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Sonntag, 17. April 2011

Karma-Empfindung im Osten und Ich-Empfindung im Westen. Ihre Synthese in den Neuen Mysterien der Karmaforschung part1




Karma-Empfindung im Osten und Ich-Empfindung im Westen.
Ihre Synthese in den Neuen Mysterien der Karmaforschung - Part1




Eine natürliche "Karma-Empfindung" im Osten

Die östlichen Menschen haben in sich eine natürliche "Karma-Empfindung". Z.B. Japaner haben eine sensible Empfindung gegenüber dem sozialen Karma allgemein. Nicht sehr bewusst, sondern intuitiv empfinden sie die Folgen aller ihrer Taten für ihre Mitmenschen. Im Bewusstsein der Japaner entstehen stets die Fragen wie: Wie kommt es bei ihm/ihr an, wenn ich so sage? Soll ich eher so handeln für sie/ihn ? Es ist vielleicht zu viel für ihn/sie? Bevor man etwas tut, hat man oft solche Gedanken und Empfindung fast automatisch. Die Japaner versuchen, in einer erstaunlichen Empfindsamkeit den möglichen Einflüssen des Egos in ihren eigenen Handlungen vorzubeugen.

Das erscheint wahrscheinlich vor den Augen der westlichen Menschen nicht besonders ichhaft. Der Grund dieser Haltung liegt aber nicht in der Angst vor einer Autorität, wie so manche westlichen Menschen vermuten, sondern viel mehr in der oben genannten Art ihres sozialen Wahrnehmungsvermögens. Als ich nach Deutschland kam, hat eine Frau mich gefragt, die sich mit der Anthroposophie beschäftigt: Ist es wahr, dass die Japaner kein Ich haben? Es ist natürlich ein extremes Beispiel und so etwas ist mir seitdem nie wieder vorgekommen. Aber ich erlebe manchmal, dass manche Anthroposophen die Japaner wie die Menschen verstehen, als ob sie kein Ich bewusst erleben würden.


Die Japaner haben eine erstaunliche Sensibilität und Diszipliniertheit, um ihre eigene Seele zu bewachen, so dass sie nicht von dem subjektiven Ego überschattet wird. Und das ist die eingenartige Art des japanischen "Ich"-Bewusstseins, wenn man es so nennen will. Man macht alles, um gerade die Unschuld der reinen Seele zu bewahren. Diese Reinheit, die mit ihrer höchsten Gottheit der Sonne, der jungfräulichen Hauptgöttin "Amaterasu ("Die den Himmel-Strahlende")" zusammenhängt, die in der japanischen Mythologie die einzige Sonnengottheit ist, ist existenziell wichtig für ihr Volksbewusstsein. Die Japaner wissen sehr gut, die Arbeit, die karmische Unschuld ihrer Seele zu bewachen, ist nicht einfach. Sie schauen auf ihre eigenen Taten zurück und stellen immer wieder fest: Da und dort war meine Seele nicht frei vom Ego. Und da spüren sie sofort instinktiv die soziale Folgen ihrer nicht perfekten Taten. Weil sie gegenüber dieser sozial-karmischen Belastung unglaublich sensibel sind und in sich einen unverzichtbaren Drang spüren, ihre Seele möglichst unschuldig zu halten, haben sie oft einen starken Impuls, dass sie sich für ihre unzulänglichen Taten entschädigen möchten, damit sie sie schnell sozial-karmisch ausgleichen.

Solche innere Beobachtung für die Bemühung um die Reinheit der Seele und den sozial-karmischen Ausgleich gehört in Japan zu den wichtigsten Tugenden des Menschseins. Die Menschen, die eine Machtposition innehaben, sprechen offen vor ihren Mitarbeitern von ihrer eigenen Unzulänglichkeit. So etwas ist im Westen wenig denkbar. Solche innere Haltung wird aber in Japan als eine erhabene und lautere Seelenstärke erlebt und wird als ein Beweis für die eigentliche Grösse der Persönlichkeit aufgefasst. In der japanischen Gesellschaft werden de Menschen, die sich unfehlbar zeigen und sich nur durchsetzen, sogar als unwahr, unecht und als Menschen unreif empfunden. Die Japaner empfinden solche Eigenschaften als eine Art seelischer Wildheit und empfinden sie als etwas, was ganz real sozial-karmisch schädlich ist.


Denn das Bewusstsein, in dem der Mensch seine unzulängliche Seite ungetrübt spiegelt und daran arbeiten will, ist in Japan eine Haltung, in der das Ego aktiv vermieden wird. Und dieses Bewusstsein, ehrlich und kritisch an sich selbst zu beobachten, bedeutet eine gewisse Reifestufe der menschlichen Seele in Japan. Im Gegenteil dazu, wenn jemand nie seine Unzulänglichkeiten und innere Bescheidenheit zeigen kann, dann gilt er schnell als Ego-Mensch. Die Menschen, die immer das Recht und die Unschuld behaupten, sich stets rechtfertigen und nie ihre Schwäche oder Fehler zugeben, werden als unwahrhaftig und unbescheiden empfunden, auch wenn sie eine Machtposition inne haben. Und durch diesen sozial-moralischen Standard in der japanischen Gesellschaft kann das Volk im Grossen und Ganzen ein sozial diszipliniertes Verhalten in so einer Notlage wie in Fukushima oder in sonstigen Katastrophengebieten verwirklichen.




