▾

Freitag, 21. Januar 2011

Zum Buch "Krise und Chance" von Judith von Halle





Judith von Halle schrieb in ihrem Buch "Krise und Chance", dass die Verwirklichung des geistigen Impulses der Michaelschule darin besteht, dass man die alten Mysterinweisheiten auf der Erde neu ergreift. Dabei ist es wichtig, dass sie von dem Christusimpuls durchdrungen wird.

Judith von Halle stellte ohne Begründung mit nur ganz wenigen Worten fest, was diese Durchdringung des Christusimpulses der alten Mysterienweisheiten bedeutet: Schlicht und einfach bewusst die Mysterien zu ergreifen.



Ihre Annahme kann die nicht leichten Folgen haben, denn gerade diese Arbeit ist nach meiner Erkenntnis viel viel mehr als bloßes Bewusst-Ergreifen der alten Weisheit. Diese Aufgabe ist eine gewaltige, die viel Fantasie und Intuition benötigt. Der Christus-Impuls ist so ein universaler Impuls, den man nicht leicht fassen kann.

Vor allem wird für so eine Arbeit nach meiner Erkenntnis eine ganz entscheidende Fähigkeit vorausgesetzt: Eine Fähigkeit des Loslassen-Könnens. Der Mensch braucht den Mut und das Vertrauen, sich von etwas zu befreien und trennen, etwas, was Gegenwart und Zukunft nicht mehr tragen kann.

Die alte Weisheit im Christusimpuls zu erneuern bedeutet, ein Absterben der Weisheit in der alten, konkreten und starr gewordenen Form.
Erst dann folgt ihr Auferstehen in einer dem gegenwärtigen Zeitimpuls des Christus entsprechenden neuen Form.





Neu-Erschaffen der unserem gegenwärtigen Zeitgeist geeigneten Form bedeutet kein bloßes bewusstes Übernehmen, sondern eine gründliche Erneuerung. Dazu braucht man eine echte Wahrnehmung an dem gegenwärtigen Entwicklungsimpuls und außerdem eine kraftvolle und gesunde Fantasiefähigkeit, die frei von der alten sinnlich-irdischen Form eine ganz neue Form hervorbringen vermag (Moralische Fantasie).

Das Alte, was einmal in einer früheren Zeit gut war, kann nicht mehr gut sein, wenn es später genauso auftritt und sich zur Geltung bringt. Die Evolution aller Arten besteht gerade darin, was einmal in einer früheren Epoche vorhanden war, kehrt zwar in bestimmten rhythmischen Abständen wieder zurück, aber nicht um einfach sich wieder zu beleben, sondern um sich auf neue Weise zu metamorphosieren und zu erneuern. Ohne diese gründliche Metamorphose gibt es gar keine echte Entwicklung.

Zunächst taucht das Alte unmittelbar wieder auf. Aber das ist nur die bloße Wiederholung im karmischen Sinne.
Das muss noch in eine neue Form durch die schöpferlische Tätigkeit des Ich umgewandelt werden, damit das Wesentliche, das in der alten Form lebte, auf eine aktuelle Weise ein neues gesundes Leben entfalten kann. Wenn das nicht geschehen würde, gäbe es nur die äußre Konservierungen des Alten, und daran würde die Evolution scheitern.

In den alten Mysterien wurden die kostbaren Weisheiten gelehrt. Aber die Weisheit an sich hängt mit der alten Mondenentwicklung - der früheren Verkörperungszustand unserer Erde - zusammen. Die Substanz aber, die während unserer jetzigen Erdenentwicklung neu entstehen soll, ist nicht die Weisheit, sondern die Liebe. Und diese universelle Liebe ist die Urqualität des Christus, die er durch das Mysterium von Golgatha auf der Erde zum ersten Mal ermöglichte. Diese kraftvolle Liebessubstanz will der ätherische Christus in unserer Seele immer mehr erwecken. Und sie soll unsere schöpferische Erkenntnis-Tätigkeit und fantasievolle Arbeit unterstützen und eine echte Moralsubstanz der menschlichen Seele im Herz erwecken, so dass wir die alten Weisheiten erneuern und verwandeln können.

Eine alte Weisheit, die ohne aktive Bemühung um die Durchdringung mit der Liebe bloß sich ausleben will, wird sich heute und in der Zukunft immer mehr zu einem zwanghaften Schattendasein zurückbilden, so dass sie eine tote Konservierung der ehemaligen Großartigkeit bedeutet.


Junko Althaus














Montag, 17. Januar 2011

Die manichäische Liebe des ätherischen Christus - auch die Widersacher sind unsere Mitbrüder




Die Anthroposophie kann in einer intensiven Weise eine Liebe zum Geist im Menschen erwecken, nach dem der Mensch innerlich einen existenziellen Sehnsucht spürt. Die kosmischen Dimensionen des Menschen, die Rudolf Steiner beschreibt, erinnern uns - bewusst oder unbewusst - an die eigentliche Existenz des Menschseins im kosmischen Zusammenhang. Durch diese Qualität konnte die Anthroposophie seit ihrer Entstehung stets eine Stätte in der Welt sein, in welcher der Mensch seine Bedürfnisse, mit den geistigen Weisheiten in einer lebendigen Form, welche dem gegenwärtigen Bewusstsein entspricht, auseinanderzusetzen, befriedigen kann.

