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Montag, 28. November 2011

Das Herz bedeutet nicht zugleich die Sympathie - Die Erkenntnispraxis R. Steiners




Osker Schmiedel berichtet in einer Aufzeichnung, dass er 1923 kurz vor der Weihnachtstagung emotionalisiert zu Steiner ging, weil er mit Wegman wegen einer Sache der Arbeit nicht zurecht kam. Dabei schildert er, wie geduldig Steiner ihm zuhörte und nichts verneinte, was er gegen Wegman vorbrachte. Steiner sprach nach einem reichlichen Zuhören von den positiven Eigenschaften Wegmans, ohne die vorgebrachten Kritiken zu korrigieren. Schmiedel schreibt, wie gütig, geduldig Steiner dabei auf ihn wirkte. Er war sehr beeindruckt von der Art, in der Steiner tief das Wesentliche eines Menschen beleuchtet konnte.

Schmiedel erlebt dabei gerade das Gegenteil von dem, was Marie Steiner im Nachrichtenblatt im Aufsatz "Aktuelles" als den unvermeidbaren Grund für den Zwangausschluss der Mitglieder 1935 ausführte. Marie Steiner beurteilte sinngemäss die Zusammensetzung der Mitarbeiter in ihrem wichtigen Posten seit der Weihnachtstagung als ein unvollkommenes Ergebnis. Es heisst sinngemäss in dem Aufsatz Marie Steiners, dass R. Steiner sich betrügen liess, weil er sich als Okkultist verbieten musste, das Ungute im Menschen überhaupt zu sehen. Und dieser unvermeidbare Mangel des Okkultisten muss jetzt wieder gut gemacht werden dadurch, dass diese Menschen, welche den Schwachpunkt Steiners missbraucht und ihn betrogen haben sollen, ausgeschlossen werden, damit die Gesellschaft gereinigt wird, so wie sie schrieb ( bereits im letzten Artikel zitierte Stelle) :
"Der Lehrer (Steiner) aber, an den man sich klammert, der das Drängen und Streben um sich sieht und die Begabungen an ihrem Platz stellen mag, sagt, wenn er ein rechter Geistesforscher ist: Ebensowenig wie ich die geschlossene Kommode eines anderen öffne, um nachzusehen, was in ihr liegt, ebensowenig darf ich als Geistesforscher die geheimen Fächer der Seele durchsuchen, um nachzuforschen in dem, was da verborgen ruhen mag. Schon der Gedanke, dass sich hinter den vorgebrachten guten Absichten anderes verbirgt, stärkt das noch im Unterbewusstsein schlummernde Ungute. Und der Gedanke des Okkultisten ist eine stärkere Kraft als der gewöhnliche Gedanke. Er untersagt sich deshalb diesen Gedanken, auch wenn er Grund hat, ihn zu ahnen, auch wenn er Grund hat, auch wenn er deshalb zunächst die nähere Verbindung mit solchem Schüler abgelehnt hat. «Der Okkultist (Steiner) muss sich betrügen lassen»."


Schmiedel schildert aber in der Aufzeichnung ein genau entgegengesetztes Erlebnis mit Rudolf Steiner. Weil die Behauptung Marie Steiners von der ungenügenden Urteilsgrundlage R. Steiners gegenüber den Mitarbeitern wegen des Ausschlusses eine äusserst folgenschwere Bedeutung besass, gewinnt die folgende Schilderung von Schmiedel, die er selber mit R. Steiner erfuhr, eine entscheidende Bedeutung, um die Tatsache zu erkennen, wie es mit der wahren Erkenntnispraxis R. Steiners in Bezug auf die Menschen gewesen sein muss.

