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Samstag, 2. April 2011

Ob die Gedanken Steiners die heutigen Menschen rassistisch machen?




In den letzten Jahren gab es von Holland ausgegangen heftige Diskussionen um die Frage nach rassistisch klingenden Ausdrücken und teilweise Aussagen in den Texten Steiners. Darüber habe ich sogar in manchen Internet-Eintragungen in Japan gelesen. Es ist sicherlich richtig und wichitg, dass man die konkreten Stellen in seinem gesprochenen oder dem geschriebenen Text klar vor den Augen hat, die für das heutige Bewusstsein als rassistisch erscheinen.

Für mich persönlich ist es klar, dass die Texte Steiners teilweise die Ausdrücke enthalten, an denen zweifellos ein Überlegenheitsgefühl der weissen Rasse gegenüber den anderen Rassengruppen sich darstellt. Es ist ein ernstes Problem für das heutige Bewusstsein.

Manche Darstellungen ärgern mich auch. Trotzdem werde ich Steiner persönlich nichts wegen seinen Aussagen vorwerfen, denn es war ja nicht seine persönliche Unzulänglichkeit. Die weissen Menschen haben vor 100 Jahren in der Kolonialzeit fast alle dieses Überlegenheitsgefühl als etwas Selbstverständliches gehabt. Man findet zahlreiche Beispiele bei anderen bedeutenden Persönlichkeiten in seiner Zeit, die noch viel stärker dieses Überlegenheitsgefühl zum Ausdruck brachten. Es hat keinen Sinn, bloss Steiner Rassismus vorzuwerfen. Die Lektion des 2. Weltkrieges hat die Menschheit damals noch nicht hinter sich gebracht. (Ich kann dieses Problem als eine Japanerin besonders stark empfinden, weil auch Japan in seiner Vergangenheit die umliegenden asiatischen Ländern kolonialisieren wollte und es genauso ein Überlegenheitsgefühl empfand.)

Aber es ist eine Tatsache, dass man nun weltweit seine Texte zu lesen beginnt, die solche problematischen Stellen enthalten. Die Frage, die heute wichtig ist: Ob die Gedanken Steiners die heutigen bekennenden Leser wirklich rassistisch machen?

Ich lebte 15 Jahre in Deutschland und habe deutlich empfunden: die Menschen in Deutschland sind sehr offen gegenüber den anderen Kulturen, so wie viele andere Ausländer mir bestätigten. Ich habe kaum etwas Unangenehmes erlebt im Sinne der Fremdenfeindlichkeit. Aber ich habe ein Überlegenheitsgefühl gegenüber den Asiaten bei den nicht wenigen Anthroposophen tatsächlich erlebt. Gerade in den anthroposophischen Zusammenhängen erlebt man es nicht selten, weil manche Anthroposophen auf eine ungesunden fundamentalistischen Weise an die herrschende Stellung der europäischen Menschen in der Bewusstseinsseelenkultur glauben. Und das erzeugt eine Empfindung der Überlegenheit in ihrem Unterbewusstsein, die die Entstehung einer echten Brüderlichkeit verhindert. Ausserdem ist das etwas, was die normale Bevölkerung zum Teil schon weit überwunden hat.

Ob die Gedanken Steiners die heutigen Menschen rassistisch machen? Die definitive Antwort auf diese Frage kann man nicht allein in den zum Teil 100 Jahre alten Texten Steiners finden.

Die Antwort findet man ganz konkret an den einzelnen Anthroposophen, die heute leben. An den Empfindungen in ihrem Unterbewusstsein, die ihre konkrete Verhaltensweise und Denkart gegenüber den anderen Rassen mitbestimmen, findet man die Antwort, ob die Gedanken Steiners einen die Entwicklung der Brüderlichkeit fördernde oder hemmenden Einfluss hat oder nicht. Ob in ihrem tiefen Bewusstsein der Respekt lebt oder nicht, das entscheidet viel, ob die Gedanken Steiners heute auf eine moralisch fruchtbare Weise verstanden werden oder nicht. Das ist die Frage des neuen Herzdenkens, das in unserer Zeit für die Weiterentwicklung der Bewusstseinsseele immer kräftiger und wacher werden muss.


Junko Althaus










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