Aber reicht diese Liebe zu dem Geist, ja die Liebe zu den geistigen Weisheiten, zu dem Wissen über die geistigen Dimension des Menschen, - auch wenn sie so großartig ist -, wirklich aus, um die Qualitäten und die Eigenschaften, die der Christus uns heute senden will, in der menschlichen Seele kraftvoll aufzufangen?


Nach meiner Erkenntnis reicht allein die oben genannte Art der Liebe zum Geist nicht aus, um vor dem ätherischen Strom des Christus, von dem Rudolf Steiner spricht, der im Menschen vom Herz zum Kopf hinaufströmt, sich bewusst zu öffnen.

Nach Steiner trifft der ätherische Strom des Christus – ein kontinuierlicher Kanal der Ätherisation seines Blutes, das sich bei seinem Erdentod mit der Erde verband - mit dem Strom des Menschen im Herz. Allerdings wird dabei noch etwas Anderes wichtig, um die wunderbaren Eigenschaften, die von diesem Strom des Christus in uns herein wollen, uns immer bewusster und intensiver empfangen zu lernen.

Es ist eine Empfindsamkeit gegenüber der wahren Qualität der seelischen Gefühle. Der Mensch braucht eine gewisse Empfangs- und Ausgabe-Fähigkeit der echten menschlichen - sowohl dunkel-negativen und als auch hell-positiven - Gefühle und Empfindungen in seiner Seele.

Nach meiner Erkenntnis wird der Mensch besonders empfänglich gegenüber dem ätherischen Strom des Christus, wenn er seine persönlichen und menschlichen Gefühle und Empfindungen ohne sie zu verschönern, so wie sie wirklich sind, wahrnehmen und verstehen lernt. Das ist heute nicht leicht, weil wir in einer Gesellschaft leben, welche uns verpflichtet, nach den Normen der abstrakten Vollkommenheit uns lügenhaft zu dressieren und dafür die wahren Gefühle und Empfindungen zu ignorieren.



In der geistigen Liebe lebt der Mensch in einer Bestrebung zur Vergeistigung, sich zum Sternenhimmel zu erheben, wo die hohen und machtvollen geistigen Wesenheiten zu Hause sind. Aber die Seelenliebe hat eine ganz andere moralische Qualität als eine geistige Liebe. In der Seelenliebe kann der Mensch ein Stück auf die intensive Bestrebung zur Vergeistigung seines eigenes Wesens verzichten dadurch, dass er gegenüber allen Lebewesen der Erde und den Mitbrüdern der Erdenentwicklung, welche bis jetzt weniger eigenständig als er selber an der Vergeistigung des eigenen Daseins arbeiten konnten und dadurch in einem Leid und in einem tragischen Schicksal verharren mussten, ein intensives und tiefes Mitgefühl empfinden. Paulus hörte das Seufzen der Kreatur, die auf ihre Erlösung durch die Menschen wartet und schilderte davon in seinem Römerbrief.

Römerbrief nach Paulus Kapitel 8

Denn ich halte es dafür, daß dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sei, die an uns soll offenbart werden.Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet auf die Offenbarung der Kinder Gottes. Sintemal die Kreatur unterworfen ist der Eitelkeit ohne ihren Willen, sondern um deswillen, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung. Denn auch die Kreatur wird frei werden vom Dienst des vergänglichen Wesens zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, daß alle Kreatur sehnt sich mit uns und ängstet sich noch immerdar.

Übersetzung nach Luther


Der Mensch kann sich in so einer gesteigerten Empathie wie bei Paulus als ein Teil der grossen Erdenschicksalsgemeinschaft empfinden und eine Liebe zu allen Wesen zu empfinden beginnen. Der Ätherstrom des Christus ermöglicht uns z.B. so eine Liebe, die unsere Herzintelligenz erhöht.

Eine solche Seelenliebe des Christus ist für mich auch die, in welcher der Mensch nach und nach im manichäischen Sinne auch die Widersacher als ein Teil der Evolution und unsere Mitbürger der Schicksalsgemeinschaft betrachten und ihre Rolle und das Schicksal würdigen kann. Der Mensch beginnt, sich in einer intensiven Empathie in ihr tragisches Schicksal, von dem sie sich selber nicht befreien können, einzufühlen. Die Widersacher werden in einer manichäischen Seelenliebe nicht mehr die Wesen bleiben, welche der Mensch bloß verabscheuen muss, denn der Christus hat bereits in seiner zweiten Kreuzigung die Schatten der Widersacher in sich aufgenommen. Die schattenhaften Wesen gehören auch zu unser grossen kosmischen Evolution und sie stellen uns nicht nur die Hindernisse in den Weg, sondern helfen uns dadurch zuletzt unsere Entwicklung im Sinne der Freiheit.

Weil sie diese Rolle, sich zurück zu bleiben, annahmen und dadurch wir selber nicht als zurückgebliebene Wesen fungieren mussten, konnten wir bis jetzt unsere Entwicklung auf die Weise fortsetzen. Nebendem wir uns im normalen Sinne weiter entwickeln konnten, konnten die Schattenwesen nicht weiter kommen. In unserem Zeitalter beginnt eine neue Liebe, in der wir die Widersacher als unsere - zwar etwas andersartige aber doch - Mitbrüder würdigen und dadurch ihnen aktiv helfen, sich zu verwandeln.