Zitat Beginn
"Für diese unendliche Geduld und Güte, mit denen Dr. Steiner mich angehört, mit denen er seine eigenen Ausführungen vorgebracht hatte, war ich ihm unendlich dankbar und dies besonders, als mir allmählich immer mehr die Bedeutung und Tragweite der Unterredung klar wurde. Ich lernte da vor allem die Art und Weise kennen, wie man eine Persönlichkeit beurteilen muss, wie man lernen muss, durch Negatives hindurch zu sehen auf das Positive der Persönlichkeit, ohne dabei das eventuelle Vorhandensein von Negativen wegzuleugnen und auch demgegenüber nicht blind zu sein.
.... Dr. Steiner war ich so sehr dankbar, dass er mir gewissermassen die Technik einer solchen Übung vordemonstriert hat.
...Als ich am nächsten Morgen zur Weihnachtstagung hinaufging (24. Dezember) begegnete ich unterwegs Dr. Wegman. Ich sprach sie an und wir unterhielten uns in der herzlichsten Weise.... Ich rechne es Frau Dr. Wegman hoch an, dass sie, obwohl ich überzeugt bin, dass ihr Rudolf Steiner alles von mir Gesagte wieder erzählt hatte, es mich nie merken liess und dass sie im Gegenteil bei dieser ersten Wiederbegegnung, aber auch später mir mit einer Herzlichkeit begegnete, als ob nichts vorgefallen wäre....Und noch dankbarer war ich, als ich sofort im Eintritt in den Vorraum der Schreinerei Dr. Steiner traf und ihm freudig sagen konnte: "Herr Dokter, die Angelegenheit ist nun erledigt, ich habe gerade Frau Dr. Wegman getroffen." Ich hätte nie gedacht, dass Dr. Steiner sich in diesem Masse darüber freuen würde, wie er es getan hat. Mit einer grossen Herzlichkeit nahem er meine Hand, klopfte mir auf die Schultern und sprach ein paar liebe Worte. Es war mir, als ob ein warmer Strom der Liebe und Freude von ihm zu mir gehen würde. Es war mir, als ob ich ihm das Versprechen ablegen sollte, in Zukunft an der Seite Dr. Wegman in Treue zu stehen. Im Geiste gab ich ihm damals auch dieses Versprechen."
Zitat Ende


Die Tatsache, dass die Behauptung Marie Steiners nicht der Wahrheit entspricht, geht aus der Schilderung Schmiedels hervor. Schmiedel war sehr beeindruckt vom praktischen Vorgehen Steiners, dass er das eventuelle Auftreten der unvollkommenen Seite des Menschen nicht verneinte, sondern ganz im Gegenteil es als etwas, was wirklich zu diesem Menschen Gehöriges annahm. Nicht so wie Marie Steiner in ihrem Aufsatz behauptet, verbot er sich, eine schwierige Seite des Menschen wahrhaftig zu erkennen. Er schaute aber gerade durch das hindurch und erkannte die wahre Qualität dieses Menschen, so dass das eigentliche Urbild dieses Menschen sichtbar wurde. Und Steiner wusste deshalb die zum Teil sichtbar werdende schwierige Seite und die dahinter steckende wahre Qualität im Menschen.

Genau dies, die Schwierigkeiten, die auftreten, nicht zu verleugnen oder wegzuschauen gehört zu einem wahren Herz-Denken durch die Anwendung der neuen Herz-Logik. Durch die Sympathie oder Verehrung zu jemanden nur die gute und lichte Seite sehen zu wollen und immer alles aus einer Sympathie heraus zu beurteilen, hat nichts mit der wahren spirituellen Tätigkeit des Herzens zu tun. Die Vorstellung, die in der heutigen New Age Richtung verbreitet ist, dass das Herz zugleich das Sinnbild der Liebe bedeute (dabei ist es mit der Liebe aber Sympathie gemeint ), entspricht dem anthroposophischen Verständnis Steiners von dem geistig-seelischen Sinnesorgan des Herzens nicht.

