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Freitag, 9. September 2011

Der "Stein der Unsterblichkeit" im Herz - Teil 1






Als ich zwischen 21 und 22 Jahre alt war, erlebte ich eine tiefe existenzielle Krise, die mich zu einem fast gänzlichen Verlust des Lebenswillens führte. Es war etwa zwei Jahre bevor ich die Anthroposophie kennen lernte. Ich suchte damals ganz vergebens eine Ewigkeit in der Welt, in der ich mich seit meiner Geburt befand. Ich fand aber nichts, was mir die Existenz der wahren Ewigkeit versichern konnte. Mir schien es völlig sinnlos, dass ich in einer Welt der Sinne und der Materie, auch der Seelen lebe, die aber keine wahre Ewigkeit in sich enthalten sollte. Ich konnte damals noch nicht begreifen, wieso die Ewigkeit mir so existenziell wichtig war, aber sie schien mir und dem Menschsein einzig einen Sinn zu geben.


Ich war wie getrieben von der Suche nach einer Ewigkeit, fand aber nichts, was ewig sein konnte. "Alles ist im Wandel, alles ist vergänglich" , der Satz des Gautama Buddha klang in meinem Bewusstsein immer wieder nach und schmerzte meine Seele jedesmal in einer immer unerträglicheren Weise. Ich war innerlich tief verwundet. Eines Tages dachte ich mir: "Ich kann nicht mehr ertragen, dass ich weiter leben muss, bis ich eines Tages alt werde und sterben darf in dieser Welt, in der alles vergänglich ist. "

Es war überhaupt nicht möglich, mich umzubringen. Aber ich fand meine Lage ungemein schwierig, weil ich weiter leben musste. Ich rief Gott im verzweifelten und jammerden Ton zu, genauso wie "der ewig verwundete Anfortas in der Gralslegende", der nicht sterben durfte, weil er den Gral immer wieder erblickte und ihn hüten musste, bis er durch Parzival von den unerträglichen Schmerzen definitiv befreit wurde.

Ich klagte Gott an, weil ich so in einer Welt leben musste, in der kein Tropfen einer Ewigkeit zu finden war. Ich bat ihn darum, dass ich bitte entweder sterben kann oder mindestens mein Bewusstsein betrübt werde, so dass ich nicht bewusst diese andauernde Vergänglichkeit der Welt mehr ertragen muss. Mir half nichts, was aus der Welt kam, so wie "die nie schliessenden Wunden von Anfortas" - wie die ewige Kreuzigung ohne Auferstehung - zuletzt kein Heilmittel heilen konnte, das aus der vergänglichen Natur entnommen wurde.



Dann kam mir plötzlich ganz unerwartet eine Intuition von oben, die mich wie ein Blitz durchlief. Sie wies mich darauf hin, dass die aktive Liebe, die in mir entsteht, nichts anderes als die wahre Ewigkeit bedeutet.

Die Ewigkeit ist nicht draussen in der Welt zu suchen, sondern im Menschen, im Wesen des menschlichen Liebens.

Als ich dies begriff, habe ich bemerkt, dass in meinem Körper, in der Herzgegend etwas vorhanden ist. Dieses Etwas fühlte sich wie ein "Stein" an, der durchsichtig und ungeheuer hart ist. Es fühlte sich innerlich wie ein Diamant oder ein strahlender Kristall an. Es strahlte von Innen her eine Macht aus, von der ich bis dahin nie träumen konnte.

Es war ein Stein und zugleich der Kern meines eigentlichen Wesens. Ich wusste: "Dieser Kern, der durchleuchtet, kann nie krank werden und nie sterben. Er ist unzerstörbar ." Und ich begriff, dass dieser unsterbliche Kern unmittelbar mit der Fähigkeit des Liebens zusammenhängt.

Heute weiss ich, dass dieser Kern etwas ist, was dem Menschen die Möglichkeiten verleiht, in jeder Situation von sich aus in der Freiheit eine aktive Liebe zu erzeugen. Diese Liebe kann völlig frei von dem sein, was dem Menschen äusserlich entgegen kommt. Der Kern kann den Menschen - nicht auf einmal - nach und nach dazu lehren, ganz unabhängig von der äusseren Situation, aber nicht im sentimentalen Sinne, sondern im wahren Sinne zu lieben. Und das bedeutet eine echte Freiheit und Unabhängigkeit des Menschen.

Das Finden des Steins - das war der Moment, wo ich das Geheimnis des menschlichen Herzens zum ersten Mal am eigenen Leib intuitiv erkannte. Diese Erkenntnis bildet die Urgrundlage meiner Arbeit, welche die Herz orientierte Arbeit an der Biographie, die "Herz orientierte Biographiearbeit" ist. Ich erfuhr viel später davon, dass dieser "Stein der Unsterblichkeit", den ich in mir erkannte, als "Atman" in der indischen Philosophie der östlichen Menschheit wohl bekannt war.

Der Teil 2 folgt




Junko Althaus















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Junko Althaus

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