Die Umwandlung der Widersacher und ihrer Wirkungen sind durch das Anklagen oder das Verurteilen nicht möglich. Sie werden nur durch eine kraftvolle Liebe der menschlichen Seele zur Wandlung gebracht. Die Widersacher oder die Elementarwesen, die unsere Entwicklung verhindernden Kräfte entgegenbringen, benötigen auch genauso wie wir selber Würdigung. Der Mensch kann in so einer Haltung der Seele sich in sie und in ihr spezielles Schicksal einfühlen lernen. Jeder wahrer Pädagoge weiss, dass ein Kind, das Probleme macht, durch eine moralische Einschüchterung oder eine lieblose Zurückweisung keinesfalls zur Verbesserung bringen kann.

Es gibt kein Wesen im Kosmos, das keine Liebe und keine Würdigung benötigt...


Junko Althaus









Sonntag, 16. Januar 2011

Eine karmische Verbindung zwischen den Japanern und dem Frühchristentum in Europa nach einem Hinweis Steiners


Rudolf Steiner sprach einmal von einem interessanten Fall der Reinkarnation.

Er sagte, die Seelen, die während der Völkerwanderung in Europa inkarniert waren und dabei das Frühchristentum in sich aufgenommen haben, werden sich nach dem ersten Weltkrieg immer mehr in Japan inkarnieren. Solche Seelen inkarnieren sich teilweise auch in Korea und in China, aber hauptsächlich in Japan.


Was heisst das? Ich wurde schon mal diesbezüglich von einem Menschen angesprochen. Er kannte diese Aussage Steiners und fragte mich: Meinen Sie, hängt die intensive Liebe der Japaner zur europäischen Kultur, die etwa in der klassischen Musik offensichtlich zum Ausdruck kommt, mit einer karmischen Tatsache zusammen? Gibt es vielleicht noch viel mehr die Beispiele bis in unsere Zeit hinein, dass ehemalige Europäer z.B. heute als Japaner leben? Meine Antwort war: JA. Ich denke, es gibt viel mehr verborgene Verbindungen durch die Reinkarnationen der Seeele zwischen den unterschiedlichen Völker als wir im Alltag uns bewusst sind.


Nach der obigen Aussage Steiners hätten in den zahlreichen Japaner und Japanerinnen nach dem zweiten Weltkrieg die ehemaligen europäischen Seelen gelebt, die in einer sehr bewegenden Zeit in Europa den Impuls des Frühchristentums in sich aufgenommen haben. Viele Japaner, die nach dem Ende des zweiten Weltkrieg in einem grossen Bewusstseins- und Strukturenwandel in Bezug auf ihre Weltanschauung und die Führung des Staates ihr kaputtes Land wieder aufgebaut haben, sind erst nach dem ersten Weltkrieg geboren. Das heisst: Was hinter dem wirtschaftlichen Aufstieg, der die ganze Welt zum Erstaunen brachte und wie ein Wunder betrachtet wurde, stehen neben den anderen Einflüssen auch die Eigenschaft und die Fähigkeit der ehemaligen europäischen Seelen, die in einer früheren Epoche der Entwicklung eine genauso chaotische Periode durchlebten und dennoch eine Zukunft aufbauen konnten. Diese Menschen mussten nach dem Hinweis Steiners eine erheblich wichtige Rolle nach dem zweiten Weltkrieg in Japan gespielt haben.


Tatsächlich kann ich einen markanten Bewusstseinswandel der Japaner vor und nach dem zweiten Weltkrieg feststellen. Japaner verabschiedeten sich nach dem Kriegsende von ihrer alten Weltanschauung - sie war eine Gehirnwäsche, die durch die militärischen Übergriffe geschah und sie bedeutete eine total unzeitgemässe Wiederbelebung der Macht des Kaisers, dessen politische Bedeutung in einer früheren Periode neben dem mächtigen Samurai-Shogun bereits überwunden worden war – und nahmen eine neue "Religion" an, die der materialistische „Kapitalismus“ heisst. Der ist ein äusserliches Produkt der christlichen Kultur, die sich auf das Äussere konzentriert, um die Freiheit und das Ich zu fördern. Die ähnlichen geschichtlichen Symptome finden wir in der chaotischen Zeit der Völkerwanderung wieder, in der die Menschen ihre alte Religion hinter sich liessen und eine neue Ausrichtung, das Frühchristentum in sich aufgenommen hatten.


Die japanischen Kinder, 1953






Während ich noch in Japan lebte, hatte ich Schwierigkeiten, mit der japanischen Kultur zurechtzukommen. Diese Tendenz war schon in meiner Kindheit ein wenig da, aber je älter ich wurde, desto stärker wurde es.

Ich baute nur langsam eine wirkliche innere Beziehung zu Japan auf. Dabei halfen mir die Vorträge Steiners z.B. im Zyklus Lukas-Evangelium, in dem Steiner von einer intensiven Zusammenarbeit des Christus mit den Wesenheiten, die auch im japanischen Buddhismus bekannt sind, sprach. Durch solche Hinweise konnte ich allmählich einen inneren Zugang zu Japan finden, erst dann verliess ich mein Land.

