Ich möchte eine Stelle aus einem Vortrag Rudolf Steiners zitieren.
Darin kann man den Grund erfahren, wieso für eine anthroposophische Karma- und Schicksalsforschung das Herz eine entscheidende Bedeutung hat.
Als die Wahrnehmungen aus den früheren Leben ganz unerwartet in einer starken Intensität in meinem Bewusstsein auftauchten, war das Herz das Organ, das in einer unbestechlichen Klarheit auf die Dinge, die Personen und die Orte reagierte, mit denen ich durch die früheren Leben schicksalsmässig eng verbunden bin. Die Reaktionen des Herzens waren oft sehr stark und intensiv. Ich fand nach und nach eine gewisse Gesetzmässigkeit in der Art der Reaktionen heraus. Ich erkannte dadurch, dass das Herz ein Wahrnehmungsorgan ist und forschte weiter daran. Es besitzt tatsächlich eine Art karmische Intelligenz. Und die Ausbildung des Herzorgans als ein Wahrnehmungs- und Erkenntnisorgan wurde neben der exakten Beobachtung an der Wirkung der Karmagesetze das wichtigste Element in meiner anthroposophischen Karmaforschung.
Erst viel später fand ich bei Steiner eine Stelle heraus, die genau diese Tatsache deutlich bestätigt. Ich kann die folgende Ausführung sehr gut nachvollziehen, weil mein Erlebnis sie bezeugt.
Junko Althaus
GA 212, 6.Vortrag
"Es ist so, daß in derselben Gegend, wo der Mensch das Herz hat, sich nun weder physisch noch ätherisch, aber astralisch seine gesamte Tätigkeit zentralisiert. Und das Wichtige ist, daß in der Zeit, wo die Geschlechtsreife eintritt - es fallen ja die astralischen Ereignisse nicht ganz, sondern nur annähernd mit den physischen Ereignissen zusammen -, dieses Ätherherz so weit vorgebildet ist, daß es die Kräfte aufnehmen kann, die sich hier aus der Tätigkeit der äußeren Welt entwickeln. Man kann also sagen, und man trifft damit durchaus ein wirkliches Ereignis im Inneren des Menschen: Von der Geschlechtsreife an schaltet sich auf dem Umwege durch den Astralleib die gesamte menschliche Tätigkeit in das Ätherherz ein, in dasjenige Organ, das aus den Abbildern der Sterne, aus den Abbildern des Kosmos geworden ist. Da schaltet sich das alles ein.
Das ist eine außerordentlich bedeutsame Erscheinung, denn wenn Sie dieses alles betrachten, dann haben Sie den Zusammenschluß dessen, was der Mensch in der Welt tut, mit dem Kosmischen. Im Herzen haben Sie, insofern die ätherische Welt in Betracht kommt, einen zusammengezogenen Kosmos; aber zugleich auch, insofern die astralische Welt in Betracht kommt, eine Zusammenziehung desjenigen, was der Mensch tut. Hier schließt sich der Kosmos mit seinem Geschehen und das Karma des Menschen zusammen. Es ist eine so innige Korrespondenz des astralischen Leibes und des ätherischen Leibes mit dem ganzen menschlichen Organismus nur in der Gegend des Herzens vorhanden. Da ist es in der Tat so, daß die ganze Welt, von der sich der Mensch durch die Geburt in seinem Ätherleib ein Abbild hereingebracht hat, daß diese ganze Welt, die da wie in einer Essenz darinnen ist, alles das, was der Mensch tut, in sich aufnimmt, sich da- mit durchdringt. Und nun ist Gelegenheit durch diese Zusammen-
Schlüsse, durch diese Zusammenschaltung, daß während des ganzen menschlichen Lebens fortwährend das menschliche Tun in die Essenz der Abbilder des Kosmos eingeschaltet wird.
