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Dienstag, 19. April 2011

Zur Generalversammlung der AAG 16. 4. 2011


In der Versammlung und durch die Gespräche in den Pausen wurde mir sehr deutlich, in welch grossem Ausmass die Dornacherkrise inzwischen sich befindet. Der Antrag 2 war vor allem der Punkt, auf den wahrscheinlich die grössten Emotionen und Aufmerksamkeit aufeinandertrafen. Ich konnte den Grund verstehen, wieso die Menschen diesen Antrag gestellt haben. Aber dennoch war ich gegen den Antrag, dass über das Vertrauen gegenüber dem Vorstand abgestimmt werden sollte. Nicht, weil ich die Kritiken der Menschen am Vorstand verharmlosen will. Es muss ernsthafte Gründe bei den Menschen geben, die so einen Antrag gestellt hatten, in dem eine Abwahl des Vorstandes organisiert wird. Und ihre Unzufriedenheit und die Gedanken, die Meinungen, die sie zu so einem Antrag geführt haben, müssen unbedingt in aller Ruhe gehört werden. Wenn wir doch in einer anthroposophischen Gesellschaft zusammenarbeiten, die ihr zentrales Anliegen im Thema Karma hat, dann dürfen solche ernsthafte Meldungen nicht einfach übergangen und beseitigt werden durch eine schnelle Antwort.

Dennoch ist eine organisierte Abwahl eine zu vorschnelle und zu gewaltsame Lösung in dem Fall. Ich erlebte in dieser Initiativ der Abwahl einen bereits fest geschlossenen Willen, den Vorstand abzulehnen und spürte keine Bereitschaft zu einer wirklich ehrlichen Begegnung, in der im „menschlichen Vertrauen“ alles gegenseitig ehrlich ausgesprochen und zugehört werden kann. Daran sieht man deutlich, in welcher schweren Phase diese Krise sich befindet.

Die Abstimmung für die organisierte Abwahl ist dennoch keine wirklich menschlich-tragbare Art der Lösung. Deshalb entstand tatsächlich auch keine Lösung dadurch. Das ist ein politisches Mittel, das angewendet werden kann, wenn es nicht um das Menschliche geht. Das Mittel, durch die Vertrauensfrage abzustimmen, um eventuell den Vorstand komplett abzuwählen, ist nach meiner moralischen Empfindung keinesfalls ein richtiges Mittel. Ich empfand seelisch unerträgliche Schmerzen, während man auf der Bühne darüber sprach. Deshalb war ich gegen diesen Antrag. Nun wurde der Antrag trotzdem angenommen und wurde die Abstimmung durchgeführt. Was herauskam, war der Erfolg auf Seiten des Vorstandes. „Und dann? wie geht es weiter menschlich und konkret?“ das war meine erste Frage. Ich spürte seelische Schmerzen auf eine unerträgliche Weise, weil die Menschen nicht mehr angehört werden und der Punkt durch das Ergebnis der demokratischen Abwahl abgehackt ist.



Die „demokratische“ Abstimmung, die doch nicht wirklich menschlich ist, weil es zuletzt immer nur um die Zahlen geht, hinter der die konkreten einzelnen Menschen nicht wahrgenommen werden, kann keine wirkliche Lösung im Sinne der Heilung mit sich bringen. Die Abstimmung im Bezug auf die menschlich-soziale Angelegenheit ist materialistisch, trägt keiner sozialen Heilung bei, egal welche Seite gewinnt, weil immer eine Seite vor einer vollendeten Tatsache des Verlusts oder des Gewinns gestellt wird.

Egal ob es über die Hälfte der Menschen sind oder weniger als die Hälfte, die ernsthafte Schwierigkeiten haben, es ist wichtig, dass ihre Unzufriedenheiten genau gehört werden. Das gegenseitige Wahrnehmen ist das Wichtigste zunächst. Was man zuletzt tun soll, oder was eine konkrete Lösung ist, das kommt später. Das kann man nicht sofort klären. Man nimmt die Probleme wahr, dann muss man zuerst zum Fühlen übergehen, dann erst zum Wollen. Die Abwahl durch die Abstimmung ist eine Methode, in der gerade das menschliche Fühlen und das Herz ausgeschaltet wird, in dem die meiste soziale Empfindung und Fähigkeit entstehen.