In Europa konnte ich von einigen Europäer die wunderbare Seite der japanischen Kultur aufnehmen. Sie konnten mir für mein Verständnis viel besser als manche Japaner aufzeigen, was wirklich einzigartig und wundervoll an dem Charakter Japans ist. Ich stellte an vielen von ihnen fest, dass sie bereits in einem früheren Leben in sich das geistig-seelische Wesen Japans tief verinnerlicht hatten. Sie sprachen aus dieser inneren echten Substanz und aus einer tiefen Liebe heraus zu mir. In ihrem Ausdruck leuchtete etwas Ewiges, was mit dem Ur-Wesen Japans zu tun hat. Und das berührte mich immer wieder tief. Ich konnte durch sie zu einer wirklichen und echten Berührung mit dem geistigen Charakter Japans kommen, welcher weit über das Oberflächliche und das bloß Traditionelle hinausgeht. Solche Erlebnisse waren mir kaum möglich, als ich noch in Japan lebte. So lernte ich erst hier in Europa, meine biologische Heimat Japan anders zu sehen und sie wirklich in ihrem Wesen zu würdigen. Steiner gab auch einmal in einem Vortrag einen Hinweis, dass viele heutigen Europäer in ihren früheren Leben Japaner oder Chinesen gewesen sind.

Ich bin in diesem Leben als eine Japanerin geboren, lebe aber nicht zum ersten Mal hier in Europa und habe so eine innere europäische Schatzkammer, die über die Tode hinaus bewahrt bleibt.


Junko Althaus










Donnerstag, 13. Januar 2011

Erinnerung als ein Werkzeug zur geistigen Erkenntnis in der Karmaforschung und in der Biographiearbeit


Es gibt verschiedene Etappen innerhalb einer Forschung. Man kann zu den alten Ergebnissen eine neue Erkenntnis hinzubekommen. Und auf diese Weise kommt man stückweise immer weiter. So wie Paulus in seinem „ Hohen Lied der Liebe“ sagt, unsere Erkenntnis ist zunächst nur Stückwerk. Wenn man dennoch das Stückwerk, welches in einer Forschung sich summiert, stets in einen Zusammenhang bringen kann, dann kommt man immer einen Schritt weiter. Es ist faszinierend zu erfahren, wie die Erkenntnisse sich in einer Forschung erweitern und dadurch immer vielseitiger und umfassender ein Forschungsgegenstand beleuchtet werden kann. Diese Faszination kennt jeder wirkliche Forscher, egal ob es sich um eine spirituelle oder schulwissenschaftliche Forschung handelt.


Nach meiner Erkenntnis praktizierte auch Steiner diese Forschungsweise und war ein Meister davon. Er sagt z.B. in Bezug auf Goethes Märchen, dass er nur stufenweise in das Geheimnis des Märchens hineindringen konnte. Steiner konnte durch 3 Jahrsiebte hindurch seine Erkenntnis in Bezug auf dieses Werk von Goethe erweitern. Nicht was am Anfang da war, war falsch, sondern er baute immer mehr auf dem Vorhergehenden weiter. Das kann ich sehr gut verstehen, denn ich erlebe es auch nicht anders. Ich kann nie auf einen Schub eine ganz klare oder umfassende Erkenntnis gewinnen, kann nur stufenweise meine Erkenntnis erweitern und brauche dafür immer einen gewissen Zeitraum.


Ich spiegele z.B. ein biographisches Ereignis in meiner Kindheit. Ich tue es in meinem 33. Lebensjahr, dann stelle ich an dem Ereignis eine bestimmte Erkenntnis fest, die einen gewissen Zusammenhang mit der konkreten Situation im 33. Lebensjahr zeigt. Und dann kommt mir das gleiche biographische Ereignis wieder im 40. Lebensjahr in den Sinn und ich betrachte es und gewinne wiederum eine andere Erkenntnis, welche eine Erweiterung von der ist, die ich bereits mit 33 gewonnen habe u.s.w.


Ich habe mir vor einigen Jahren bewusst gemacht, dass die menschliche Erinnerungsfähigkeit uns eine ganz interessante Erkenntnis-Möglichkeit gibt. Ich erlebe z.B. gerade jetzt etwas ganz Bestimmtes. Sagen wir mal, ich erlebe, dass jemand mich beschimpft hat. Das geschah an einem bestimmten Tag und an einem bestimmten Ort durch einen ganz bestimmten Menschen. Ich nehme es wahr durch meine Sinne. Und ich gehe nach Hause und erinnere mich abends an dieses Ereignis. In meinem Bewusstsein kommen die Erinnerungen wie eine Art der sinnlichen Bilder. Ich sehe noch klar, wie die Stimme des Menschen, die mich beschimpfte, im irdischen Sinne tatsächlich geklungen hat, wie das Zimmer physisch tatsächlich ausgesehen hat, in dem ich stand. Also alle sinnlichen Eindrücke und Bilder sind noch klar und deutlich in meinem Bewusstsein. Aber das bleibt nicht so. Bereits am nächsten Tag merke ich einen deutlichen Unterschied zu dem Vortag. Am nächsten Tag merke ich, dass diese sinnlichen Einzelheiten, die ich gestern im Ereignis mit meinen physischen Sinnesorgane wahrnahm und abends noch so stark im Vordergrund in meiner Erinnerung spürte, sind bereits deutlich zurück gegangen. Stattdessen merke ich, dass in diesen Erinnerungsbildern sich etwas Anderes zeigt, was ich gestern noch nicht erkennen konnte. Das ist eine Wahrnehmung/Erkenntnis der geistigen Art. Das nenne ich so wie Steiner eine Durchsichtigmachung.

