▾

Sonntag, 5. Mai 2013

Durch wen sprach der Maitreya-Bodhisattva im 20. Jahrhundert ? Teil 3: Die Frage nach der Liebe zur Wahrheit







Die Fortsetzung von Teil 2

Nach dem Bericht von Heinz Matile und Andreas Meister über die Untersuchung an den sogenannten „Aufschreibungen von Polzer Hoditz“ wurden von Thomas Meyer zahlreiche Informationen von zweiter Hand ohne wissenschaftliches Gutachten als die echten Angaben von Steiner publiziert. Diese Informationen oder die Tagebucheintragungen von W. J.Stein über den Maitreya Bodhisattva, u.s.w. sind weit verbreitet unter den Anthroposophen, sodass  zahlreiche anthroposophischen Autoren die Informationen, die von Thomas Meyer veröffentlicht wurden, zitierten und sie für ihre Gedankenführung als zuverlässige Grundlage nahmen. Der Einfluss ist sogar bis in die japanischen Schriften eingedrungen. Nach dem Bericht von der Steffen Stiftung sogar Herr Prokofieff und Herr Peter Tradowsky und zahlreche Autoren gehören zu denjenigen, die mit der Gedankenführung in ihren Büchern von den Inhalten aus diesen Aufschreibungen ausgegangen sind. Jedem Leser werde ich empfehlen, die Bericht selber durchzulesen. http://www.steffen-stiftung.ch/pdf/ludwig_polzer.pdf
Wenn ich bis jetzt die Quelle einer fragwürdigen sogenannten Angabe Steiners untersuchte, landete ich fast immer bei Thomas Meyer vom Perseus Verlag. 



Ich habe inzwischen die Beschreibung von Thomas Meyer selber über eine  Tagebucheintragung von W.J. Stein gefunden. 
 Ich zitiere aus der obigen Seite: (fett: durch J.A.)

«Dieses Zitat beinhaltet eine Äußerung Rudolf Steiners gegenüber Friedrich Rittelmeyer aus dem Jahre 1921. Rittelmeyer seinerseits machte gegenüber Walter Johannes Stein Mitteilung von dieser Äußerung. Und Stein hielt sie in seinem Tage- buch folgendermaßen fest (siehe auch Faksimile):
«Rittelmeyer sagt: Im August 1921 sagte Dr. Steiner über Jeshu ben Pandira: Wenn wir noch 15 Jahre leben, können wir etwas davon erleben = 1936. Jeshu ben Pandira ist am Anfang des Jahrhunderts geboren. (Basel 1911).»
In dieser Form steht die Sache in den durch den Waldorflehrer Erich Gabert Ende der 50er Jahre abgetippten Auszügen aus Tagebüchern Steins. (Die Witwe Steins überließ Gabert nach Steins Tod im Juli 1957 zu diesem Zweck die damals noch vorhandenen Tagebücher für eine gewisse Zeit; deren Originalfassung muß wohl als verschollen gelten.) Eine dieser Kopien gelangte Ende der 70er Jahre in meine Hand, und so gab ich Robert Powell auf dessen Frage, ob sich bei Stein irgend etwas über den Bodhisattva des 20. Jahrhunderts finde, meinerseits eine Kopie dieser Steinschen Aufzeichnung in die Hand. Ich selbst habe sie dann in meiner 1989 erschienenen Auseinandersetzung zum «Fall Tom- berg» wörtlich publiziert (Elisabeth Vreede / Thomas Meyer; Die Bodhisattvafrage, Basel 1989, S. 165), allerdings unter Weglassung der mir unwesentlich scheinenden Steinschen Ergänzungen «1936» und «(Basel 1911)».

Ich habe lange angenommen (und mit mir wohl die meisten Vetreter der Bodhisattvaschaft Valentin Tombergs, denen diese Aufzeichnung bekannt ist), daß im Gespräch mit Friedrich Rittelmeyer beide Sätze dieser Steinschen Aufzeichung von Rudolf Steiner stammen.
Vor ein paar Jahren stieß ich dann jedoch in einem leider noch unveröffentlichten Typoskript von Friedrich Rittelmeyer («Unveröffentlichte Gespräche mit Dr. Steiner») auf S. 314 auf die folgende Äußerung:
«Es war im Hochsommer 1921. Ende Juli oder Anfang August. Die Sprache kam darauf, ob der Bodhisattva jetzt schon auf der Erde verkörpert sei. Dr. Steiner sagte: Wenn wir noch fünfzehn Jahre leben, können wir noch etwas davon erleben. Das waren seine Worte. Alles andere ist Kombination.»
Dieser von Rittelmeyer selbst stammenden Aufzeichnung ist zu entnehmen, daß der erste Satz der Steinschen Aufzeichnung mit Sicherheit von Rudolf Steiner stammt. Das «1936», der ganze zweite Satz wie auch das «(Basel 1911)» müssen hingegen als eine nicht gekennzeichnete Hinzufügung von Stein betrachtet werden. Geht man nämlich dem Klammerhinweis nach (den wohl niemand als eine Orts- und Zeitangabe der Geburt von Jeshu ben Pandira auffassen wollte), so kommt man auf den Vortrag Die Ätherisation des Blutes, den Rudolf Steiner am 1. Oktober 1911 in Basel gehalten hatte und der der einzige in Frage kommende Vortrag Steiners aus dem Jahre 1911 in Basel ist. In diesem Vortrag kommt R. Steiner auch auf Jeshu ben Pandira zu sprechen, von dem er angegeben hat, daß er der auf den Buddha folgende nächste, also auch der gegenwärtige und noch für über 4000 Jahre künftige Bodhisattva sei. Doch ist der zweite Satz der Steinschen Aufzeichnung darin weder wörtlich noch singemäß zu finden. Dieser zweite Satz muß deshalb als Zutat Steins betrachtet werden, der den Basler Vortrag vielleicht nur aus der Erinnerung betrachtete und der wohl glaubte, darin eine derartige Zeitangabe über die Geburt von Jeshu ben Pandira antreffen zu können.»