Wenn dann der Mensch durch die Pforte des Todes geht, da ist nun in diesem ätherisch-astralischen Gebilde, in dem das Herz, ich möchte sagen, schwimmt, alles das, was der Mensch, wenn er den physischen Leib und jenes Äthergebilde abgelegt hat, in sein weiteres geistig-seelisches Leben mitnimmt. Und indem er jetzt geistig immer größer und größer wird, kann er - weil ja die Substanz des ganzen Kosmos da drinnen ist, es ist nur zusammengezogen im Herzen im Ätherleib - sein ganzes Karma dem Kosmos übergeben. Dasjenige, was aus dem Kosmos gekommen und zum Äthergebilde geworden ist, was im Herzen sich zusammengezogen hat und Essenz geworden ist, das will wiederum nach dem Kosmos hin. Der Mensch breitet sich im ganzen Kosmos aus und wird dann in die Seelenwelt aufgenommen und macht dasjenige durch, was ich in meiner «Theosophie» als den Durchgang durch die Seelenwelt und dann durch das Geisterland beschrieben habe. Aber es ist tatsächlich so, daß, wenn wir die menschliche Organisation in ihrem Werden betrachten, wir uns sagen können: Es findet in der Gegend des Herzens ein Zusammenschluß des Kosmischen mit dem Irdischen statt, und zwar so, daß das Kos- mische in seiner kosmischen Konfiguration in das Ätherische herein- genommen wird und sich da bereitmacht, unsere Taten, alles, was wir tun, aufzunehmen. Und mit dem, was da durch eine innige Durchdringung des Ätherischen mit dem menschlichen Tun sich gebildet hat, gehen wir heraus und treten wiederum ein in ein neues kosmi- sches Dasein, wenn wir durch die Pforte des Todes gegangen sind.
Damit beschreibt man in der Tat in einer ganz konkreten Gestaltung die Art und Weise, wie der Mensch sich heranlebt an seinen physischen Leib und wie er wiederum sich aus diesem physischen Leib herausziehen kann, weil seine Taten ihm die Kraft geben, zu- sammenzuhalten, was er aus dem Kosmos nur als eine Essenz heraus- gebildet hat.
Der physische Leib wird ja innerhalb der physisch-irdischen Welt durch die Vererbungskräfte gebildet, also durch die Kräfte der Embryonalbildung, der Keimesbildung. Mit diesen verbindet sich das, was der Mensch herunterbringt aus der geistigen Welt, nachdem er zunächst seinen Ätherleib herangezogen hat. Mit diesem verbindet sich der Mensch auf der einen Seite. In dem Astralischen, das er sich als ein so wunderbares Gebilde mitgebracht hat, da lebt nun aber auch sein Ich darinnen, das durch viele Erdenleben gegangen ist und überhaupt eine Entwickelung hinter sich hat. Und dieses Ich lebt in einer gewissen Sympathieverbindung - indem ich das Wort gebrauche, bezeichne ich wiederum etwas sehr Wirkliches - mit alledem, was da als Gebilde im astralischen Leibe ist. Und indem diese Gebilde in die Organe des physischen Leibes hineinschlüpfen, so wie ich es be- schrieben habe, behält das Ich die Sympathie und entwickelt diese innere Sympathie auch zu den Organen, breitet sich immer mehr und mehr auch in den Organen aus und nimmt Besitz von ihnen. Gewiß, es ist das Ich auch früher schon vom ersten Kindesalter an in einer gewissen Beziehung zu den Organen. Aber da sind eben diese Ver- erbungsverhältnisse da, von denen ich früher gesprochen habe, da ist die Beziehung des Ichs eine äußerliche. Das Ich schlüpft aber nach und nach schon mit seinem astralischen Leibe in die Organe des physischen Leibes hinein, und indem es da hineinschlüpft, geschieht das Folgende: während vorher das Ich längs des Blutlaufes, ich möchte sagen, äußerlich beim Kinde vorhanden war, verbindet es sich jetzt intensiv innerlich immer mehr und mehr mit dem Blutkreislauf, bis es bei der Geschlechtsreife im vollen Sinne eingetreten ist. Und während Sie hier ein astralisches Gebilde um das ätherische, um das physische Herz herum haben, während Sie hier also ein astralisches Gebilde haben, macht das Ich den anderen Weg durch: es schlüpft, sagen wir, in die Organe der Lunge hinein; mit den Adern, die von der Lunge zum Herzen hingehen, nähert sich das Ich immer mehr dem Herzen. Das Ich folgt immer mehr und mehr, innig verbunden mit dem Blutkreislauf, dem Wege dieses Blutkreis- laufes. So daß wiederum auf dem Umwege durch diese mit dem Blut- kreislaufe laufenden Ich-Kräfte das Ich eingreift in dasjenige, was aus dem Zusammenschluß des ätherischen und des astralischen Herzens gebildet worden ist, wobei überhaupt ein Ätherisches aus dem Kosmos
mit einem Astralischen von uns selbst zusammenwächst. Ich sagte vorhin: Dieser astralische Leib enthält nach und nach außerordentlich viel, weil sich alle die Taten in ihm einschreiben. Aber indem das Ich in einer Sympathiebeziehung zu allem steht, was der astralische Leib macht, schreiben sich auch die Absichten, die Ideen ein, aus denen der Mensch heraus seine Handlungen vollzieht. So daß tatsächlich hier ein voller Zusammenschluß des Karmas mit den Gesetzmäßigkeiten des Kosmos stattfindet.