Dieser Vorgang ist identisch mit einer Karmaübung, die Dreitage-Übung, welche Steiner in einem Karmavortrag den Menschen gegeben hat. Eine Verwandlung in den Erinnerungsbildern findet dabei statt. Und das geht so an den folgenden Tagen weiter. Ich habe schon früher erfahren, dass die Erinnerungen im Laufe der Zeit eine Art Vergeistigung erfahren können, konnte mir aber lange nicht das so richtig bewusst machen. Als ich diese Dreitage-Übung als eine Übung machte, habe ich zuerst kein befriedigendes Ergebnis für eine Karmaerkenntnis herausbekommen. Wahrscheinlich habe ich zu viele kopfmässigen Vorstellungen gehabt, welche eine unbefangene Wahrnehmung verhinderten. Ausserdem war an mir damals noch nicht weit das Wahrnehmungs-Erkenntnis-Organ ausgebildet, das ich im letzten Artikel ein wenig beschrieben habe. Aus diesem Grund bin ich nicht immer dafür, eine Übung Steiners als eine feste Übung immer pedantisch zu wiederholen. Man kann das Wesentliche, was Steiner in einer Übung zum Ausdruck bringen will, auch viel freier am Leben selber beobachten. Manchmal erreicht man auf solche freie Weise - mit ein wenig Fantasie - viel mehr als in einer starren und äusserlichen Wiederholung der von ihm einmal gegebenen Übungen.


Z.B. habe ich in einer freien Beobachtung festgestellt: Ich erinnere mich an ein Kindheitsereignis in meinem 33. Lebensjahr. Dann stehen die damaligen iridisch-sinnlichen Eindrücke nicht mehr so stark im Vordergrund. Und gerade weil sie durch die Einwirkung des zeitlichen Fortschreitens zurückgegangen sind, taucht etwas ganz Anderes in den Erinnerungen auf. Und dieses, was statt den starken irdisch-sinnlichen Eindrücken und Einzelheiten auftaucht, ist etwas Geistes, was hinter dem irdisch-sinnlichen Schleier verdeckt war und das ich deshalb damals noch nicht sehen und erkennen konnte. Und diese Art der Vertiefung der Erkenntnis geht immer weiter. Ich habe immer wieder erlebt, dass ich in einem späteren Zeitpunkt eine tiefere Erkenntnis gewann. Ich erlebe so, dass ich durch die stets metamorphosierenden Erinnerungsbilder in ein immer tieferes Gebiet des Geistes hineinblicken kann. Aber die Erkenntnisse, die jeweils gewonnen werden, sind nicht zusammenhanglos, sondern sie stehen zueinander in einem exakten Zusammenhang.

Das ist eine geistige Erkenntnis/Forschungsmethode, die ich auch an den konkreten Beispielen Steiners festgestellt habe. Dabei braucht man ein Denken, das sich nicht auf die sinnlich-iridischen Wahrnehmungen und Gegenständen abstützten muss. Reines Denken, so wie Steiner sagt, eine Art des Denkens, in dem man das Geistige von den sinnlich-irdischen Erinnerungen herausätherisiert.

Junko Althaus









Dienstag, 11. Januar 2011

Leichtsinnige Annahme in Bezug auf das Karma und eine Methode für die solide Karmaforschung




"Wibke Reinstein die Reinkarnation Rudolf Steiners?"
Wenn man im Leben und am Menschen beobachten kann, wie ein Karma tatsächlich wirkt, dann hält man so eine Annahme wie oben nicht für wirklich, denn zwischen Wibke Reinstein und Rudolf Steiner gibt es keine exakten Verbindungen und Zusammenhänge, die auf das gleiche Ich hinweisen.

Viele Menschen meinen: Das Thema "Karma" ist so unklar und unfassbar. Deshalb kann man kein richtiges Urteil bilden. Zwar ist die Karmaforschung ein Gebiet, der noch jung ist, aber dennoch zeigt für mich das Karma seine exakten Gesetzmäßigkeiten, die man gar nicht übersehen kann.

So wie die Phänomene in der physischen Welt nach ihren physischen Gesetzen exakt erklärt werden können, sind auch die karmischen Angelegenheiten nach den karmischen Gesetzen exakt erklärbar. Man braucht allerdings für eine solide Karma-Erkenntnis ein Wahrnehmungs-Erkenntnis-Orgen an sich auszubilden. Dieses Organ kommt durch die Steigerung und die Metamorphose der Fähigkeiten der gewöhnlichen Logik zustande. Die Erinnerung an das frühere Leben kann man wohl ohne solche Organbildung haben, aber für eine exakte Forschung an den Wahrnehmungen im Sinnes einer Erkenntnis spielt solches Organ z.B. des ätherischen Herzens eine sehr wesentliche Rolle.


