Samstag, 18. Juni 2011

Die Buddhi und ihr Organ, das den Strom des Christus empfängt - das Herz


Im Artikel (zum Artikel „Gefährliche Gegensätze“ von Daniel Moreau in der Wochenschrift Goetheanum Nr. 11/12) " Japanisches Volk - seine Mission und Qualität des Lebensgeistes" habe ich die Qualität der Japaner, die nach der schweren Katastrophe im selbstlosen Gegenseitig-Helfen zum Ausdruck kam, den Lebensgeist genannt. Vielleicht waren nicht wenige Menschen überrascht von dieser Bezeichnung. Manche dachten vielleicht: Wieso kommt plötzlich der Lebensgeist / die Buddhi vor? Das stammt natürlich nicht von Steiner, sondern von mir.


Die Stelle aus meinem Artikel werde ich hier noch einmal zitieren: "Die lebensspendende gegenseitige Rücksicht unter den Menschen im Sinne des Lebensgeistes, welche z.B. die Japaner für die Menschheit an sich tragen, ist so eine Medizin, damit die Bewusstseinseelenkultur durch ihren Missbrauch der individuellen Freiheit nicht untergeht. Die Überheblichkeit, die als ein Nebenprodukt der aus dem toten Intellekt hervorgeht, kann gerade durch die unmittelbar wirkende und jetzt beispielhaft zum Ausdruck gebrachten Bewusstseinsseele Qualität von seelisch strömender Lebenskraft geheilt werden. Die überpersönlich anmutende Liebe der Japaner im Sinne einer selbstlosen Aufopferung ist eine eindeutige Qualität des Lebensgeistes, die von der Menschheit ichhaft und bewusst ergriffen werden muss, so dass die Bewusstseinsseele vor der Gefahr ihrer Selbstvergiftung gerettet werden kann. Genau diese Notwendigkeit hat Japan der ganzen Welt gegenüber gezeigt als ein Land, das in einem kapitalistischen Wahn der Bewusstseinseele sich befindet....Die Ich-Menschen der Bewusstseinsseele im Westen denken: Ich habe recht und die andern sollen einsehen. Die Entwicklung im Westen stagniert auf der Stelle. Um diese Neigung auszugleichen benötigt die Menschheit mehr als nur die Qualität des Geistselbstes, das von Mitteleuropa aus mit der Entwicklung der Bewusstseinsseele entwickelt werden soll."

Dazu werde ich noch eine Stelle aus dem Vortrag Steiners zitieren, die ein gewisses Licht darauf wirft.

GA 94 "Kosmogonie", München, 31. Oktober 1906

"Die fünfte Unterrasse, das ist unsere anglo-germanische Rasse, die zum Ausdruck bringen soll das Geistselbst im Geistselbst, Manas in Manas. Das heißt, der Mensch wird begreifen lernen, was das Geistselbst eigentlich ist; der Mensch wird drinnenstehen in Manas. Manas wird endlich in sich selbst wirken. Heute begreifen nur wenige Menschen eigentlich das Manas. Das Denken mit dem Denken zu begreifen, das Denken im Denken zu erhaschen, die Ewigkeitsschlange fertig zu runden, das ist die Aufgabe der fünften Unterrasse. Das Denken ist das Organ, wo sich zunächst das menschliche Wesen wie an einem Zipfel ergreift. Dies im Menschen anzuregen, ist der Zweck meines Buches «Die Philosophie der Freiheit».

Die sechste Unterrasse ist die künftige. Das Geistselbst dringt bis in Buddhi hinauf; da scheint in Manas, wie ein Licht von oben, Buddhi in den Menschen herein. Zuerst aber ist Buddhi noch eine Gabe von oben. Diesem Hereinleuchten von Buddhi entspricht der christliche Begriff der Gnade. Der Anfang des Einfließens geht bis in die vierte Unterrasse zurück. Diesen Zeitpunkt haben wir als den Anfang des Christentums zu bezeichnen. Und derjenige, der Buddhi in die irdische Menschenwelt hereingebracht hat, ist der Christus Jesus. Und der Christus Jesus erschien als der Hereinbringer jener bisher völlig fremden Macht.