Ich zitiere noch einmal kurz die Stelle, die direkt von Rittelmeyer stammen soll:
«Es war im Hochsommer 1921. Ende Juli oder Anfang August. Die Sprache kam darauf, ob der Bodhisattva jetzt schon auf der Erde verkörpert sei. Dr. Steiner sagte: Wenn wir noch fünfzehn Jahre leben, können wir noch etwas davon erleben. Das waren seine Worte. Alles andere ist Kombination.»

Ich weiss zwar nichts über die Echtheit von den oben genannten "Unveröffentlichte Gespräche mit Dr. Steiner" von Rittelmeyer. Ich kann nur dazu sagen, dass ich im obigen Zitat keine inhaltlich neue Angabe finde. Rudolf Steiner sprach am 4. 11. 1911 in Leibzig (GA 130, Der Vortrag "Jesu ben Pandira – Der Vorbereiter für ein Verständnis des Christus-Impulses, Karma als Lebensinhalt") :
«Er ist nun der Bodhisattva der Menschheit, bis er einst nach drei tausend Jahren, von heute an gerechnet, seinerseits zum Buddha aufgerückt sein wird. Er wird also gerade fünftausend Jahre brauchen, um aus einem Bodhisattva ein Buddha zu werden. Er, der nahezu alle hundert Jahre einmal verkörpert gewesen ist seitdem, er ist auch jetzt schon verkörpert und wird der eigentliche Verkünder des Christus im ätherischen Gewande sein, gleich wie er damals den Christus als physischen Christus vorausverkündete. Und viele von uns werden es noch selbst erleben, dass es in den dreissiger Jahren Menschen geben wird – und später im Laufe diese Jahrhunderts immer mehr und mehr –, die den Christus in ätherischen Gewande schauen werden. »

Die obige Stelle wurde auch von Adolf Arenson im seinen Vortrag erwähnt. Wenn ich die obige wort-wörtliche Aussage Steiners mit dem Inhalt aus der angeblichen Aufzeichnung von Rittelmeyer vergleiche, kann ich einen wirklich neuen Hinweis für diesesThema bei Rittelmeyer nicht finden. Es war wohl kein Geheimnis, dass der Bodhisattva damals verkörpert war. Das war schon im Jahr 1911 bekannt gegeben und jeder kann es nachlesen. Nach der angeblichen Eintragung von Rittelmeyer hat man (oder er?) 1921 das Thema wieder neu aktiviert, das bereits im Jahr 1911 von Steiner ausgesprochen wurde: die gegenwärtige Verkörperung des Bodhisattva, die vor 10 Jahren bereits ausgesprochen wurde. Hochsommer 1921 – zum Zeitpunkt, der in dem obigen angeblichen Zitat von Rittelmeyer vorkommt, sprach Steiner nach langer Zeit wieder in ausdrücklicher Art über den Maitreya-Bodhisattva. Allerdings nicht «Ende Juli oder Anfang August», sondern Ende August 1921 in England.

Der Ausdruck :"Wenn wir noch fünfzehn Jahre leben, können wir noch etwas davon erleben. " scheint auch die von Steiner stammende Zeitangabe von Mitte der dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts, wo ein besonders wichtiger Zeitpunkt für die Wiederkunft des Christus sein soll, zu bestätigen. So aus der obigen oder den ähnlichen Darstellungen Steiners kann man dazu kommen, dass von der Maitreya-Wesenheit, die damals bereits verkörpert ist, gerade in den dreissiger Jahren ein gewisses Wirken ausgehen kann. Aber die Richtigkeit der angeblich korrekten Eintragung Steins "Jeshu ben Pandira ist am Anfang des Jahrhunderts geboren" kann nicht bestätigt werden. Gerade diese Angabe, "Jeshu ben Pandira ist am Anfang des Jahrhunderts geboren", die nicht nachprüfbar ist, hat bis jetzt vor allem so viele Verwirrungen verursacht.



Die undurchsichtige und nicht nachprüfbare Quelle ist aber bereits als gesicherte Informationen unter den Anthroposophen weit verbreitet. Zum Teil werden solche Informationen, die nicht nachprüfbar sind, aber auch die übersinnlichen Wahrnehmungen oder Durchsagen von einer angeblichen geistigen Wesenheit, die aber ganz von der Darstellung Steiners abweichen, sehr ernst genommen, sodass aufgrund ihrer Inhalte dann die authentischen Wortlaute Steiners verneint werden. Dies bedeutet der Verlust der gemeinsamen Forschungsgrundlage. Und das verursacht unweigerlich die unfruchtbaren Streite unter den Menschen. 

Die Verbesserung des unbedachten Umgangs mit den undurchsichtigen Quellen werden nicht zu erreichen sein, ehe wir nicht das Respekt- und Verantwortungsgefühl gegenüber der Wahrhaftigkeit in uns zur Steigerung bringen. Ich schreibe dies nicht, um eine Sensation zu erzielen oder um jemanden zu tadeln. Ich nehme es als eine Gelegenheit hin, an der man die neue Aufgabe entdeckt. Dieser Fall lehrt mich, dass die Wachsamkeit gegenüber den grundsätzlichen Arbeitsprinzipien für die Forschung bis jetzt vernachlässigt wurde. So wie ich in den letzten Artikeln schrieb, handelt es sich dabei zuerst nicht einmal um eine spezifische Disziplin, die nur für die Geisteswissenschaft gilt, sondern es geht um eine ganz grunsätzliche und prinzipielle wissenschaftliche Arbeitshaltung, die jede seriöse und saubere Forschung und Urteilsgrundlage betrifft. 

Ich liebe die saubere Forschung über alles und kann nicht zusehen, wenn diese kostbare Errungenschaft der Menschheit verletzt wird oder verloren gehen würde. Eine Wahrheit, die als solche erkennbar ist, ist für mich etwas Göttliches. Ich empfinde im höchsten Mass Ehrfurcht vor ihr. Ein Erhalten der Grundprinzipien für eine saubere Forschung möchte ich für die Zukunft unbedingt schützen helfen.