Ich bin nicht gegen die Menschen, die eine Karma-Arbeit im Sinnes einer konkreten "Schau" zu fördern. Aber ich mache es selber nicht. Seitdem etwa vor 8 Jahre ohne jegliche Methode anzuwenden die Informationen aus den früheren Leben plötzlich mich überkamen und ich damit in einer einsamen Erkenntniskrise konfrontiert wurde, habe ich bewusst eine Möglichkeit gesucht, in der man durch die Berücksichtigung der geistigen Logik zur sicheren Karma-Erkenntnis kommen kann, denn ich sah mich schicksalsmässig dazu gezwungen, so eine Methode herauszufinden, damit ich zuerst meine Erlebnisse eigenständig prüfen kann. Ich wollte unbedingt meine Wahrnehmungen zu den klaren Erkenntnissen erarbeiten. Einfach alles anzunehmen, was mich damals in einer übersinnlichen Weise plötzlich überkam, konnte ich aus meiner Neigung keinesfalls fertigbringen. Das ist meine Natur: Etwas erst dann wirklich anzunehmen, nachdem ich das auf welche Weise wie immer eigenständig überprüft habe.

Ich bin ein stark erkenntnismässig orientierter Mensch. Deshalb musste ich mir eine Methode entwickeln, die meine starke Logik-Liebe genug überzeugen kann. Es gab keine andere Wahl. Manche Leute sagten zu mir, meine Qualität sei am deutlichsten in der Forscher-Natur zu finden. Tatsächlich brauche ich eine deutliche Klarheit, um etwas erkenntnismässig als befriedigend feststellen zu können und suche deshalb oft die Zusammenhänge, solange ich sie herausfinde.


Von Anfang an glaubte ich aus einer starken Ahnung heraus fest an das Zustandekommen einer Methode der Karmaforschung, die für mich eine moderne Fortsetzung der Karmaforschung nach Rudolf Steiner sein soll, welche im obigen Sinne von einer klaren Kausalitätslogik basiert ist. Aber ich musste zuerst herausfinden, wie tatsächlich so eine Methode anfänglich aussehen kann.

In meinem Ansatz konzentriert man sich zunächst ganz auf die exakte karmische Charakterfindung, die frei ist von den konkreten irdisch-sinnlichen Erinnerungbildern aus den frühren Leben, denn das ist für mich die sicherste Möglichkeit, fehlerfrei und erkenntnismässig am klarsten an das Karma heranzugehen. In diesem Prozess werden die im jetzigen Leben wirksamen Gedanken, Gefühle und Impulse des Menschen nach dem Gesetz des Karmas ätherisiert, das heisst, ihre individuellen Wesen sinnesfrei, deshalb frei von den sinnlichen Gegenständen charakterisiert.


Es geht deshalb gar nicht darum, wer man mit dem konkreten Namen im letzten Leben gewesen ist, sondern darum, wie und was man im früheren Leben gedacht, gefühlt und gewollt, getan hat. Man forscht in meiner Methode - es ist auch die Methode meines Mannes Christian, denn wir haben viel gemeinsam an dem Gesetz und der Wirkung des Karmas geforscht - gezielt an dem unsterblichen Gedächtnis des Menschen auf eine unspektakuläre Weise. Das geschieht dadurch, dass man an den konkreten Tatsachen des Lebens forscht und dabei sein Denken, Fühlen und Wollen wie von aussen sehen lernt, so dass man mit seinem Ich die Dreigliederung seiner Seele von aussen spiegelt und charakterisiert. Es gibt in unserer Karmaforschung wenig Sensationelles oder Schwärmerisch-Esoterisches, obwohl sie eine tief greifende Wirkung hat.

Man kann die individuelle Karma-Wirkung feststellen, indem man die Art des Denkens, des Fühlens und des Wollens, auch die Bedeutung der Lebensereignisse in seinem Lebenslauf erkennt (ätherisiert). In der individuellen Anlage des Menschen und in der geistigen Sprache seines Lebenslaufes sind die zwei Ausdrucksweisen des Logos - in "Selbst und Welt" - zu finden.

In diesem zwei Gebieten will der ätherische Christus heute in seiner universellen Liebe den Menschen zur Heilung seines Schicksals, zur Selbstfindung und auch zur Erfüllung seiner individuellen Mission verhelfen.

Nach meiner Erfahrung ist die oben genannte Art, in der die Hauptaufmerksamkeit auf eine sinnesfreie Erkenntnis gerichtet wird, lässt gerade viele Irrtümer vermeiden, die in einer Karmaforschung entstehen können.
Ich bin überzeugt davon, dass es ein sicherer Boden für eine moderne Karmaforschung bedeutet.


Junko Althaus












Sonntag, 9. Januar 2011

"Der karmische Einfluss und der ätherische Christus" umgeschrieben




Den Artikel "Der karmische Einfluss und der ätherische Christus" habe ich teilweise umgeschrieben.

http://philosophie-der-freiheit.blogspot.com/2010/04/der-karmische-einfluss-und-der.html











Donnerstag, 6. Januar 2011

Abel und Kain - polare Qualitäten und ihre Schatten 1.




