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Mittwoch, 15. Juni 2011

Paulus und Shinran - die Wege des Herzens im Zeitalter der Bewusstseinsseele


Ist der Glaube etwas, was der moderne Mensch heute braucht?

In den Briefen des Paulus kann man feststellen, dass Paulus den Glauben anders verstanden hat als wie er heute allgemein verstanden wird. Ich denke, was Paulus mit dem Glauben meint, ist dem sehr ähnlich, was Shinran (1173-1262) in seiner buddhistischen Jodo-Shinshu-Lehre mit dem „Shinjin 信心“ meint. Sowohl der Glaube von Paulus und als auch Shinjin von Shinran wirken auf mich viel moderner als etwas, was ich mir unter dem Glauben im gewöhnlichen Sinne vorstellte.

Shinjin 信心“ bedeutet nicht den „Glauben“, der als „Shinkou 信仰 übersetzt wird. Shinkou bedeutet, aufblicken zu etwas, was höher ist – der Meister, oder der Gott. Es kann auch eine Art Autoritätsglaube sein. Shinjin ist etwas ganz Anderes. Shinjin ist etwas, was als das grenzenlose Mitgefühl aus dem Amida-Buddha uns zuströmt und wodurch er in unserem Herzen ein wahres Licht der Selbsterkenntnis erzeugt. Das Mitgefühl wird allen Wesen, deshalb auch den Menschen, die schlimmsten Dingen getan haben, vom ewigen Buddha zugeströmt. Wer an die schöpferische Kraft seines Namens glaubt und ihn still rezitiert – so sagt die Jodo-Shinshu-Lehre -, kann in sich ein neues Herz erwecken, das wie ein Diamant lichthaft und unzerstörbar ist. Dieses Herz ist die Quelle des Shinjins, das die wahre und ungetrübte Selbsterkenntnis ermöglicht.


Nach Shinran ist dieses Herzlicht, das die reine Selbsterkenntnis ermöglicht, das Geschenk des Amida-Buddhas für alle Menschen. Das kann kein Mensch aus seiner eigenen Kraft heraus erlangen, weil uns meistens die Kraft fehlt, unsere wahres Wesen inklusiv der Unvollkommenheit zuzugeben und es so wie es ist, zu beleuchten. Wir bleiben so lange in der inneren Finsternis getrennt von den höheren Welten. Diejenigen, die sich geistig schulen, bleiben auf der Stelle oft stehen. Man kommt nach Shinran nicht weiter bevor man diese wahre Selbsterkenntniskraft als einen Gnadenstrom empfangen hat. Und dieser Strom ist die Einladung, die der Amida-Buddha, welcher der höchste Buddha gilt und auch von Gotama-Buddha hoch gepriesen wird, in seinem grenzenlosen Mitgefühl uns zukommen lässt.


Wir lernen durch das Mitgefühl des Amida-Buddhas unsere innere Welt kennen, ohne sie zu verschönern. Alle Menschen sind von Natur aus unvollkommen aber normalerweise leben wir alle in einer Verblendung – so sagt Shinran - das stimmt ganz und gar überein mit der Schilderung Rudolf Steiners über den Menschen, der die Bewusstseinsseele entwickelt -, so dass wir denken: Von Natur aus oder durch die geistige Schulung sind wir gut genug. Wer auf diese Weise von sich eingenommen ist, ist nach Shinran sehr tief in der Dunkelheit versunken. Wer aber durch das neue Herz des Shinjins wahrhaftig seine Seele beleuchten kann, hat nach Shinran sich mit dem Buddha verbunden und für ihn steht der Weg frei, um nicht durch seine eigene, sondern die übermenschliche Kraft des Buddhas, in die höhere Welt (in Reines Land (Jodo), nicht Nirvana, woher man sich von der Erde entfernt und nicht mehr auf sie zurück kommt) hineinzutreten.



Dieser Begriff "Shinjin" ist etwas Typisches für die Bewusstseinsseele.
Und Shinjin ist wie der Glaube von Palus. Der Glaube von Paulus war etwas Neues, was die strenge und absolute Erfüllung der Gesetze ersetzt. Viele meinen, Paulus sei jemand, den man aufblicken und verehren soll. Aber Paulus selber sagt über sich, dass er der Geringste unter den Aposteln ist. Er fühlte sich bis Ende seines Lebens als ein tief schuldiger Mensch. Nicht er selber, der durch das Gesetz mit dem Gesetz gestorben ist, sondern der Christus lebte in ihm.
Und genau das ist die wahrhaftige Erkenntnis, dass man als Mensch, der an sich die Bewusstseinsseele entwickelt, nicht vollkommen sein kann. Deshalb stösst er auf die Grenzen und sieht in sich das Böse, aber deshalb seine Seele vor der universalen Kraft des Christus bzw. Amida-Buddhas restlos öffnet – das ist der einzige Weg zum Heil für Shinran, aber auch für Paulus.


Goethe sagte, er habe alle möglichen Eigenschaften zu den unterschiedlichen Verbrechen in sich selber. Es war eine ganz wahrhaftige Antwort als ein Bewusstseinsseelenmensch. Weil er die hohe innere Wahrhaftigkeit besass, all diese Tendenzen in sich klar zu erkennen, wurde er nicht zu einem Verbrecher. Und genau diese Art der Selbsterkenntnis gilt das Einfachste und zugleich das Schwerste im Jodo-Shinshu-Buddhismus.

Junko Althaus













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