 Teil 4 folgt























Freitag, 3. Mai 2013

Durch wen sprach der Maitreya-Bodhisattva im 20. Jahrhundert ? Teil 2: Disziplin im Umgang mit der Inkarnationsangabe





Teil 2: Disziplin im Umgang mit der Inkarnationsangabe




Die Frage nach dem Umgang mit dem Inkarnationsurteil
  

Der Herausgeber der Vorträge Arensons und Thomas Meyer, der das Buch "Die Bodhisattvafrage" herausgab, werfen Arenson vor, dass seine Äusserungen wiedersprüchlich seien, weil er einserseits Steiner als Träger des Maitreya-Bodhisattva bezeichnet, dennoch das Urteil nicht ausdrücklich festhalten wollte, dass Steiner die Reinkarnation der Maitreya-Wesenheit war. Es verwundert mich aber, dass dies für sie ein Problem zu sein scheint, denn es war mir schnell klar, wieso Arenson so vorging.

Ein Grund, wieso Arenson solch ein definitives Urteil: "Steiner sei der reinkarnierte Maitreya-Bodhisttva im 20. Jahrhundert" vermieden hat, liegt für meine Empfindung darin, dass Arenson in jedem Fall den Personenkult um Steiner vermeiden wollte. Diese Intention von ihm ist im ganzen Kontext spürbar. Wenn man das Urteil öffentlich ausspricht, welche Person heute die Reinkarnation von einer besonderen Individualität sei, beginnt dieses Urteil einen Alleingang im Sinne einer Sensation. Dies geschieht schnell, auch wenn derjenige, der es tut, nicht einen solchen Effekt beabsichtigt. 

Wir gehen etwas weg von dem Thema Bodhisattva, um das Thema einmal von der Seite der Forschungsdisziplin näher zu betrachten.


Beispielsweise begründen manche Beschützer von Frau von Halle in der Öffentlichkeit die besondere Bedeutung ihres Wirkens in der Behauptung: Sie sei die reinkarnierte Edith Maryon. Unabhängig davon, ob es richtig oder falsch ist, kann ein solcher Gesichtspunkt in keinem Fall die Qualitäts-Garantie für ihre Schriften sein. Wer sie im letzten Leben gewesen ist, kann genauso wie ihre eventuelle Nahrungslosigkeit oder die Wundmale kein Beweis für die allgemeine Richtigkeit der Darstellung in ihren Schriften sein. Ein solcher Gesichtspunkt der Inkarnation kann die bestehende Notwendigkeit für eine sachliche Auseinandersetzung mit ihren schriftlichen Darstellungen nicht ersetzen. In den Urteilen und in den Darstellungen bei Frau von Halle fehlen für zahlreiche Menschen die klaren Zusammenhänge.

Herr M. Heinen-Anders schreibt in der Rezension Amazon zur Schrift "Zeitreisen Ein Gegenbild Anthroposophischer Geistesforschung" in der folgenden Art: 
"Leider tut Prokofieff seinem Anliegen, nämlich über Judith von Halles 
Stigmatisation aufzuklären keinen Gefallen. Er schafft es nicht, die der Autorin 
Judith von Halle verliehenen Geistesgaben zu unterscheiden in a) 
die durch die Stigmatisation gewonnene Fähigkeit die Ereignisse um 
das "Mysterium von Golgatha" gewissermaßen "hautnah" miterleben zu können, 
was der Autor "Zeitreisen" und "leibgebundenes" atavistisches Sehen" nennt - und in b) die bei Judith von Halle schon von Kindheit auf, und seit ihrer Stigmatisation noch 
in verstärktem Maße aufgetretene Gabe einer karmischen Hellsichtigkeit, 
herrührend aus einer vergangenen Inkarnation als Edith Maryon (einer Mitarbeiterin Rudolf Steiners bei der Schaffung der Holzplastik 
des "Menschheitsrepräsentanten Christus" zwischen Luzifer und Ahriman)....."

(Fett durch J.A.)

Ich denke, dass Herr Heinen-Anders mit der obigen Darstellung die gesunde Entwicklung der Arbeit von Frau von Halle erschwert. In einer offiziellen Nachschrift einer esoterischen Stunde von Steiner aus GA 266/2 findet man dazu ein mahnendes Wort. Darin begegnet man wieder einer konsequenten Disziplin Steiners im zurückhaltenden und intimen Umgang mit der Thematik der Inkarnation:

(Esoterische Stunde 26.8. 1911, GA 266/2, Seite 201-202)
«Aber unrecht sei es, wenn eine bestimmte lebende Persönlichkeit als die Inkarnation dieser oder jener Wesenheit hingestellt würde – möge es nun auf Wahrheit beruhen oder nicht. Es sei eines der wichtigsten okkulten Gesetz, solche Verkündigungen über lebende Menschen nicht zu machen in der Öffentlichkeit. Etwas anders sei es in einer esoterischen Stunde, wo nachgefühlt und nach gespürt werden könne, wie dieses wirkt und wie es aufgenommen wird von den einzelnen.
Es ist heute eine Zeit, in der die Menschen besonders leicht in Irrtümer verfallen. Eine solche Verkündigung würde verursachen, dass das Denken des einzelnen Hemmungen erleidet. Die Menschen würden dadurch in ihrem Denkvermögen zurückgehen. 
Ernstlich gewarnt muss werden vor solchen Veröffentlichungen, die zum Zweck der Propaganda gemacht werden, und ernstlich ablehnen muss man eine etwaige Aufforderung, an solcher Propaganda teilzunehmen, jedoch mit persönlicher vollster Toleranz und dem Gefühl des Friedens gegen die Persönlichkeiten, die diesen Irrtum begehen!»