1. Die Einseitigkeit der Abel-Strömung - Die Überbetonung des Autoritätsglaubens und der Abscheu vor Sünde und Schuld. Die universale Liebe des Christus in der Menschenseele, welche solche Tendenzen überwindet.






Die Polarisierung ist sicher keine neue Tendenz in der anthroposophischen Bewegung. Aber die Steigerung der polaren Kräfte von Abel und Kain war nach meiner Meinung noch nie so klar vor unsere Augen geführt wie heute. Abel und Kain, Wasser und Feuer - sie stellen sich als zwei polare Haltungen und Qualitäten dar, welche erst im modernen Rosenkreuzertum konkret vereint werden können.

Und die Polarisierung der beiden Kräfte stellt uns, die sich mit dem Werk Steiners beschäftigen, in eine nicht leichte Probe. Allerdings sind diese Kräfte ein Ausdruck des Menschheitskarmas. Deshalb ist die Polarisierung selbstverständlich auch sonst in der ganzen Welt wirksam.




Eine einseitige Entfaltung des Abel-Wasser-Prinzips ist nach meiner Erkenntnis z.B. in einem gesteigerten Autoritätsglauben oder in einer religiösen Gehorsamkeit zu finden, wie sie im Zusammenhang mit dem Papst im Sinne der Unfehlbarkeit seiner göttlichen Autorität heute noch praktiziert wird. Die Abel-Strömung, die das Wasser-Element repräsentiert, verkörpert eine kostbare Qualität, sich zu einem selbstlosen Gefäss des Geistigen zu machen. Verhärtet diese Tendenz aber und weicht von der Mitte ab, dann verwandelt sie sich zu einer ungesunden "Selbstaufgabe". Und gerade diese Selbstaufgabe ist der Hintergrund des starken Autoritätsglaubens an eine Person, welche wie ein Heiliger oder ein Retter von den anderen Menschen streng unterschieden wird. Innerhalb der anthroposophischen Bewegung sehe ich diese Tendenz bei den Anhängern von Judith von Halle.

Die Selbstlosigkeit, in der man sich für ein geistiges Ideal einsetzt, finde ich ein wunderbares Merkmal der Deutschen, das ich sehr schätze. Aber gerade diese Selbstlosigkeit kann sich unter Umständen zu einer fanatischen Selbstaufgabe und zu einem extremen Autoritätsglauben steigern, so wie im zweiten Weltkrieg - diesbezüglich sind die Deutschen und die Japaner erstaunlich ähnlich - , kann ihre ursprüngliche Stärke, sich selbstlos und idealistisch dem Wichtigen zu dienen, zu einer Gefahr im Sinne des Selbstverneines werden.



Man sucht den Schwerpunkt der Entwicklung im Gnade Gottes und will die freie Eigenständigkeit der einzelnen Menschen zurückdrängen. Etwas, was in einer zurück liegenden Periode der Entwicklung in Mitteleuropa berechtigt war, will sich in der gegenwärtigen Zeit genauso wie früher weiter fortpflanzen. Das Gute in einer früheren Zeit, ist nicht mehr gut, wenn es in einer späteren Zeit genauso wieder auftaucht und sich zur Geltung bringt. Das ist ein Urprinzip der Entwicklung. Auch diese Tendenz sehe ich am klarsten im Verlag für Anthroposophie und bei den Anhängern um Judith von Halle.

Ich habe keine Absicht, den Impuls der Person von Judith von Halle ganz zu verneinen, denn ich verstehe so, dass sie eine Strömung - egal ob sie eine die anthroposophischen Aufgaben direkt fördernde oder eher hemmende Strömung ist, weil eine Strömung, die von einer Hauptströmung deutlich abweicht, trägt dennoch der gesamten Entwicklung der anthroposophischen Bewegung bei, weil die gewissen Hindernisse unbedingt für eine echte Entwicklung nötig sind- repräsentiert, so wie die anderen Menschen ihre Strömungen und Ansätze vertreten. Auch die Art, wie sie ihre historischen Wahrnehmungen um die Zeitenwende vertritt, ist ihre freie Sache.

Aber z.B. eine Tendenz, die ich sowohl an ihr (vor allem in ihrem Buch "die Christusbegegnung der Gegenwart" oder in ihren Artikel im Goetheanum Nr. 45, 2010 über die Nahrungslosigkeit) als auch bei vielen Anhängern von ihr beobachte, finde ich problematisch.

Das ist die Art, etwas Heiliges und Auserwähltes in einer gesteigerten Verehrungshaltung hervorzuheben und damit - ob sie wollen oder nicht - auch das Nicht-Heilige und das Nicht-Auserwählte als Gegenpol zu verneinen.
Im Artikel über die Nahrungslosigkeit im Goetheanum erwähnt sie, dasss der Mensch nicht dazu verdammt sei, ewig in dem Zustand zu bleiben, in dem man die irdische Nahrung aufnehmen muss. Dieser Ausdruck ist für mich nicht akzeptabel, denn das ist eine pauschale Verurteilung der irdischen Nahrungsaufnahme aus einer religiös-moralischen Interpretation heraus.

