematisieren über das mangelnde unmittelbare Christuserlebnis hinweg. Dies ist aber eine Unterstellung für die Menschen, die sich über die Aussagen Steiners mit der Wiederkunft Christi ernsthaft auseinandersetzen.

Viele wollen heute ernst zu prüfen beginnen, was Steiner in einer tief innigen Weise wiederholend von dem Christus im Ätherischen sprach. Er stellte dieses Ereignis als ein zentrales Geschehen für unsere Zeit hin. Die Menschen wollen forschend eine Bestätigung dafür finden, dass der Christus heute tatsächlich in der Ätherwelt sich offenbart. Ja, sogar das ist ein Beweis dafür - einen solchen inneren Drang zu dem ätherischen Christus zu spüren -, dass viele heute das neue Wirken des ätherischen Christus persönlich ahnend erfühlen, auch wenn sie es nicht zugleich mit konkreten Mitteln beweisen können. Eine echte Forschung beginnt mit einer solchen intensiv ahnenden inneren Empfindung.




Frau von Halle beschreibt die Möglichkeit einer unmitttelbaren Begegnung mit dem ätherischen Christus im Sinne einer Einweihung, welche vom Besucher des ersten Goetheanums mit der fertig gestellten Figur des Menschheitsrepräsentanten hätte erfahren werden sollen. Nach ihrer Ansicht ist diese Einweihungsmöglichkeit nicht eingetreten, weil das erste Goetheanm zerstört und die Christus-Figur nicht fertig gestellt wurde.

"Der letzte Hammerschlag an der Zentralfigur wäre jener Augenblick gewesen, da das «eherne Meer» durchsichtig wurde. Und so wie im Augenblick des Eintritt des Christus-Geistes in die Erde zum Todeszeitpunkt auf Golgatha der Vorhang im Tempel von oben bis unten in zwei Teile zerriss, welcher alle Zeiten zuvor das Geheimnis des Allerheiligsten verhüllt hatte, so wäre in jenem Moment die schwarze Sphäre zerrissen worden, die den Blick des Menschen in die geistige Welt zuvor betäubt, die ihm sein Gewahrwerden der unmittelbaren Gegenwart Christi in der Ätherwelt verwehrt hatte."

Sie stellt dar, dass eine Schwarzspähre, die den Blick von der geistigen Welt trennt, "durch den letzten Hammer an der Zentralfigur des Christus" zerrissen worden wäre. Diese Schwarzspähre ist nach ihr diejenige, die das Gewahrwerden des Christus im Ätherischen unmittelbar verhindert.

Wer diese Stelle liest, kann die Empfindung haben: "Die allgemeine Trennwand zwischen dem Christus im Ätherischen und uns ist nicht beseitigt worden, weil das erste Goetheanum seine eigentliche Mission nicht erfüllt hatte. Die Trennwand zwischen dem ätherischen Christus und uns ist so geblieben." Die obige Darstellung von Frau von Halle kann den Leser in eine Stimmnug führen, in der er eine Resignation spürt und denkt: "Das erste Goetheanum wurde uns genommen. Das Böse hat uns es genommen. Wir sind deshalb Opfer und haben die Einweihungsmöglichkeit verloren, unmittelbar den Geist des ätherischen Christus in der Einrichtung des Goetheanums zu erfahren. Die Trennwand besteht zwischen ihm und uns, weil die komplette Fertigstellung des ersten Goetheanums nicht möglich wurde. Es ist tragisch und resignierend."


Es muss aber gesagt werden, dass das Hereinbrechen des neuen Zeitalters der Wiederkunft Christi, in welchem der Christus sich in der Ätherwelt uns offenbart, tatsächlich so wie Steiner voraussagte, in der Mitte des letzten Jahrhunderts eingetreten ist. Man kann diese Voraussage in der geistigen Schau bestätigen.

Das Eintreten der Wiederkunft Christi selber ist ein Ereignis, auf das kein anderes Wesen einen Einfluss hat. Das tritt völlig unabhängig von dem auf, ob das erste Goetheanum steht oder nicht. So wie niemand das Mysterium von Golgatha verhindern konnte, vollbrachte der Christus wieder sein neues Mysterium. Es ist eine höhere Notwendigkeit, die durch die Tat des Christus und die geistige Führung eingetreten ist,. Darauf hat kein Mensch, kein Wesen einen Einfluss.