Das Thema, Inkarnationen, verlangt von uns ein hohes Verantwortungsgefühl gegenüber der Wahrheit und noch zusätzlich ein feines Gefühl für die Intimität. Die Wirkung, die aus einer öffentlichen Behauptung eines solchen Inkarnationsurteils ausgelöst wird, verhindert die inhaltliche Vertiefung der Tatsache, die mit dem Wesentlichen einer solchen Inkarnation verbunden ist. Wenn eine solche Information leichtsinnig und ohne Intimität in der Öffentlichkeit weitergegeben wird, kann leicht ein Macht-Anspruch aufgrund einer solchen echten oder vermeintlichen Tatsache erhoben werden. Dies verhindert die Bildung der Grundlage einer seriösen Forschung. Aus diesem Aspekt gesehen finde ich die Vorgehensart von Arenson mutig, eigenständig, aber zugleich zurückhaltend. Und dieses Vermeiden der Aufdringlichkeit ist nach meiner eigenen Erfahrung sehr hilfreich, um eine gesunde seelische Hygiene in der Forschungsatmosphäre zu bewahren. Für mich ist ein Forschungsergebnis der Inkarnationen etwas sehr Intimes. Manche möchten von mir z.B. hören über meine frühere Inkarnation oder die konkreten Forschungsergebnisse über die Inkarnationen. Aber ich halte die Prinzipien Steiners fest. Ich gehe höchst behutsam mit einem solchen geistigen Forschungsergebnis um. 




Moralische Disziplin im Umgang mit der konkreten Angabe für die Inkarnation
Wir kehren auf die Zitate zurück, die im Buch "Die Bodhisattvafrage" von Thomas Meyer als Beweise angeführt werden. Sie machen mir einen merkwürdigen Eindruck, weil an ihnen die sonstige Disziplin Steiners nicht spürbar ist. Rudolf Steiner besass eine konsequente Disziplin im Umgang mit der Inkarnationsfrage. Seine Angaben in Bezug auf die Inkarnationsfrage waren höchst sparsam. Wer die Disziplin Steiners im Umgang mit der Inkarnationsfrage gut kennt, dem fällt sofort auf, dass die zwei von Thomas Meyer angeführten angeblichen Aussagen von Steiner merkwürdig sind. Steiner war mit dem Benennen der konkreten Zahlenangabe für eine Inkarnation sehr zurückhaltend.

In der Regel gab er dem fragenden Menschen nie eine ganz konkrete Angabe für irgendwelche Inkarnation, wenn man bloss schnell eine Antwort wollte. Vor allem, wenn man selber daran gar nicht  forschte, bekam man kaum einen Hinweis. Nur wenn man eigenständig und ernsthaft forschte, gab er die Andeutung, in welcher Richtig man weiter forschen soll. Nur in wenigen Fällen gab er dem Menschen eine konkrete Angabe für seine eigene frühere Inkarnation. Wenn jemand einfach aus  Neugierde zu ihm kam, um von ihm eine fertige Antwort entgegen zu nehmen, wurde er enttäuscht. Ohne intensive Forschungsbemühung bloss von ihm einen konkreten Hinweis mit Zahlenangabe u.s.w. konnte man nicht haben. Wenn er immer einfach so auf die Frage mit Ja oder Nein, z.B. geantwortet hätte und ausserdem einen genauen Zeitpunkt der Geburt einer Individualität vorausgesagt hätte, dann hätte man ja die ganze Geisteswissenschaft überhaupt nicht mehr benötigt. Sie wäre ganz überflüssig. Denn man brauchte ja einfach immer nur zu Steiner zu gehen ohne selber sich um eine Forschung zu bemühen!
Es gibt die Angaben von ihm, aber sie wurden in den Vorträgen gegeben. Steiner hat immer wieder verschiedene Dinge, die in der Zukunft vorkommen, vorausgesagt – z.B. dass er und viele der damaligen Mitarbeiter von ihm wieder am Ende des 20. Jahrhunderts zusammenarbeiten werden. Aber dies und die anderen konkreten Angaben wurden in den Vorträgen ausgesprochen. Und sie sind nicht einfach eine Voraussage, die man überhaupt nicht einordnen kann. Wenn er eine solche Zukunft-Angelegenheit angibt, dann sprach er auch von den Zusammenhängen, sodass man verstand und damit man eine Angabe besser nachvollziehen konnte. Sonst gab er oft in den privaten Gesprächen als Antwort nur Andeutungen. Er gab nicht bloss ein Ja oder ein Nein zurück, wodurch man seine Neugierde befriedigen konnte.

Die Notizbucheintragung von W. J. Stein und die Eintragungen einer anonymen Person, die angeblich richtige und authentische Aussagen Steiners wiedergeben sollen, zeigen aber eine grosse Abweichung von der obigen Umgangsdisziplin Steiners. 






Die fragwürdigen Beweisführungen und Quellen in den Schriften Thomas Meyers
Hier möchte ich noch einmal die Stellen zitieren. 

(Die Bemerkungen im Klammer durch J.A.)
«Walter Johannes Stein schrieb in sein Notizbuch über das Gespräch mit Friedrich Rittelmeyer: "Rittelmeyer sagt: Im August 1921 sagte Rudolf Steiner über Jeshu ben Pandira: Wenn wir noch 15 Jahre leben, können wir etwas davon erleben. Jesu ben Pandira ist am Anfang des Jahrhunderts geboren." » (Eine Bemerkung des Herausgebers des Heftes, Seite 82, Ergebnisse aus dem Studium der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, Rudolf Steiner-Studienzentrum, 1980, Verlag Die Kommenden GmbH)