Wichtig ist es, dass eine ehrliche Begegnung zwischen den konkreten Menschen stattfindet, in der beide Parteien in Ruhe sich gegenseitig zuhören, so dass die eigenen Gefühle und Empfindungen, so wie sie sind, ausgesprochen werden können. Und dann ist man im Bereich des Fühlens, in dem das Soziale überhaupt entstehen kann. Ohne solche Begegnung im gegenseitigen Atemprozess wird ein soziales Leben im Zeitalter der Bewusstseinsseele nicht möglich. Die Gedanken und Empfindungen des anderen Menschen müssen von den beiden Seiten zunächst ohne schnelle Rechtfertigung als ihre innere Tatsachen absolut respektiert werden. Eine ehrliche Begegnung, in der die wirklichen Meinungen offen dargelegt werden, ist wichtig. Sonst übergeht man die menschliche Mitte. Die Abwahl durch eine Abstimmung ist eine Methode, in der die menschliche Mitte ausgeschaltet wird und ohne das Verweilen in der Mitte sofort zum Gebiet des Wollens übergeht.

Es geht nicht, dass man nach dieser Versammlung einfach wieder so weiter macht wie bisher, als ob nichts gewesen wäre, ohne dass die Menschen, die viele konkrete Schwierigkeiten mit dem Vorstand erlebt haben, genau angehört und verstanden werden. Man nimmt noch allgemein viel zu wenig ernst, wie wichtig die Angelegenheit der fühlenden und empfindenden Mitte ist. Solange man dies nicht versteht, kann keine bessere Sozialität entstehen unter den Menschen. Das soziale Leben kann nicht ermöglicht werden, ohne dass man im eigenen Fühlen erwacht. Man will meistens zu schnell eine konkrete Lösung, übergeht gänzlich die fühlende Mitte und direkt dem Wollen über. Aber das ist keine soziale Lösung. Es erzeugt viel mehr die Ursache zu einem Übergriff.


Ich bin sehr dafür, dass so eine ehrliche Begegnung zwischen dem Vorstand und den Mitgliedern ganz konkret stattfindet. Sie ist eine reale Gelegenheit für den Vorstand, wenn der so mehrfach einen viel aktiveren Austausch mit den Mitgliedern versprochen hat. Die karmische Finsternis ist so lange da, bis man sie annimmt und ihnen endlich bewusst begegnet. Wer im Mut und Vertrauen ihr begegnet, kann sie auch erhellen. Man kommt nie dadurch weg von der Finsternis, dass man stets ihr ausweicht, denn irgendwann holt sie wieder den Menschen ein, der sie bloss ablehnen wollte.

Ich möchte an die Worte des Vorstandes und die Bewertung mancher Menschen : Wir (Sie) sind konfliktfähig, man kann über alles sprechen, so wurde mehrmals hervorgehoben, gerne glauben und möchte aber nicht nur davon hören, sondern auch tatsächlich ihn so erfahren, dass er den Mitgliedern gegenüber dieses Selbstverständnis konkret beweisen kann, was er auch als neues Ziel der Veränderung der Zusammenarbeit hingestellt hat.

Die Mitglieder sind jetzt nach dieser Versammlung aufgefordert, die Beweise einzuholen und die Worte zu prüfen. Und wenn nicht, sollen sie entsprechend handeln. Man kann die Anthroposophie tun ohne A. Gesellschaft. Man muss heute wirklich aufhören, sich so zu verhalten, als ob man vom Goetheanum abhängig sein müsste, um die Anthroposophie zu tun. Das ist ein Irrtum.


Junko Althaus










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