Zusammenfassend sei gesagt: Was der Mensch sich während der fünf Rassen angeeignet hat, das ist Manas – Manas, das Geistselbst. Ihm kommt wie eine Gabe von oben Buddhi entgegen, das entspricht der christlichen Grundidee der Gnade. Dieses also ist das Thema des Johannes-Evangeliums. Doch wie wurde dazu der Ansatz gemacht? Zwei Dinge müssen, mußten zusammenkommen, um Buddhi wirklich wirkend werden zu lassen: erstens, die Menschen mußten als Träger der bisherigen Entwickelung nun ein aus Manas gebildetes Organ für Buddhi haben. Sie mußten durstig sein nach Buddhi, durstig, über den Verstand hinauszukommen. Gehirnentwickelung endet ohne Zusammenhang mit den höheren Gliedern immer in einer Sackgasse, sie kommt über manasische Entwicklung, über astrale Dinge nicht hinaus.

Es gab solche Menschen, die aus dem Manas heraus der Buddhi ein hochentwickeltes Seelenorgan entgegenbrachten. Das muß so sein. Es mag noch so viel Licht scheinen, wenn kein Auge da ist, wird es nicht wahrgenommen. So ist es auch mit Buddhi. Es gab einen Namen für alle die Menschen, die ein solches Organ entwickelt hatten, die durstig waren nach der Buddhi, einen Gattungsnamen: Johannes. Er ist auch besonders anwendbar auf den Täufer. Christus und Buddhi ist dieselbe Strömung in geistiger Beziehung.

Wir müssen nun auch das andere bedenken: Manas gestaltet auch den physischen Menschen um. Allmählich erstarkten die Organe, allmählich gliederte sich das erstarkende Rückenmark ein, und es bildeten sich immer neue Kraftzentren. Diesen geistigen Vorgängen mußten wie immer leibliche entsprechen. Die Aufgabe der fünften Hauptrasse war die Etablierung von Manas, dem entsprechend im Körper: die Bildung des Gehirns. Es steht bevor in der sechsten Hauptrasse: Etablierung von Buddhi; Vollendung des Herzens als eines völlig willkürlichen Muskels. In der siebenten Hauptrasse: Etablierung von Atman; Vollendung des Atmens.

Wir sahen, wie das Herz und die Atmungsorgane sich bildeten. Im Zirkulationssystem ist mit dem Herzen vorgebildet die Buddhi-Entwickelung. Das Herz steht nämlich erst am Anfange seiner Entwickelung. Vor dem Herzen steht die Anatomie wie vor einem Rätsel, denn es macht in ihre Theorie ein Loch. Das Herz ist ein quergestreifter Muskel, wie alle willkürlichen Muskeln es sind, dabei ist das Herz aber ein unwillkürlicher Muskel. Damit verhält es sich nun so, daß es eben zu einem willkürlichen bestimmt ist, und zwar in der Zukunft, wenn Buddhi ausgebildet ist. Das Herz ist für die Zukunft organisiert, es wird dann ein überaus wichtiges Organ sein. "


Rudolf Steiner spricht im obigen Vortrag, dass eben das eigentliche Organ für das Geistselbst (Gehirn) nicht ausreicht, um den Christus wirklich persönlich im Sinne der Buddhi in sich aufzunehmen."Gehirnentwickelung endet ohne Zusammenhang mit den höheren Gliedern immer in einer Sackgasse, sie kommt über manasische Entwicklung, über astrale Dinge nicht hinaus."

Er sagt: "Die Aufgabe der fünften Hauptrasse war die Etablierung von Manas, dem entsprechend im Körper: die Bildung des Gehirns." Aber allein das ermöglicht den Menschen noch nicht die Aufnahme des Christusstromes, der auf eine übermenschlich und übernatürliche Art ätherisch aber real vorhanden ist. Dafür braucht man einen allmälichen Übergang vom Gehirn, das das Hauptorgan des Manas ist, zum Herz, das ein Zukunftsorgan für die Aufnahme der Buddhi bestimmt ist. Ohne diesen Übergang kann der Mensch zwar weise über den Christus sprechen, kann aber nicht zu einem wirklichen Erleben kommen.

Für die Aufnahme der Buddhi bracht man unbedingt etwas so wie Steiner sagt: "Sie mußten durstig sein nach Buddhi, durstig, über den Verstand hinauszukommen." Genau dieser Verstand, der gewissermassen ein wichtiges Instrument für das Geistselbst ist, muss hinter sich gelassen werden, wenn man den Strom des Christus wirklich in sich aufnehmen will. Nach meiner Ansicht haben die Japaner sich darauf konzentriert, durch den Buddhismus die kommende Buddhi vorzubereiten. Das Geistselbst, das hier in Europa im Sinne des "Manas im Manas" ganz intensiv entwickelt wird, haben sie gerade nicht sehr beachtet. Die Japaner mussten die individuelle Ich-Empfindung weitgehend ausser acht lassen, denn sie hätten sonst nicht die überpersönlich betonte Buddhi vorbereiten können. Beides konnte man nicht haben. Das Geistselbst im Westen und die Vorbereitung der Buddhi im Osten, so mussten die Aufgaben verteilt sein.