Es ist sehr merkwürdig, wenn eine solche sehr konkrete Angabe ganz persönlich nur Rittelmeyer anvertraut worden wäre. Steiner konnte eine wichtige Tatsache aus der früheren Inkarnation dem betreffenden Menschen andeuten, weil es für den Menschen eine wichtige Bedeutung hat. Aber hier in der obigen angeblichen Aussage Steiners ist es ganz zusammenhanglos, wieso gerade Rittelmeyer dies wissen sollte. Dies ist keine persönliche Angabe, die die Person Rittelmeyer direkt betrifft. Es ist eine Information, die alle andern Menschen auch genauso betrifft. Hat Steiner einfach zufällig oder willkürlich, aus Lust und Laune heraus einem Menschen so eine besondere Angabe weitergegeben? In dem obigen Fall ist der Grund für eine solche konkrete Angabe nicht ersichtlich. Dies weicht so stark vom sonstigen disziplinierten Verhalten von Steiner ab.
1. Wieso sprach er von einer solchen konkreten Zeitangabe?
2. Wieso sprach er allein nur zu Rittelmeyer so konkret?
3. Wieso hat er dies dann den andren Menschen vorenthalten?
4. Wieso hat er die Zusammenhänge dazu nicht gegeben?
5. Wieso hat Rittelmeyer eine solche besondere Information nicht selber authentisch hinterlassen?
6. Wieso hat Rittelmeyer es einfach so an andere Menschen weiter gegeben?

Diese Fragen ergeben sich in meinem Bewusstsein sofort. Diese Ungereimtheiten sind klar genug, dass ich diese Angabe von W. J. Stein für nicht authentisch oder für nicht korrekt wiedergegeben halten muss.



«Er (Günther Wagner) möchte doch Dr. Steiner danach (ob er der Maitreya-Bodhisattva ist oder nicht) fragen. Und er bekam die Antwort: Ich bin es nicht. Bei dem darauffolgenden ersten Abend in Berlin referierte Dr. Steiner, was in den verflossenen Monaten alles geschehen sei. Und er erwähnte auch die Vorträge in Bern. Dabei unterbrach er sich in der Schilderung und sagte mit einem Unterton in der Stimme: Im übrigen möchte ich für die, die immer gleich bereit sind, aus ihrer Phantasie heraus Inkarnationen zu ersinnen, in Parenthese hinzufügen, dass ich mit meiner Individualität mit dem Jesu ben Pandira nichts zu tun habe.
Die private, als zuverlässig zu betrachtende Aufzeichnung dieser wichtigen Mitteilung wurde dem Verfasser (Thomas Meyer) von deren Empfänger dankensweise zur Verfügung gestellt. » (Seite 247, Die Bodhisattvafrage, Elisabeth Vreede, Thomas Meyer, Pegasus Verlag, Basel, 1989)

1. Wieso kann er auf eine solche Frage bloss Ja oder Nein antworten? Eine solche Antwort hilft niemand im Vorwärtskommen mit der Fähigkeit zur Geisterkenntnis. Eine solche blosse Antwort schadet sogar der Entwicklung für eine eigenständige Forschung.

2. Wieso gibt er die Antwort: "Ich habe mit meiner Individualität mit dem Jesu ben Pandira nichts zu tun", wenn er vorher selber gesagt hatte, dass eine solche Frage nur aus einer Neugierde heraus gestellt wird? Wieso gab er eine solche Antwort, die also bloss diese Neugierde  befriedigen soll, aber keiner eigenständigen Forschung oder Erkenntnis dient. Er würde mit einer solchen Antwort die Menschen gerade von seiner Antwort abhängig machen. Ein solches Verhalten ist weit entfernt von der inneren moralischen Disziplin Steiners.


Dadurch kann ich auch diese angeblich authentische Aussage Steiners von sogenannt zweiter Hand für nicht echt und korrekt halten. 

Ich habe mich entschlossen, diese Merkwürdigkeit zu beschreiben, weil ich dieser Art der fragwürdigen Beweisführung durch die Tagebuch- oder der Notiz-Eintragungen bereits früher bei Thomas Meyer begegnet bin. Dies betrifft die äusserst konkrete Zeit- und Ort-Angabe der nächsten Inkarnation von Steiner selber. 

«Eine ihn selbst betreffende, ganz direkte Äußerung machte Rudolf Steiner 1922 in Stratford-upon-Avon. Eine Tagebuchaufzeichnungvon W. J. Stein lautet: «Caroline von Heydebrand [eine Lehrerkollegin an der Stuttgarter Waldorfschule] sagt: in Stratford 1922 sagte Dr. Steiner, er komme in 80 Jahren in Amerika wieder, das wäre auf das Jahr 2002.» 
(Seite 217  (Ausgabe 1999) Ehrenfried E. Pfeiffer: Ein Leben für den Geist. Ehrenfried Pfeiffer (1899 - 1961) (1999), Pegasus Verlag)

Ich weiss nicht, wie es genau damit steht, dass diese Angabe aus der angeblichen Tagebuchaufzeichnung von W.J. Stein (abermals wieder die Tagebuchaufzeichnung von W.J. Stein)in der Biographie über E. Pfeiffer auftaucht. Und der Verfasser des Buches ist Thomas Meyer von Pegasus Verlag. 

Als ich vom Inhalt des Zitates hörte, war es für mich sofort offensichtlich, dass es sich um eine Verfälschung handelt. Erst nachher war ich erstaunt darüber, dass nicht wenige Menschen diese angebliche Angabe ernst nahmen. Dies war für mich ein Beweis, dass die moralischen Disziplin Steiners im Umgang mit diesen Dingen kaum bekannt sind. Steiner sagte, dass er nicht weiss, wann er stirbt. Es wäre höchst merkwürdig, wenn er dennoch so genau und konkret mit Ort und Zeit die nächste Inkarnation gewusst hätte. Ausserdem – Was für einen Sinn besteht für eine solche Angabe? Sie ist eine Antwort, die nur die Neugierde befriedigen kann, aber dem eigenständigen Denken schadet. 


Zusammenfassend werden die bereits erwähnten Aufzeichnungen aufgezählt, die von zweiter Hand sind, aber ohne dass der Leser ihre Echtheit nachprüfen kann, die jedoch als zuverlässige Angaben R. Steiners von Thomas Meyer behandelt werden. Dies betrachte ich als undurchsichtige und unwissenschaftliche Vorgehensweise.