Noch während des zweiten Weltkrieges geschah etwas Bedeutsames in der übersinnlichen Welt. Das Menschheits-Bewusstsein war so stark verfinstert auf der Erde. Die Seele der Menschheit erlebte eine beinahe völlige Verfinsterung und stand in einer noch nie erlebten Ohnmacht. An diesem geistig-seelischen Nullpunkt völliger Verzweiflung des Ich der Menschheit, welcher durch die gegenseitige endlose Tötung in der ganzen Welt durch das Einsetzen neuster intelligentester Technik verursacht wurde. Der Zusammenhalt der Menschheit im Menschheits-Ich wurde auf intensivste Weise angegriffen, weil die Menschen durch fanatische und einseitige Ideologien die wahre Dimension einer Menschheit völlig vergassen.

In dieser völligen Verdunkelung ist ein Ereignis eingetreten: Der Weltenvorhang, der die Menschheit von dem Christus noch im allgemeinen Sinne trennte, wurde mittendurch zerrissen. Das geschah, als das Herz der Menschheit in jenem grausam wüteten Krieg stark verdunkelt wurde. Es war ein Schrei des Menschheitsbewusstseins zu hören, der übersinnlich das kosmische Menscheitsbewusstsein in einer gewaltsamen Art durchhallte. Ein Schrei, der durch eine unbeschreiblich schmerzhafte geistige Geburt verursacht wurde, welche der Christus von innen her voll miterlebte. Und hinter diesem zerrissenen Vorhang offenbarte sich der Christus in seiner Äthergestalt, der die unendliche Liebe ausströmte, noch während jenes schrecklichen Weltkrieges. Aus einer völligen geistigen Ohnmacht erwachte das Menschheits-Ich zu einem neuen Zeitalter im Beisein des Christus.

Diese Tatsache - die Wiederkunft Christi im Ätherischen - ist deshalb ein menschheitliches Ereignis. Seitdem kann man ihn ohne eine Einweihung auch spontan im unmittelbaren Umkreis erleben - z.B. wenn man einen inneren Tod intensiv erlebt. In einem solchen Schicksalsmoment kann der Christus sich einem Menschen in seinem Ätherleib offenbaren, um ihn zu einer neuen Entwicklungsphase hinüberzuleiten. Er kann heute erlebt werden inmitten eines schweren Schicksalsschlages oder einer existenziellen Krise. Er wird völlig unabhängig von einem bestimmten physischen Ort erfahren werden und ist nie an einen konkreten Ort gebunden, auch selbstverständlich nicht an das erste Goetheanum.


Frau von Halle schreibt:
"So wäre reale Repräsentanz des ätherischen Christus in den künstlerisch bearbeiteten Stoff eingezogen, weil die Formen so aus dem Geiste heraus gestaltet gewesen wären, dass das geistige Wesen Christi das Werk vollständig hätte durchdringen können. Wie ein «ewiges Licht» wäre nun der Christus - in seiner ätherischen Offenbarung - in dem Bau selber anwesend gewesen; denn bewusst schauende und bewusst handelnde Menschen hätten Ihm dafür die Bedingungen geschaffen. Dies sollte das Geschenk der geistigen Welt sein - das freilich ausschlisslich unter den Händen einer Reihe von bewusst schauenden und bewusst handelnden Menschen hätte erschaffen werden können -, welches der Erdenmenschheit zu ihrem Heil hätte übergeben werden sollen.

Erst ab diesem Moment hätte der Besucher des Goetheanums den vollen praktischen Einweihungsweg durchmachen können..."

"Man muss sich einmal in innerer Ruhe vergegenwärtigen, was ein solches Erscheinen, eine solche Repräsentanz des ätherischen Christus an einem irdischen Ort bedeutet hätte!"


Die Autorin misst eine erhebliche Bedeutung dem verloren gegangenen ersten Goetheanum im Zusammenhang mit dem ätherischen Christus bei. Eine irdische "Einweihungsstätte" aber, die mit einem physischen Bau und einer äusseren Einrichtung an einen ganz bestimmten Ort gebunden ist, kann zwar ein Schulungsort sein, darf aber keinesfalls spezifisch als die konkrete irdische Begegnungsstätte des ätherischen Christus aufgefasst werden, denn das widerspricht dem Wesen des Christus im Ätherischen.