Man weiß von alldem, was da innerlich im Menschen vor sich geht, eigentlich heute, man möchte, da die Verhältnisse so sind, mit Emphase sagen: «herzlich wenig»; denn es bezieht sich alles das, was man nämlich nicht weiß, auf das Herz. Man weiß heute davon «herzlich wenig». Man weiß das, was hier in der physischen Welt geschieht und betrachtet es nach Naturgesetzen; und man weiß das, was der Mensch moralisch vollzieht und betrachtet es nach moralischen Gesetzen. Aber alles das, was im Menschenleben moralisch geschieht, und das, was auf der anderen Seite physisch geschieht, das schließt sich gerade im Menschenherzen zusammen; so daß man diese zwei Dinge, die heute so selbständig nebeneinanderherlaufen beim Menschen, moralisches Geschehen und physisches Geschehen, in ihrem Zusammenschluß findet, wenn man wirklich die Gesamtkonfiguration des menschlichen Herzens verstehen lernt, das heißt, wenn man ver- stehen lernt, was sich da in diesem Herzen in einer natürlich viel verborgeneren Weise vollzieht, als es sich offen vollzieht beim Zahnwechsel. Wir erben Zähne, und wir bilden dann aus unserem Organismus heraus Zähne. Die ersteren fallen ab, die anderen bleiben uns. Die ersteren haben eine gewisse Tendenz unterzugehen, sie würden sich in sich nicht halten können, wenn sie nicht ausfallen würden. Die bleibenden Zähne werden vorzugsweise durch die äußeren Verhältnisse zerstört, wozu natürlich auch die äußeren Verhältnisse im Organismus selbst gehören. In einer unsichtbaren Weise wird unser ätherisches Herz mit der Geschlechtsreife dem Zerfall übergeben, und eine Art bleibenden Herzens, eine Art Ätherherz, gewinnen wir. Dieses bleibende Ätherherz, das ist aber erst ganz geeignet, unsere Tätigkeit voll aufzunehmen. Deshalb ist es in der Tat etwas ganz anderes,
ob der Mensch vor der Geschlechtsreife stirbt oder erst nach der Geschlechtsreife. Wenn der Mensch vor der Geschlechtsreife stirbt, dann ist in ihm nur die Tendenz vorhanden, daß sich dasjenige, was er hier auf der Erde getan hat, karmisch weitervererbt. Es kann sich einzelnes, auch wenn Kinder vor der Geschlechtsreife sterben, dem Karma ein- verleiben, aber es hat das immer etwas Unbestimmtes und Schillerndes. Das richtige Bilden des Karmas geschieht eben erst von dem Momente an, wo das astralische Herz in das ätherische Herz voll ein- greift, wo sich diese zusammenschalten. Aber es ist das auch, wenn ich so sagen darf, der Organismus der Karmabildung. Denn mit dem Tode wird das, was da im Menschen konzentriert ist, was sich da zuammengeschlossen hat, immer mehr und mehr kosmisch und wird dann aus dem Kosmos heraus später beim nächsten Erdenleben dem Menschen wiederum einverleibt, so daß alles, was wir tun, nicht uns selbst allein angeht. Sondern es ist so, daß sich uns etwas einverleibt, was aus dem Kosmos kommt und was auch die Tendenz behält, nach dem Tode unsere Taten dem Kosmos zu übergeben, aus dem heraus aber sich die karmischen Gesetze für die Gestaltung unseres Karmas wirksam erweisen, so daß wir dann dasjenige, was der Kosmos aus unseren Taten macht, in seiner Wirkung wiederum ins Erdenleben hereintragen beim Beginn eines nächsten Erdenlebens." (Dornach 26. Mai 1922)
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