1. eine Tagebucheintragung von W. J. Stein
eine angebliche Aussage von Steiner, die Rittelmeyer zu Stein weitergegeben haben soll

2. eine Aufzeichnung einer anonymen Person, die von Walter Vegelahn gehört haben soll, was Steiner gesagt hat. 

3. eine Tagebucheintragung von W. J. Stein
Eine angebliche Angabe von Steiner über seine eigene kommende Inkarnation, die Caroline von Heydebrand zu Stein weitergegeben haben soll


Soweit ich mich auskenne, gibt es noch eine ähnliche Quelle für Thomas Meyer. Das sind die angeblichen Aufschiebungen von Polzer-Hoditz, die Thomas Meyer besitzen soll. Darin sind viele einzelne Angaben über die Inkarnationen zu finden, die zum Teil die Individualität von Albert Steffen betrifft. 
Heinz Matile / Andreas Meister haben die Echtheit des Tagebuches untersuchen lassen und kamen zum Urteil, dass dieses Tagebuch gefälscht ist. 




Teil 3 folgt






















Donnerstag, 2. Mai 2013

Durch wen sprach der Maitreya-Bodhisattva im 20. Jahrhundert ? Teil 1 Die Schrift "Die Bodhisattvafrage" von Thomas Meyer und die Frage nach der Urteilsgrundlage





Teil 1: Die Schrift "Die Bodhisattvafrage" von Thomas Meyer und die Frage nach der Urteilsgrundlage 


Bemerkung:
Der folgende Text wurde zu der alten Ausgabe (1989) von "Die Bodhisattvafrage" geschrieben. Ich habe erst nach der Veröffentlichung dieses Artikels von der neuen Auflage des Buches (2010) erfahren, in dem nicht nur die Vorträge von Elisabeth Vreede, sondern nun auch die von Adolf Arenson abgedruckt sind. Ich werde noch in die neue Ausgabe hineinschauen.
 


Durch die Schrift von Herrn Sergej O. Prokofieff "«Zeitreisen» ein Gegenbild Anthroposophischer Geistesforschung" (2013, Verlag am Goetheanum) ist eine sehr wesentliche Frage aktualisiert, die für meine Empfindung bisher zu wenig berührt worden ist: die Methode der geistigen Forschung, die Rudolf Steiner uns vermittelt hat. 

Für mich persönlich ist in den Werken Steiners vor allem Inhaltlichen die Forschungsmethode, die durch ihn vertreten wurde, sehr wichtig. Ich liebe und schätze seine saubere methodische Vorgehensweise, in welcher auch die beste Seite der Wissenschaftlichkeit sich darstellt, die zuerst vor allem hier in der westlichen Zivilisation entwickelt wurde. Das war auch ein Grund für mich, von Japan nach Europa zu kommen. Diese Seite hat Steiner mit allen gewissenhaften Wissenschaftlern aus aller Welt gemeinsam, die ohne Dogmatik arbeiten. Diese Tatsache ist für mich persönlich viel mehr wert als seine Hellsichtigkeit. Wenn sie in seiner Geisteswissenschaft nicht vorhanden wäre, hätte ich mich nie intensiv mit seinem Werk beschäftigt. Wenn diese saubere wissenschaftliche Vorgehensweise vernachlässigt wird, hat eine Beschäftigung mit den spirituellen Dingen für mich persönlich keinen Reiz mehr. 





Der Beginn der Erscheinung des Christus im Ätherischen im letzten Jahrhundert und die Frage nach dem Maitreya-Bodhisattva

Über die Frage: "Wer ist der Maitreya-Bodhisattva im 20. Jahrhundert ?", wurde häufig unter den Schülern Rudolf Steiners diskutiert. Diese Frage bewegte die Schüler schon zu seiner Lebzeit sehr. Der Grund dafür kann nicht bloss als Neugierde abgetan werden. Denn es war eine Frage, die mit der speziellen Zeitqualität innig verbunden war. Die Schüler R. Steiners hatten dann nach seinem Tod eine dringende Frage, wie man das kommende Ereignis ab den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts – die Wiederkunft Christi im Ätherischen, vorbereiten soll. Einige von ihnen fühlten sich sehr verantwortlich, weil Steiner die Anthroposophie als Vorbereitung für die Erscheinung Christi im Ätherischen bezeichnet hatte. Der Maitreya-Bodhisattva wurde dabei von ihm als der Verkünder des ätherischen Christus dargestellt. Es war und ist bis heute ein Herzensbedürfnis vieler Menschen, zu fragen, wo dieser Maitreya ist und – vor allem – was er für die Erscheinung Christi im Ätherischen den Menschen vermitteln will. 

Manche Schüler haben die Meinung vertreten, dass sie nirgendwo anders als im Wirken R. Steiners den grössten Beitrag für das Wirken des ätherischen Christus sehen könnten. Adolf Arenson sprach in den von Spannung beladenen dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts davon, dass er die Sorge habe, dass der Maitreja-Bodhisattva und sein Impuls im 20. Jahrhundert nicht erkannt werde. Diese Besorgnis von ihm ist aus der heutigen Sicht sehr bedeutsam, weil genau in dieser Zeit innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft die schweren Konflikte eskalierten und draussen die politische Macht Hitlers aufstieg. In diesem historischen Kontext stieg die Besorgnis in existentieller Weise im Herzen Arensons. Er begann damals die Vorträge über den Maitreya-Boddhisattva zu halten aus dieser echten Besorgnis heraus, als ob er schon genau vorausgeahnt hätte, was bald in der A. Gesellschaft und in der Weltpolitik auszubrechen drohte.