Frau von Halle schreibt: "was ein solches Erscheinen, eine solche Repräsentanz des ätherischen Christus an einem irdischen Ort bedeutet hätte!" Dazu muss gesagt werden: Der ätherische Christus offenbart sich an allen Orten der Erde. Er ist nirgendwo irdisch gebunden. Der Gedanke, dass die Begegnung in einem bestimmten irdischen Ort durch eine äussre Einrichtung erfahrbar sein soll, kann heute ein schweres Missverständnis innerhalb und ausserhalb des anthroposophischen Zusammenhängen verursachen. Man würde z.B. denken: Die Anthroposophen beanspruchen gegenüber der Welt eine auserwählte irdische Stätte der konkreten Begegnung mit dem Christus für sich selber.

In der Tat tritt der Christus plötzlich auf und verschwindet wieder. Denn er braucht durch seine ätherische Leiblichkeit, die aus der verwandelten Auferstehungskraft besteht, keine bestimmte irdische Hülle mehr. Er erscheint in seinem übersinnlichen Kleid, und deshalb ist er an keinen irdischen Ort gebunden. Auch in unterschiedlicher Gestalt erscheint er dem Menschen. Gerade deshalb kann sein gegenwärtiges Wirken immer universeller entfaltet werden. Seine Präsenz wird so immer mehr von Menschen in allen Gegenden der Erde erfahren. Dadurch kann die ätherisch-astralische Sphäre der gesamten Erde - neben dem Teil der wachsenden Verfinsterung - immer kräftiger durchlichtet und durchwärmt werden.




Junko Althaus



























Thema: Das gegenwärtige Wirken des Buddha und die gegenseitige Befruchtung des Westens mit dem Osten


























"Dreieinigkeit" des Asura-Wesens in der japanischen Kunst
















Sonntag, 12. Februar 2012

Die Gefahren in einer Gruppen-Meditation Teil 2




Wenn man sich immer wieder durch die Führung einer Autoritätsperson einer spirituellen Meditation hingibt, kann eine Abhängigkeit im Menschen entstehen. Man wird durch eine fremde Stimme von Aussen zu den inneren Handlungen und zu den übersinnlichen Bildern geführt. Und das bedeutet die Ersetzung der Stimme seines Ich. Wie stark diese Art der Führung auf das Unterbewusstsein eine abhängig-machende Auswirkung hat, kann nicht immer leicht bewusst gemacht werden. So wie im Teil 1 beschrieben ist, ist eine Meditation besonders mit den Gefahren verbunden, in der dem Meditierenden auf eine imaginativ-visionäre Art die übersinnlichen Vorstellungen vermittelt werden. Es gibt die Arten der Mediationen, die z.B. durch eine Visualisierung die Entspannungen erzeugen, die auch wirklich gute Ergebnisse zeigen. Es ist allerdings schwer zu beurteilen, wann so eine Mediation gefährlich werden kann, weil dabei eben die moralisch-spirituelle Reife des Meditationsleiters eine grosse Bedeutung hat. Und es kommt auch darauf an, wie stark die Neigung zu einer seelisch-geistigen Abhängigkeit im meditierenden Menschen vorhanden ist.

Man kann in einer stark visionär-imaginativen Meditation zu einem Erlebnis auf übersinnliche Art kommen. Und das löst oft eine Faszination beim Menschen aus. Ohne dass man sich auf dem Schulungsweg angestrengt hat, kommt man zum Schauen eines imaginativen Bildes. Nur weiss man nicht, wie man damit umgehen soll, und was das wirklich bedeutet. Man kommt auf diese Weise relativ leicht zur Imaginationsstufe. Allerdings bleibt man in dieser Stufe, solange man das blosse Hinnehmen einer unmittelbaren Fremdführung nicht ablegt. Durch die unmittelbare Führung von Aussen kommt man bis zum gewissen Grad zur Imaginationsstufe, aber man bleibt auch dort. Wer sich zur Inspirationsstufe erheben will, muss aber die innere Eigenständigkeit bekräftigen und befestigen, so dass ganz unabhängig von der fremden Führung das völlig eigenständige erkennende Fühlen aktiviert wird.