Nach ihr ist nur derjenige Mensch wie sie göttlich und heilig, der ohne eigene Willensanstrengung als Gnadenakt keine irdische Nahrung mehr zu sich nimmt. Liest jemand diesen Text, der normale Nahrung aufnimmt, fühlt er in sich ein Scham-oder Schuldgefühl auch Angst und Unsicherheit, sogar Zweifel an der moralischen Qualität seines eigenen Daseins, weil nach der Interpretation von Judith von Halle eine Aufnahme irdischer Lebensmittel "degeneriert" ist. Für mich ist das Verursachen solcher Gefühle moralisch nicht in Ordnung, denn wir leben nicht im Mittelalter. Heute schwächt solches Schuldgefühl das Ich der einzelnen Menschen.


Im Artikel wird nach meiner Meinung eine entscheidende geistige Tatsache übergangen, dass der Mensch gerade durch den Sündenfall Freiheit und Erkenntnisfähigkeit gewann. Wertet man auf pauschale Weise die irdische Nahrungsaufnahme ab, dann verneint man nicht nur die Tat der Widersacher, sondern zugleich Freiheit und Erkenntnisfähigkeit der Menschheit.


Rudolf Steiner war derjenige, der gerade durch das Aufzeigen der wichtigen Bedeutung der Widersacher für die Entwicklung uns aus dem Bann des alten Glaubens - wir sind alle gefallen wegen des Widersachers und durch den Sündenfall und wurden arme Opfer - heilsam befreit hat. Die Widersacher haben uns nicht nur zu einem tragischen Schicksal geführt, sondern uns ein wunderbares Geschenk der Freiheit mitgegeben. Dieser Aspekt ist ungeheuer befreiend. Diese Auffassung rettet den Menschen aus einer passiven Ohnmacht und erweckt in ihm die Kraft des Ichs - die Bejahung des Gewesenen und die Eigenständigkeit jedes Menschen.

Der Christus ist derjenige, der dieses Geschenk der Widersacher nicht ablehnt oder verurteilt - er baut im Gegenteil dazu darauf weiter, damit der Mensch wieder zu seiner geistigen Höhe aufsteigen kann. Es geht nicht um eine Rückentwicklung, sondern um die Vorwärtsentwicklung durch den Sündenfall hindurch. Durch Steiners Auffassung über die Widersacher kann der moderne Mensch beginnen, den ätherischen Christus und das manichäische Prinzip zu verstehen - die Widersacher sollen nicht verabscheut oder bloss vermieden werden, sondern in einer starken Liebe der menschlichen Seele verwandelt werden.
Wenn man heute zu sehr etwas Heiliges sucht, verliert man dadurch die Seelenliebe zu den Menschen. In einer starken Verehrung und in der Suche nach etwas Heiligem kann zwar eine Liebe zum Geist aktiviert werden, aber nicht die wirklich die Menschen wärmende Liebe.

Durch die Trennung des Heiligen von dem Nicht-Heiligen entsteht der Eindruck: Man verabscheut die Widersacher, die das Heilige zerstören wollen. Das Gute und das Böse werden in einem Schwarz-Weiss-Urteil streng von einender getrennt. Diese Art der moralischen Haltung widerspricht nach meiner Erkenntnis den gegenwärtigen Impuls des ätherischen Christus. Die Heilig-Verehrung der Anhänger von Judith von Halle ist nicht mehr zeitgemäss. Sie ruft eine starke Polarisierung in der Welt hervor.

Der ätherische Christus ist das Wesen, das im Sinne des modernen manichäischen Impulses gerade die dunklen Schatten der Widersacher für ihre Wandlung in sich bewusst integriert hat. Darin besteht ja das Wesen seiner zweiten Kreuzigung in der ätherischen Welt im 19. Jahrhundert. Der ätherische Christus strömt die gleiche Liebe allen Menschen zu, egal ob sie heilig erscheinen oder nicht, denn es gibt keinen solchen Unterschied vor seiner universellen Liebe.


Das ist ein unverwechselbares Merkmal des ätherischen Christus. Er schickt uns allen die Kraft der wahren Liebe zu, welche mit sentimentaler Harmoniesucht oder mit der blossen Freundlichkeit nichts zu tun hat. Seine Liebe besitzt eine Kraft, gerade die oben genannte sektiererische Trennung zwischen dem Heiligen und dem Nicht-Heiligen aufzuheben. Der Christus will heute nicht das Heilige, welches das Nicht-Heilige verabscheut, im Menschen erwecken, sondern die Liebe, welche die alte Art der Trennung des Heiligen von dem Nicht-Heiligen, die Trennung des Auserwählten von dem Nicht-Auserwählten aufzuheben vermag. Der Christus hebt die alte Gewohnheit der Menschheit auf, den strengen Klassen-Unterschied der Menschen je nach ihrer angeblichen Heiligkeit aufrechtzuerhalten. Gerade für die Entwicklung der kraftvollen Liebe im Innern braucht der Mensch eine Eigenständigkeit im hohen Masse. Sie kann ohne das Ablegen eines starken Autoritätglaubens nicht zustande kommen. Die kraftvolle Liebe, die durch das Einwirken des Christus in der menschlichen Seele entstehen soll, ist höher als etwas Heiliges im alten Sinne, denn diese Liebe ist das eigentliche Ziel der Erdenentwicklung und ist zugleich die wahre Kraft der Auferstehung selbst.


Junko Althaus