Der Maitreya-Bodhisattva und seine Bedeutung für die Geburt der eigenen Geistesrichtung durch R. Steiner im Jahr 1912/13

Der Maitreya-Bodhisattva hat unmittelbar mit der Geburt der Anthroposophischen Bewegung zu tun. Ohne die Charakterisierung des Maitreyas durch Steiner und die damit verbundene Abgrenzung der Gruppe um R. Steiner von den restlichen Theosophen hätte sich keine eigenständige Vertiefung der Geisteswissenschaft als Anthroposophie stattfinden können. Diese Thematik des Maitreya und der Wiederkunft des Christus im Ätherischen, ist unmittelbar mit dem Geburtsimpuls der Anthroposophie verbunden.

Nachdem die Annahme, dass der indische Junge Krischnamurti als der Träger des Maitreyas gesehen werden sollte, von Annie Besant innerhalb der Theosophischen Gesellschaft verbreitet wurde, schied sich R.Steiner zuletzt 1912/1913 mit zahlreichen Schülern von der T. Gesellschaft aus. Es war die Geburtsstunde der Anthroposophie auf der Erde als eine eigenständige Richtung. In dieser Zeitperiode sprach R. Steiner viel von dem Maitreya-Bodhisattva. In fast allen Vorträgen, in denen er über die Wiederkunft Christi gesprochen hat, sprach er auch vom Maitreya-Bodhisattva. Er wurde als der Verkünder des Christus im Ätherischen, als der grösste Bringer des Christus-Impulses bezeichnet. Man hat den Eindruck, als ob das Benennen und das Charakterisieren dieses Bodhisattvas eine geistige Pflicht gewesen wäre, als er über dieses Zukunftsereignis, die Wiederkunft Christi in der Mitte des 20. Jahrhunderts, gesprochen hat.



Die Bemühung Arensons um die Frage nach dem Maitreya-Bodhisattva

In den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts hat Adolf Arenson einen Vortrag über den Maitreya-Bodhisattva gehalten. Darin schilderte er, dass wohl Rudolf Steiner selber der Träger des Maitreja-Bodhisattva im 20. Jahrhundert gewesen ist. Er entwickelt in einer vorsichtigen Vorgehensweise diese These, sodass er den Charakter des Meitreya-Bodhisattva, wie Rudolf Steiner ihn schilderte, sauber zusammenstellt und  mit den konkreten Errungenschaften und Leistungen R. Steiners vergleicht. Man kann in seinen Vorträgen feststellen, dass er ein sehr feines und sensibles Unterscheidungsvermögen für die Begrifflichkeit und die sprachlichen Ausdrücke besitzt. Und durch die Anwendung dieser Fähigkeit bemüht er sich um  Klarheit. Allerdings  – weil er im Ausdruck sehr exakt bleiben wollte, vermied er in seinem Vortrag "Rudolf Steiner und der Bodhisattva des 20. Jahrhunderts" ein festes Urteil auszusprechen, z.B: dass Rudolf Steiner der reinkarnierte Maitreya-Bodhisattva sein soll. Er wich einem solchen festen Urteil aus, weil er durch eine intensive Untersuchung an dem Thema genau wusste, dass die Inkarnation und Inkorporation einer solchen Wesenheit wie des Bodhisattvas viel komplizierter ist als die Inkarnation eines normalen Menschen. Er wollte nur die Zusammenhänge, die aus den Tatsachen hervorgehen, schildern und bemühte sich um die möglichst klare Formulierung der erkannten Zusammenhänge. Er kam dadurch darüber zu sprechen, dass die Impulse der Maitreya-Wesenheit im 20. Jahrhundert qualitativ klar und intensiv von Steiner vertreten wurden. Aber Arenson vermied, Steiner als den inkarnierten Maitreya-Bodhisattva zu bezeichnen, weil er eine Scheu vor diesem Ausdruck empfand, weil er die von ihm wahrgenommen geistigen Zusammenhänge möglichst exakt darstellen wollte. Einen Gesichtspunkt, den er in seinem Erkenntnisprozess noch nicht ganz reif fand, hat er lieber nicht ausformuliert. Dadurch hat er die Sache offen gelassen. Diese Art der Vorgehensweise von Arenson kommt mir sehr vertrauenswürdig, ehrlich und offen vor. 




Die Frage nach der allgemeinen Wissenschaftlichkeit in der Urteilsfindung 


Merkwürdig sind aber die Kommentare des Herausgebers (oder der Herausgeber? Man kann nicht wissen, wer diese Hefte zusammenstellte. Kein Name ist zu finden, nur anonym als Rudolf Steiner-Studienzentrum angegeben) in den Heften, in denen die Vorträge von Arenson über dieses Thema schriftlich festgehalten worden sind. (Adolf Arenson, Ergebnisse aus dem Studium der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, Heft 2, Herausgegeben vom Rudolf Steiner-Studienzentrum)

Der Herausgeber schien mir keine neutrale Ansicht über diese Fragestellung zu besitzen, als ich einige Bemerkungen in den letzten Seiten las. Sie kamen mir merkwürdig vor. Sie scheinen mir als ein konkretes Beispiel wichtig zu sein, wenn heute die Forschungsmethode der Geisteswissenschaft nach R. Steiner als eine gemeinsame Grundlage bewusst ergriffen werden soll. Die unnötigen Streite würden sicher reduziert, wenn gemeinsame Prinzipien der Geistesforschung nach R. Steiner viel klarer verinnerlicht werden könnten.

Auf die Frage, die den ganzen Vortrag von Arenson durchzieht: War Rudolf Steiner der Träger des Maitreya-Bodhisattva im 20. Jahrhunderts? wird innerhalb der drei kurzen Bemerkungen im Heft 2 von dem Herausgeber mit einer klaren Verneinung geantwortet – zwar immer mit demselben Zitat, das vermeintlich von Rudolf Steiner stammen soll. Dieses Zitat hat die Funktion eines unwiderlegbaren Beweises, dass Rudolf Steiner kein Träger des Maitreya-Bodhisattva gewesen sein kann.