So pflegten die Japaner die Elemente der Buddhi in ihrem neuen Buddhismus und entfalteten eine Religiosität, in der alle Menschen unabhängig von dem Grad ihrer Entwicklung die Gnade des Amida-Buddhas geniessen dürfen. Sie meinen, alle Dinge, alle Menschen und alle Geschehen sind miteinander verbunden. Nichts ist ganz getrennt von den anderen, so wie der Gotama Buddha sagte zu dem Prinz Ajata, der seinen Vater aus einer Unwissenheit heraus tötete und später unter dieser eigenen Schuld endlos litt: Deine Schuld ist auch meine Schuld. In dieser Aussage erlebt man die ähnliche Haltung der Selbstaufopferung, die des Christus, der ganz unschuldig die Schuld der Menschheit auf sich nahm. Und diese Art zu denken, die Verbindung aller Wesen und aller Dinge ist die Grundlage der Karma-Idee, die nicht verurteilend, sondern heilsam ist.

Allerdings mussten die Japaner die individuelle Ich-Empfindung ausser acht lassen. Man muss insgesamt sagen, die Japaner mussten keine Beachtung der individuellen Ich-Empfindung schenken, um die soziale und karmische Empfindungen für die kommende Buddhi zu pflegen. Und genauso mussten die Christen auf die Karma-Empfindung verzichten, um die individuelle Ich-Empfindung für das Geistselbst zu entfalten. Steiner spricht auf folgende Weise darüber:

"Eine hohe geistige Kultur finden wir damals unter verschiedenen Völkern bei einer primitiven äusseren Kultur, die sich einfachster Werkzeuge bediente. Damals hing der Mensch noch nicht so an der Erde. Dazu musste die Menschhei erst erzogen werden. Die Eroberung des Materiellen, alles, was wir heute in unserem Umkreis haben, wäre nicht möglich gewordenn, wenn der Mensch nicht gelernt hätte, die Erde liebzugewinnen. Dazu musste ihm der Überblick über seine wiederholten Erdenleben entzogen werden. Es ist die weise christliche Pädagogik, dass das eine Leben für eine Zeit lang in den Mittelpunkt gestellt wurde. Das musste einmal so sein, um die Reinkarnationswahrheit dann später dem Menschen auf höherer Stufe wiederzugeben. Darum spricht in seinen Reden für das Volk Christus nicht darüber, aber in intimen Kreise mit seinen Jünger spricht er davon, dass es das Karma gibt. (GA 94, 06.11. 1906)

"

Interessant ist es, dass auch der Gotama Buddha eigentlich gewusst hat, dass es die Ewigkeit gibt. Zwar sprach er im alten Hinayana-Buddhismus davon, dass alles vergänglich und nichts ewig sei. Aber das war nur ein Erziehungsmittel gewesen, so dass die Menschen nicht zu sehr an ihrem Ich hängen bleiben müssen, so sagt der Buddha selber im Sutra "Dainehankyo" des Mahayana-Buddhismus zu einem Schüler, der weit fortgeschritten ist. Der Buddha sagt, dass er so zum Volk gesprochen hat, weil die Menschen es nicht verstehen. Wenn sie vom Ich, das ewig ist, wissen würden, hängen sie zuviel daran. Sie sollten stattdessen an ihrer Seele arbeiten. Aber in Wirklichkeit sind Buddhas ewig und jeder Mensch hat in sich die Natur des Buddhas. Dadurch kann das unreine Ich gereinigt und das reine Buddha-Ich im Menschen geboren werden. Trotzdem ist die Idee über das ewige Ich etwas undeutlich im Buddhismus geblieben.

Nach meiner Ansicht ist es jetzt an der Zeit, dass das Geistselbst, das hier zur Entfaltung gebracht worden ist, einen neuen Impuls der Buddhi aus der Sphäre des Buddhas für die Weiterentwicklung des Christusimpulses aufnehmen sollte.

Das Geistselbst, das noch nicht die Buddhi in sich empfang, ist hier im Westen entwickelt. Und im Osten ist die Buddhi so gut wie möglich für die neue Sozialität als Karma-Empfindung vorbereitet, aber ohne das bewusste Geistselbst. Sie brauchen beide eine produktive Begegnung für ihre Weiterentwicklung.

Junko Althaus







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