Die Sympathie oder die Zuneigung sind die Gefühle, die mit dem Herz verbunden sind. Das Herz aber, das als ein geistig-seelisches Organ für das Herzdenken im Sinne R. Steiners angewendet wird, und auch von mir immer in den Artikeln gemeint ist, hat einen erweiterten Wahrnehmungs- und Erkenntnis-Charakter und kann nicht von einer bestimmten Gefühlsrichtung wie persönliche Sympathie beherrscht sein. Wenn es so wäre, könnte es nicht als ein Wahrnehmungsorgan verwendet werden (In den letzten drei Vorträgen des Zyklus "Makrokosmos und Mikrokosmos" spricht Steiner davon. Dort wird es klar, dass die Wirkung des Herzens überhaupt nicht mit der Sympathie gleichzusetzen ist. ). Und genau durch diese meisterhafte Anwendung des Herzorgans konnte R. Steiner seine Art des Menschenverständnisses gewinnen. Es wurde aber damals von vielen Menschen - auch von Marie Steiner von Sivers - nicht verstanden.


Es ist wichtig, dass die Nachwelt davon erfährt, dass die Hetze gegen Wegman und viele andere Mitglieder 1935 nicht nur wegen dieser Menschen, die ausgeschlossen worden sind, Schwerwiegendes bedeutet. Das eigentliche Problem liegt darin, dass Steiners Menschenerkenntnisse und Urteilsfähigkeiten dadurch in Frage gestellt und verneint worden sind. Aus diesem Grund ist es karmisch sehr bedeutsam, sich mit dem Ausschluss zu beschäftigen, denn seither ist eine Gesellschaft entstanden, die einerseits das Werk Steiners inklusiv der Weihnachtstagung zu schätzten behauptet und andererseits die Entscheidung der Weihnachtstagung, die Steiner traf und von der geistigen Führung wohlwollend betrachtet wurde, derartig korrigieren hat, weil sie angenommen hat, dass Steiner im Grunde genommen von den bestimmten Mitgliedern betrügen liess, weil er als Okkultist ihre Schwächen nicht klar erkennen durfte. Das ist nichts anderes als ein Angriff auf R. Steiner und sein Werk. Diese zwei Seiten, die durch den Ausschluss an der Gesellschaft entstanden sind, widersprechen sich stark. Daran ist eine Verlogenheit entstanden, die nicht klar durchschaut werden konnte. Es ist höchste Zeit, dass dieser folgenschwere Widerspruch, der unbemerkt den Geist der Unwahrhaftigkeit erzeugt, erkannt und ernst genommen wird.

Die Folgen davon kann man natürlich nicht auslöschen dadurch, dass man nach dem Tod Wegmans den Ausschluss formell wieder rückgängig gemacht hat. Man muss sich vorstellen, wie die Individualität Steiners diesen Vorgang damals in der geistigen Welt mitverfolgt hat und wie sie es empfunden haben musste. Wie musste es ihm dabei gehen? Wie stark musste er weiter leiden? Oder sagt man dass er freudig den Ausschluss und den Aufsatz Marie Steiners betrachtet hat?

Wie ist seitdem die Beziehung seiner Individualität zu der Individualität Marie Steiners geworden? Was waltet seither zwischen der Individualität Steiner und der von Marie Steiner? Es kann nicht sein, dass seine Individualität nach dem Ausschluss zu der Individualität Marie Steiners genauso stehen kann, wie R. Steiner vor seinem Tod zu Marie Steiner stand. Diese karmische Verbindung, die für die Entwicklung der gesamten Entwicklung äusserst wichtig ist, ist seit dem Ausschulss völlig gestört. Das ist keine normale Wirkung des Karma zwischen Steiner und Marie Steiner, sondern das ist die Wirkung der ahrimanischen Geister, welche die Anthroposophie bis heute heftig attackieren. Diese Geister haben den karmischen Schwachpunkt Marie Steiners stark missbraucht.

Wie muss die Individualität Steiners gegenwärtig seelisch und geistig zu dieser Gesellschaft stehen, welche eine klärende Aufarbeitung für seine Individualität und den Willen bis heute nicht gemacht hat? Ist es eine treue Haltung der Gesellschaft zur Individualität R. Steiners? Das sind die Fragen, die heute dringend behandelt werden müssen.


Junko Althaus




















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