Bis zum gewissen Grad können viele bildhafte und imaginative Wahrnehmungen ohne das Einbeziehen des Herzorgans erreicht werden. (Die einseitige Aktivierung des Herzorgans, welche die Lockerung des individuellen Ich-Bewussteins und die Vernachlässigung des eigenständigen Denkens kann die Menschen auch zu einer geistigen Wahrnehmung führen. Aber das ist es nicht, was hier gemeint ist.) Dabei kommen hautsächlich die Organe in Frage, die in der Kopforganisation konzentriert sind. Das aber ändert sich, sobald man sich zur Inspiration erhebt. Das übersinnliche Herzorgan, das mit dem individuellen Ich des Menschen innig verbunden ist und die Erinnerung an die Zeit zwischen dem Tod und der neuen Geburt lebendig bewahrt, muss in der Inspiration in gesunder Weise aktiv werden.

Das "Fühlen" ist viel inniger und unmittelbarer mit dem Individuum selber verbunden als das "Sehen". Das kann jeder aus dem Alltagserlebnis verstehen, auch wenn man nichts Übersinnliches wahrnimmt. Das gilt aber auch in der übersinnlichen Ebene. Wer zur Inspirationsebene kommen will, muss sich viel stärker und intensiver als ein Individuum mit dem, was er wahrnimmt, verbinden. Es reicht nicht mehr aus, so wie in der Imagination eine von aussen schauende Haltung zu haben. Die Anleitung der Autoritätsperson verliert die eigentliche Bedeutung, wenn diese individuelle und persönliche Verbindung mit dem Wahrnehmungsinhalt wirklich erreicht werden soll. Das kann nur der Betreffende selber tun. Das individuelle Fühlen muss so intensiv eingesetzt werden, dass es zu einem übersinnlichen Wahrnehmungsorgan wird. Diese Situation der Eigenständigkeit steigert sich noch intensiver, wenn man ins Gebiet der Intuition hineinkommt.

In den vielen Esoterik-Richtungen wird heute die seelisch-geistige Eigenständigkeit wenig gepflegt. In vielen Fällen geht es hauptsächlich darum, dass etwas übersinnlich wahrgenommen wird. Das fördert eine Öffnung gegenüber den spirituellen Tatsachen, die heute wichtig und notwendig sind. Dadurch kommt man aber zu irgendeiner imaginativen Vorstellung, aber man kann sie oft nicht deuten, weil man nicht zur Inspiration kommt, in der erst die Imaginationen in ihren Zusammenhängen erkannt werden können.

Die Eigenschaften, die Sinnzusammenhänge und die Verhältnisse einzelner Dinge, die man wahrgenommen hat, können erst in der Inspirationsstufe erkannt werden. Rudolf Steiner war ein Genie der Inspiration. Und die Anthroposophie unterscheidet sich von den anderen spirituellen Richtungen vor allem durch die klare Anleitung zur Inspiration und zur Intuition. Für die Erhebung der Inspiration und der Intuition braucht der Mensch eine eigenständige innere forschende Haltung. Der Autoritätsglaube verhindert nicht unbedingt die Imagination, sondern kann sie sogar einseitig fördern. Aber die Menschen, die noch den Hang zum starken Autoritätsglauben haben, kommen nicht zur Inspirationsstufe, denn sie sind daran gewöhnt, anstatt dass sie die übersinnlichen Dingen eigenständig forschend durchdringen, die Urteile und Handlungen der Autorität hinzunehmen. Bis zur Imaginationsstufe muss man nicht unbedingt im geistigen Sinne forschen, man kann darüber fasziniert sein, dass man etwas Übersinnliches wahrnehmen kann. Beim Wechsel von der imaginativen zur inspirativen Erkenntnisfähigkeit muss der Mensch spätestens zu einem eigenständigen Forscher werden.





Die Imagination beginnt zuerst mit einer Wahrnehmung. Und sie ist noch keine Erkenntnis, denn man hat keine eigene sinngemässe Orientierung. Die Imaginationen stehen nebeneinander da, ohne dass man dabei ihre eigentliche Aussagen durchblicken kann. Steiner nennt die imaginative Welt unruhig. Sie ist fortwährend in einer Verwandlung. Man kann in der Imagination etwas wahrnehmen, kann aber in ihrer Stufe noch nicht im eigentlichen Sinne erkennen, weil der innere Ruhepunkt noch nicht hergestellt wurde. Ohne einen solchen inneren Ruhepunkt kann eine Interpretation, aber keine Erkenntnis gewonnen werden. Von einer eigentlichen Erkenntnis kann man ab die Stufe der Inspiration sprechen, weil erst dort die eigenständige Orientierung entsteht.