Schatten der Sozial-Karma-Empfindung in Japan - Kollaps des individuellen Ich

Die Schattenseite dieser moralischen Tugend in Japan ist die soziale Unfreiheit. Man kann immer wieder das Gefühl haben, dass man stets für die anderen Menschen mitverantwortlich ist, in dem, was man denkt, fühlt und wie man handelt. Diese Verantwortung gegenüber einer gewissen Harmonie und der Selbstaufopferung ist sehr schwer und zum Teil wirklich zwanghaft. Man muss sich immer von aussen schauen, wie man bei den anderen Menschen ankommt: Was bedeuten meine Aussagen, meine Handlungen für die Mitmenschen? Die extreme Übertreibung der sozialen Mitverantwortung und der Selbstlosigkeit machen sogar viele Menschen krank, weil sie irgendwann gar nicht mehr wissen, wer sie eigentlich sind und was ihre ehrliche Meinungen und Empfindungen sind, die ganz natürlich in ihrer Seele entstehen. Und genau diesen Punkt berühre ich ganz intensiv in meinem japanischen Buch, das im Sommer in Japan herausgegeben werden wird.

Die Menschen sind oft sehr auf die Anerkennung der Umgebung angewiesen. Manche fürchten sich sehr vor einer Ablehnung oder einer Kritik, so dass sie verlernen, ihre wirkliche Meinungen innerlich und äusserlich zuzulassen. Dahinter steckt aber auch das sozial-karmische Wahrnehmen, dem schon als Kind in der Erziehung eine ganz wichtige Rolle beigemessen wird. Manche westliche Menschen sagen, die in Japan waren, dass die Japaner ein wenig "harmoniesüchtig" sind.

Die Eigenschaften, um sensibel den sozialen Organismus wahrzunehmen und zu harmonisieren für die Erhöhung der Lebensqualität der Gemeinschaft, weisen auf die Qualitäten des Lebensgeistes hin, so wie ich im Leserbrief zum Artikel von Herrn Moreau geschrieben habe. Sie dienen dazu, dass das Leben der gesamten Gemeinschaft gesund besteht. Aber die Japaner vermeiden oft stark ihr "Ego". Und mit ihm verneinen sie zum Teil das selbstverständliche Recht ihres individuellen Ich, so dass ihr Ich immer wieder fast einen schweren Kollaps unterliegt. Sie haben so eine grosse Angst davor, dass ihre Seele nicht mehr jungfräulich sein könnte, obwohl diese Angst zum Teil etwas ist, was auch mit der Formalität Japans zu tun hat.

Die Japaner sind individuell. Nur erlauben sie sich die Berechtigung ihrer Ich-Empfindung selber zu wenig aus den verschiedenen Gründen. Meine Mutter warf mir früher oft einen unglaublichen Egoismus vor, als ich noch in Japan wohnte, weil ich eben eine innere Haltung hatte, die hier im Westen im Sinne des Individualismus normal ist. Das konnte ich erst wirklich klar erkennen, als ich begann, in Deutschland zu leben. Das Ich-Bewusstsein der Japaner ist anders geartet als das eines westlichen Menschen, dennoch ist das in Wirklichkeit individuell. Die moderne westliche Lebensstil unterstützt auch ganz und gar die Individualisierung der Japaner.

Das Nicht-Zulassen der bewussten Individualisierung macht die Japaner seelisch und körperlich krank. Viele verlangen von sich eine höchste Selbstlosigkeit, die sie masslos belastet. Viele moderne Krankheiten deuten auf die extreme Strenge der Selbsterziehung im Sinne der Sozialität. Das ist für mich der klare Beweis, dass das Ich der Japaner sich in einem vorangeschrittenen Individualisierungsprozess befindet, aber gezwungen ist, immer mit der höchsten Wachheit über ihr Ego zu wachen. Das ist ein Selbstmord durch die eigenen Qualitäten, die zwar an sich gut und kostbar sind, aber auf eine zu einseitige Art zur Geltung gebracht werden. Nach meiner Erkenntnis ist es eine wichtige Urasche zum Selbstmord in Japan. Die viele Japaner, die sich umbringen, haben die Motive wie: Ich bin zu wenig gut für die Gesellschaft und tauge nichts, deshalb entschuldige ich mich für meine Unfähigkeit durch den Tod. Das ist ein Beispiel, an dem man sehen kann, wie kostbar diese Qualität der Japaner ist und gleichzeitig sehr gefährlich werden kann, wenn sie einseitig wird.

Die Japaner sollten heute das Ausleben des individuellen Ich mehr zulassen ohne ein schweres Gewissensproblem zu haben, so dass sie ihre sozial-karmischen Qualitäten durch das individuelle Ich neu befruchten können. Die Japaner sollten heute ihre soziale Karma-Empfindung teilweise etwas abdämpfen, so dass sie stattdessen mehr die freie und natürliche Ich-Empfindung, die in einer westlichen Kultur selbstverständlich vorhanden ist, bei sich und bei den anderen Menschen zulassen.



Part 2 folgt

Junko Althaus













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Junko Althaus

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