▾

Sonntag, 12. Februar 2012

Die Gefahren in einer Gruppen-Meditation Teil 2




Wenn man sich immer wieder durch die Führung einer Autoritätsperson einer spirituellen Meditation hingibt, kann eine Abhängigkeit im Menschen entstehen. Man wird durch eine fremde Stimme von Aussen zu den inneren Handlungen und zu den übersinnlichen Bildern geführt. Und das bedeutet die Ersetzung der Stimme seines Ich. Wie stark diese Art der Führung auf das Unterbewusstsein eine abhängig-machende Auswirkung hat, kann nicht immer leicht bewusst gemacht werden. So wie im Teil 1 beschrieben ist, ist eine Meditation besonders mit den Gefahren verbunden, in der dem Meditierenden auf eine imaginativ-visionäre Art die übersinnlichen Vorstellungen vermittelt werden. Es gibt die Arten der Mediationen, die z.B. durch eine Visualisierung die Entspannungen erzeugen, die auch wirklich gute Ergebnisse zeigen. Es ist allerdings schwer zu beurteilen, wann so eine Mediation gefährlich werden kann, weil dabei eben die moralisch-spirituelle Reife des Meditationsleiters eine grosse Bedeutung hat. Und es kommt auch darauf an, wie stark die Neigung zu einer seelisch-geistigen Abhängigkeit im meditierenden Menschen vorhanden ist.

Man kann in einer stark visionär-imaginativen Meditation zu einem Erlebnis auf übersinnliche Art kommen. Und das löst oft eine Faszination beim Menschen aus. Ohne dass man sich auf dem Schulungsweg angestrengt hat, kommt man zum Schauen eines imaginativen Bildes. Nur weiss man nicht, wie man damit umgehen soll, und was das wirklich bedeutet. Man kommt auf diese Weise relativ leicht zur Imaginationsstufe. Allerdings bleibt man in dieser Stufe, solange man das blosse Hinnehmen einer unmittelbaren Fremdführung nicht ablegt. Durch die unmittelbare Führung von Aussen kommt man bis zum gewissen Grad zur Imaginationsstufe, aber man bleibt auch dort. Wer sich zur Inspirationsstufe erheben will, muss aber die innere Eigenständigkeit bekräftigen und befestigen, so dass ganz unabhängig von der fremden Führung das völlig eigenständige erkennende Fühlen aktiviert wird.

Bis zum gewissen Grad können viele bildhafte und imaginative Wahrnehmungen ohne das Einbeziehen des Herzorgans erreicht werden. (Die einseitige Aktivierung des Herzorgans, welche die Lockerung des individuellen Ich-Bewussteins und die Vernachlässigung des eigenständigen Denkens kann die Menschen auch zu einer geistigen Wahrnehmung führen. Aber das ist es nicht, was hier gemeint ist.) Dabei kommen hautsächlich die Organe in Frage, die in der Kopforganisation konzentriert sind. Das aber ändert sich, sobald man sich zur Inspiration erhebt. Das übersinnliche Herzorgan, das mit dem individuellen Ich des Menschen innig verbunden ist und die Erinnerung an die Zeit zwischen dem Tod und der neuen Geburt lebendig bewahrt, muss in der Inspiration in gesunder Weise aktiv werden.

Das "Fühlen" ist viel inniger und unmittelbarer mit dem Individuum selber verbunden als das "Sehen". Das kann jeder aus dem Alltagserlebnis verstehen, auch wenn man nichts Übersinnliches wahrnimmt. Das gilt aber auch in der übersinnlichen Ebene. Wer zur Inspirationsebene kommen will, muss sich viel stärker und intensiver als ein Individuum mit dem, was er wahrnimmt, verbinden. Es reicht nicht mehr aus, so wie in der Imagination eine von aussen schauende Haltung zu haben. Die Anleitung der Autoritätsperson verliert die eigentliche Bedeutung, wenn diese individuelle und persönliche Verbindung mit dem Wahrnehmungsinhalt wirklich erreicht werden soll. Das kann nur der Betreffende selber tun. Das individuelle Fühlen muss so intensiv eingesetzt werden, dass es zu einem übersinnlichen Wahrnehmungsorgan wird. Diese Situation der Eigenständigkeit steigert sich noch intensiver, wenn man ins Gebiet der Intuition hineinkommt.