"Die Entwickelung bleibt nun aber innerhalb der imaginativen Welt nicht stehen. Der Mensch, der in ihr stehenbleiben wollte, würde zwar die in Verwandlung begriffenen Wesenheiten wahrnehmen; aber er würde die Verwandlungsvorgänge nicht deuten können, er würde sich nicht orientieren können in der neugewonnenen Welt. Die imaginative Welt ist ein unruhiges Gebiet. Es ist überall nur Beweglichkeit, Verwandlung in ihr; nirgends sind Ruhepunkte. — Zu solchen Ruhepunkten gelangt der Mensch erst, wenn er sich über die imaginative Erkenntnisstufe hinaus zu dem entwickelt, was die «Erkenntnis durch Inspiration» genannt werden kann. — Es ist nicht notwendig, daß derjenige, welcher die Erkenntnis der übersinnlichen Welt sucht, sich etwa so entwickele, daß er zuerst in vollem Maße das imaginative Erkennen sich aneigne und dann erst zur «Inspiration» vorschreite. Seine Übungen können so eingerichtet werden, daß nebeneinander das geht, was zur Imagination, und das, was zur Inspiration führt. Er wird dann, nach entsprechender Zeit, in eine höhere Welt eintreten, in welcher er nicht bloß wahrnimmt, sondern in der er sich auch orientieren kann, die er zu deuten versteht. Der Fortschritt wird in der Regel allerdings so gemacht werden, daß sich zuerst dem Geistesschüler einige Erscheinungen der imaginativen Welt darbieten und nach einiger Zeit er in sich die Empfindung erhält: Jetzt fange ich auch an, mich zu orientieren. — Dennoch ist die Welt der Inspiration etwas ganz Neues gegenüber derjenigen der bloßen Imagination. Durch diese nimmt man die Verwandlung eines Vorganges in den andern wahr, durch jene lernt man innere Eigenschaften von Wesen kennen, welche sich verwandeln. Durch Imagination erkennt man die seelische Äußerung der Wesen; durch Inspiration dringt man in deren geistiges Innere. Man erkennt vor allem eine Vielheit von geistigen Wesenheiten und von Beziehungen des einen auf das andere. Mit einer Vielheit verschiedener Wesen hat man es ja auch in der physisch-sinnlichen Welt zu tun; in der Welt der Inspiration ist diese Vielheit doch von einem anderen Charakter. Es ist da ein jedes Wesen in ganz bestimmten Beziehungen zu andern, nicht wie in der physischen durch äußere Einwirkung auf dasselbe, sondern durch seine innere Beschaffenheit. Wenn man ein Wesen in der inspirierten Welt wahrnimmt, so zeigt sich nicht eine äußere Einwirkung auf ein anderes, die sich mit der Wirkung eines physischen Wesens auf ein anderes vergleichen ließe, sondern es besteht ein Verhältnis des einen zum andern durch die innere Beschaffenheit der beiden Wesen. Vergleichen läßt sich dieses Verhältnis mit einem solchen in der physischen Welt, wenn man dazu das Verhältnis der einzelnen Laute oder Buchstaben eines Wortes zueinander wählt. Wenn man das Wort «Mensch» vor sich hat, so wird es bewirkt durch den Zusammenklang der Laute: Mensch. Es geht nicht ein Anstoß oder sonst eine äußere Einwirkung zum Beispiel von dem M zu dem E hinüber, sondern beide Laute wirken zusammen, und zwar innerhalb eines Ganzen durch ihre innere Beschaffenheit. Deshalb läßt sich das Beobachten in der Welt der Inspiration nur vergleichen mit einem Lesen; und die Wesen in dieser Welt wirken auf den Betrachter wie Schriftzeichen, die er kennenlernen muß und deren Verhältnisse sich für ihn enthüllen müssen wie eine übersinnliche Schrift. Die Geisteswissenschaft kann daher die Erkenntnis durch Inspiration vergleichsweise auch das «Lesen der verborgenen Schrift» nennen."
GA 13, Aus dem Kapitel "Die Erkenntnis der höheren Welten ( Von der Einweihung oder Initiation )"




Junko Althaus