Nun zitiere ich wort-wörtlich, wie im bereits erwähnten Heft 2 in einer Bemerkung die Richtung Arensons vom Herausgeber widerlegt wird. «Walter Johannes Stein schrieb in sein Notizbuch über das Gespräch mit Friedrich Rittelmeyer: "Rittelmeyer sagt: Im August 1921 sagte Rudolf Steiner über Jeshu ben Pandira: Wenn wir noch 15 Jahre leben, können wir etwas davon erleben. Jesu ben Pandira ist am Anfang des Jahrhunderts geboren." » (Seite 82)

Es ist erstaunlich, dass diese Überlieferung, die nicht einmal von Rittelmeyer selber, sondern von  zweiter Hand stammt, vom Herausgeber fraglos als ein entscheidendes Beweismittel angeführt wird. Nicht darüber, dass der Herausgeber in der Person Steiners keinen Träger des Bodhisattva sieht, bin ich erstaunt. Das kann man ja auch so sehen. Wenn man einen klaren Hintergrund für ein solches Urteil gefunden hat, kann man ja auch dies vertreten. Allerdings bin ich sehr darüber erstaunt, dass eine solche Notitzbuchaufzeichnung von W. J. Stein  – es ist nicht einmal für den Leser klar, ob sie eine echte ist oder verfälscht ist – für den Herausgeber als absolut wahrhaftig und aussagekräftig gilt, sodass aufgrund dieser Information ein definitives Urteil gefällt wird. Jeder kann wissen, dass eine solche Information von zweiter Hand nur mit Vorsicht zu behandeln ist. Es ist nicht einmal eine direkte Eintragung von Rittelmeyer in der eigenen Handschrift. Es gibt bei einem solchen Inhalt aus privaten Tagebucheintragungen eine Abweichungsmöglichkeit von den Tatsachen. Die Gefahr einer absichtlichen Verfälschung besteht in dem Fall. Es ist für mich sehr fragwürdig, dass eine solche Information von zweiter Hand eine definitive Rolle für die Unterscheidung spielen soll. Dies ist nicht nur eine Frage der Forschungsdisziplin, die speziell für die Geisteswissenschaft gilt, sondern, diese Disziplin gehört zu den allgemeinen wissenschaftlichen Regeln.

Mir ist dasselbe Problem im Buch "Die Bodhisattvafrage" von Herrn Thomas Meyer ( Pegasus Verlag 1989) begegnet. In dieser Schrift druckt Thomas Meyer die zwei Vorträge von Elisabeth Vreede vollständig ab, in denen sie die These von Arenson kritisch behandelt. Vreede stellt ihre These und ihre Meinung hin. Sie verneint dabei zwar die These von Arenson. Sie selber besass jedoch keinen äusseren Beweis. Nun ist es aber so, dass im weiteren in dieser Schrift wieder anhand der gleichen Methode dasselbe Urteil durch Thomas Meyer gefällt wird, wie in dem schon erwähnten Heft. Die schon erwähnte Eintragung in der Tagebuchaufzeichnung von W. J. Stein, die für den Leser in ihrer Echtheit nicht nachprüfbar ist, wird als physischer Beweis angeführt. Anhand dieser Information verwirft Thomas Meyer die sorgfältig aufgebaute These von Arenson. Ausserdem weist Thomas Meyer auf ein zusätzliches Beweismittel hin. Allerdings ist es wieder eine Information von zweiter Hand. Thomas Meyer schreibt, dass Walter Vegelahn (1880-1959), der zahlreiche Vorträge Steiners mitstenographiert hat, "einem Besucher" in Berlin im Oktober 1958 über diese Thematik etwas ganz Konkretes mitgeteilt haben soll. Das wird von ihm weitergegeben, als eine angeblich authentische Aussage R. Steiners. Die Stelle möchte ich hier zitieren.


(Die Bemerkungen im Klammer durch J.A.)
«Er (Günther Wagner) möchte doch Dr. Steiner danach (ob er der Maitreya-Bodhisattva ist oder nicht) fragen. Und er bekam die Antwort: Ich bin es nicht. Bei dem darauffolgenden ersten Abend in Berlin referierte Dr. Steiner, was in den verflossenen Monaten alles geschehen sei. Und er erwähnte auch die Vorträge in Bern. Dabei unterbrach er sich in der Schilderung und sagte mit einem Unterton in der Stimme: Im übrigen möchte ich für die, die immer gleich bereit sind, aus ihrer Phantasie heraus Inkarnationen zu ersinnen, in Parenthese hinzufügen, dass ich mit meiner Individualität mit dem Jesu ben Pandira nichts zu tun habe.»

Dann folgt die kurze Schilderung in welcher Art Thomas Meyer an diese Information kam und wie es mit der Echtheit dieser Information stehen soll:
«Die private, als zuverlässig zu betrachtende Aufzeichnung dieser wichtigen Mitteilung wurde dem Verfasser (Thomas Meyer) von deren Empfänger dankensweise zur Verfügung gestellt. »
(Seite 247)

Der Leser weiss nicht einmal, wer diese Person ist, die Thomas Meyer diese Information zukommen liess. Besagt dies, weil Thomas Meyer eben als eine Autorität(?) diese Information für zuverlässig hält, dies für alle Leser, die es lesen,  gilt? Soll der Leser also ruhig an die Echtheit glauben, weil er, Thomas Meyer, sie selber für zuverlässig hält? 

Ich sage dazu, dass ein solches Vorgehen für mich eine Zumutung ist. Ich will sinngemäss der Geistesforschung R. Steiners die Sache erforschen und möchte keinen Garantie-Stempel von jemanden ohne die klaren Zusammenhänge als eine Urteilsgrundlage hinnehmen. Diese Vorgehensweise von Thomas Meyer widerspricht für mich nicht nur der Methode der Geistesforschung, sondern auch der Forschung jedes wirklich fundierten Wissenschafters. 
Dies möchte ich aus meiner tiefsten Liebe zu einer sauberen (geistes-)wissenschaftlichen Forschungsmethode hier zum Ausdruck bringen.


Teil 2 folgt