In den vielen Esoterik-Richtungen wird heute die seelisch-geistige Eigenständigkeit wenig gepflegt. In vielen Fällen geht es hauptsächlich darum, dass etwas übersinnlich wahrgenommen wird. Das fördert eine Öffnung gegenüber den spirituellen Tatsachen, die heute wichtig und notwendig sind. Dadurch kommt man aber zu irgendeiner imaginativen Vorstellung, aber man kann sie oft nicht deuten, weil man nicht zur Inspiration kommt, in der erst die Imaginationen in ihren Zusammenhängen erkannt werden können.

Die Eigenschaften, die Sinnzusammenhänge und die Verhältnisse einzelner Dinge, die man wahrgenommen hat, können erst in der Inspirationsstufe erkannt werden. Rudolf Steiner war ein Genie der Inspiration. Und die Anthroposophie unterscheidet sich von den anderen spirituellen Richtungen vor allem durch die klare Anleitung zur Inspiration und zur Intuition. Für die Erhebung der Inspiration und der Intuition braucht der Mensch eine eigenständige innere forschende Haltung. Der Autoritätsglaube verhindert nicht unbedingt die Imagination, sondern kann sie sogar einseitig fördern. Aber die Menschen, die noch den Hang zum starken Autoritätsglauben haben, kommen nicht zur Inspirationsstufe, denn sie sind daran gewöhnt, anstatt dass sie die übersinnlichen Dingen eigenständig forschend durchdringen, die Urteile und Handlungen der Autorität hinzunehmen. Bis zur Imaginationsstufe muss man nicht unbedingt im geistigen Sinne forschen, man kann darüber fasziniert sein, dass man etwas Übersinnliches wahrnehmen kann. Beim Wechsel von der imaginativen zur inspirativen Erkenntnisfähigkeit muss der Mensch spätestens zu einem eigenständigen Forscher werden.





Die Imagination beginnt zuerst mit einer Wahrnehmung. Und sie ist noch keine Erkenntnis, denn man hat keine eigene sinngemässe Orientierung. Die Imaginationen stehen nebeneinander da, ohne dass man dabei ihre eigentliche Aussagen durchblicken kann. Steiner nennt die imaginative Welt unruhig. Sie ist fortwährend in einer Verwandlung. Man kann in der Imagination etwas wahrnehmen, kann aber in ihrer Stufe noch nicht im eigentlichen Sinne erkennen, weil der innere Ruhepunkt noch nicht hergestellt wurde. Ohne einen solchen inneren Ruhepunkt kann eine Interpretation, aber keine Erkenntnis gewonnen werden. Von einer eigentlichen Erkenntnis kann man ab die Stufe der Inspiration sprechen, weil erst dort die eigenständige Orientierung entsteht.



"Die Entwickelung bleibt nun aber innerhalb der imaginativen Welt nicht stehen. Der Mensch, der in ihr stehenbleiben wollte, würde zwar die in Verwandlung begriffenen Wesenheiten wahrnehmen; aber er würde die Verwandlungsvorgänge nicht deuten können, er würde sich nicht orientieren können in der neugewonnenen Welt. Die imaginative Welt ist ein unruhiges Gebiet. Es ist überall nur Beweglichkeit, Verwandlung in ihr; nirgends sind Ruhepunkte. — Zu solchen Ruhepunkten gelangt der Mensch erst, wenn er sich über die imaginative Erkenntnisstufe hinaus zu dem entwickelt, was die «Erkenntnis durch Inspiration» genannt werden kann. — Es ist nicht notwendig, daß derjenige, welcher die Erkenntnis der übersinnlichen Welt sucht, sich etwa so entwickele, daß er zuerst in vollem Maße das imaginative Erkennen sich aneigne und dann erst zur «Inspiration» vorschreite. Seine Übungen können so eingerichtet werden, daß nebeneinander das geht, was zur Imagination, und das, was zur Inspiration führt. Er wird dann, nach entsprechender Zeit, in eine höhere Welt eintreten, in welcher er nicht bloß wahrnimmt, sondern in der er sich auch orientieren kann, die er zu deuten versteht. Der Fortschritt wird in der Regel allerdings so gemacht werden, daß sich zuerst dem Geistesschüler einige Erscheinungen der imaginativen Welt darbieten und nach einiger Zeit er in sich die Empfindung erhält: Jetzt fange ich auch an, mich zu orientieren. — Dennoch ist die Welt der Inspiration etwas ganz Neues gegenüber derjenigen der bloßen Imagination. Durch diese nimmt man die Verwandlung eines Vorganges in den andern wahr, durch jene lernt man innere Eigenschaften von Wesen kennen, welche sich verwandeln. Durch Imagination erkennt man die seelische Äußerung der Wesen; durch Inspiration dringt man in deren geistiges Innere. Man erkennt vor allem eine Vielheit von geistigen Wesenheiten und von Beziehungen des einen auf das andere. Mit einer Vielheit verschiedener Wesen hat man es ja auch in der physisch-sinnlichen Welt zu tun; in der Welt der Inspiration ist diese Vielheit doch von einem anderen Charakter. Es ist da ein jedes Wesen in ganz bestimmten Beziehungen zu andern, nicht wie in der physischen durch äußere Einwirkung auf dasselbe, sondern durch seine innere Beschaffenheit. Wenn man ein Wesen in der inspirierten Welt wahrnimmt, so zeigt sich nicht eine äußere Einwirkung auf ein anderes, die sich mit der Wirkung eines physischen Wesens auf ein anderes vergleichen ließe, sondern es besteht ein Verhältnis des einen zum andern durch die innere Beschaffenheit der beiden Wesen. Vergleichen läßt sich dieses Verhältnis mit einem solchen in der physischen Welt, wenn man dazu das Verhältnis der einzelnen Laute oder Buchstaben eines Wortes zueinander wählt. Wenn man das Wort «Mensch» vor sich hat, so wird es bewirkt durch den Zusammenklang der Laute: Mensch. Es geht nicht ein Anstoß oder sonst eine äußere Einwirkung zum Beispiel von dem M zu dem E hinüber, sondern beide Laute wirken zusammen, und zwar innerhalb eines Ganzen durch ihre innere Beschaffenheit. Deshalb läßt sich das Beobachten in der Welt der Inspiration nur vergleichen mit einem Lesen; und die Wesen in dieser Welt wirken auf den Betrachter wie Schriftzeichen, die er kennenlernen muß und deren Verhältnisse sich für ihn enthüllen müssen wie eine übersinnliche Schrift. Die Geisteswissenschaft kann daher die Erkenntnis durch Inspiration vergleichsweise auch das «Lesen der verborgenen Schrift» nennen."
GA 13, Aus dem Kapitel "Die Erkenntnis der höheren Welten ( Von der Einweihung oder Initiation )"




Junko Althaus



















Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen


Im Moment können keine weiteren Kommentare mehr entgegengenommen werden. Die nötige Zeit um sie durchzulesen und sie sorgfältig zu beantworten, sind zurzeit nicht vorhanden.

Wenn Sie mir etwas mitteilen möchten, können Sie mich per Mail kontaktieren.
Meine neue Mail-Adresse finden Sie auf der rechten Seite oben.

Junko Althaus

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.