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Montag, 12. April 2010

Der karmische Einfluss und der ätherische Christus (teils umgeschrieben)


In den vergangenen Artikeln habe ich darauf hingewiesen, dass Steiner gegen Ende seines Lebens immer mehr darauf tendierte, nicht nur das Denken sondern z.B. das Fühlen und die Empfindungen immer wichtiger zu nehmen und die entsprechenden Übungen z.B. die Karmaübungen dazu zu geben.

Als mich vor ein paar Jahren unerwartet (ohne bestimmte Methode anzuwenden) die eigenen Erinnerungen aus den früheren Leben überkamen, fing ich an, mich mit den früheren Leben Steiners zu befassen. Zwischen den einzelnen Inkarnationen von Steiner konnte ich nach und nach die exakten Gesetzmässigkeiten und die klaren Zusammenhänge erkennen. Daraus wurde eine der intensivsten Studien, die ich bisher getrieben habe. An den Inkarnationen Steiners fand ich die logischen Gesetze des Karmas heraus, welche ich nach und nach auch in meine Arbeit mit den Menschen wie sonstige biographischen Gesetzmässigkeiten integrieren konnte. So habe ich eine Methode der anthroposophischen Karmaforschung entwickelt, in der man keine irdisch-sinnlichen Erinnerungsbilder aus dem früheren Leben sehen versucht, sondern man charakterisiert aus der Karma-Logik heraus, was sich am Menschen als sein individueller Karma-Charakter zeigt. Diese Art der Forschung hat wenig die Sensationslust befriedigend, trägt aber der wahrhaftigen Selbsterkenntnis sehr viel bei, denn es gibt in dieser Art der Forschung durch die Anwenidung der karmischen Logik kaum Möglichkeit, sich grundsätzlich zu irren.



Während der Forschung an den Inkarnationen Steiners wurde mir deutlich: Viele Besonderheiten, Probleme und Schwierigkeiten in der anthroposophischen Gesellschaft sind nur durch das Einbeziehen der karmischen Hintergründe Steiners zu verstehen (die karmischen Hintergründe damaliger Anthroposophen sind auch sehr wichtig, um die Schwierigkeiten in der Gesellschaft zu verstehen, aber darauf gehe ich hier nicht ein).

Die markante Betonung der Stellung des Denkens in den zahlreichen Schilderungen Steiners (vor allem in der früheren Entwicklungsphase der Anthroposophie ) ist nicht unbeeinflusst von seiner speziellen karmischen Anlage. Auch wenn es einen sehr entscheidenden hohen Wert als eine Menschheitsaufgabe besitzt, beinhaltet es auch "seine eigenn Schicksalsart", wie er erkenntnismässig an die Themen heranging. Macht man nicht aus ihm einen Gott, wenn seine Vorgehensweise diejenige sein soll, welche bereits ganz und gar vollkommen und fertig ist? Seine Methode ist keine, welche in ihrer Entwicklung bereits erschöpft ist, sondern sie besitzt einen wunderbaren Keim der Zukunft in sich, welcher von uns erst zur vollen Entfaltung gebracht werden will.

Steiner hoffte selber am Schulss seines Lebens in mitten der menschlichen Schwierigkeiten innerhalb der anthroposophischen Bewegung auf die Karmaforschung, welche den Menschen über die blossen Streite um die Wahrheit, welche aus den unterschiedlichen, sogar polar entgegengesetzten karmischen Anlagen der Mitglieder herrühren, hinausführen kann. Die Art der Wahrheitsfindung, die Steiner in seinem früheren Leben als Thomas von Aquin zu einem höchsten Niveau gebracht hatte, schafft zwar den Menschen eine solide Grundlage, so wie Steiner selber in einer meisterhaften Weise konnte - in die geistige Welt hineinzuschauen, um dort allgemeine Wahrheiten für die Menschheitsentwicklung zu erkennen. Nicht nur in der Inkarnation als Thomas hatte Steiner die Entwicklung der Menschheit im obigen SInne intensiv mit gestaltet. Aber allein mit dem geistigen und logischen Denken kann man noch nicht einen lebendigen Menschen samt seinem individuellen Schicksal verstehen.

Eine wirklich soziale Gesinnung wird nicht zustande kommen, bevor der Mensch ein modernes Karma-Verständnis in sich entwickelt und einfühlend erkennt, was hinter der Überzeugung eines anderen Menschen schicksalsmässig steht. Man kann dieses Etwas nie durch die klugen und gescheiten Diskussionen herausfinden. In einer gewöhnlichen Diskussion geht es nur um richtig und falsch. Dabei betätigen wir nur den Kopf.

Ein Urteil von richtig-falsch gilt nur für eine rein-geistige Angelegenheit. Der Mensch hat nicht nur den Geist, sondern die Seele in sich, die ein lebendiger Abdruck von seinen individuellen Qualitäten ist, die er aus den mehreren Inkarnationen hindurch in unterschiedlicher Art und Weise zum Ausdruck brachte.

In diesem Sinne gibt es eine "allgemeine Wahrheit für alle und immer" nicht, wenn es auch um die Menschen geht. Es gibt immer nur Wahrheiten, die von den lebendigen Menschen im Hier und Jetzt erkannt werden. Deshalb ist in der Tat in dem Zeitalter, in dem wir leben, wo der Mensch bereits sehr stark individualisiert ist, die Erkenntnisfrage nicht von der Person zu trennen, die ihre Wahrheit erkennt.

Die Zeit ist vorüber, in der man die Erkenntnis im Sinne einer allgemein gültigen Wahrheit durch logisches Denken suchte, denn diese Art der Erkenntnis gibt uns keinen tragenden Boden mehr für ein wirkliches soziales Leben.


Das Denken ist an sich universal und allgemein. Aber die Art, wie man denkt, ist individuell. Und das hängt mit den individuellen Anlagen der einzelnen Menschen zusammen, die sie aus ihren früheren Leben mitbringen. Die Subjektivität ist in dem Fall auch der Beweis dafür, dass man ein Individuum ist. Wollen wir die individuelle Anlage erkennen, dann brachen wir eine Forschungshaltung, die innere Dreigliederung eines Menschen, Kosmos von Denken, Fühlen und Wollen, im Sinnes einer persönlichen Anlage exakt zu erfassen.

Wenn man seine eigene Anlage und Qualität nicht erfasst hat, kann man schwer das Leben selber verstehen. Und das erzeugt Schwierigkeiten in unterschiedlichen Lebensbereichen. Heute ist diese Tatsache in der Welt weit bekannt. Zahlreiche Menschen erinnern sich an ihre frühere Leben und erkennen die Ursachen von vielen Dingen in ihrem jetzigen Leben. Rudolf Steiner war damals ein Vorreiter dieser heutigen Erscheinung. Er hat in seinem ganzen Leben auf die Gelegenheit gewartet, mit den Menschen das Thema "Karma und Reinkarnation"

ausführlich zu sprechen. Wer sich selber erkennt, erkennt auch die Welt. Das ist eine der grundlegensten Gedanken Steiners, der in den zahlreichen Variationen der Sprüche zum Ausdruck gebracht wurde.


Und interessanterweise schildert Steiner gerade in seiner frühen Schrift "Die Philosophie der Freiheit" über die persönlichen Anlagen, die auf die Handlungen den Einfluss nehmen. Und diese Anlagen sind karmische Art. Zwar spricht Steiner dort noch nicht vom Karma, weil die Schrift eine philosophische war. Aber Steiner kannte schon früh in seinem Leben, wie wichtig diese Karma-Anlage bedeutet, um die Menschen zu verstehen.

Aus diesem Grund bildet die Schrift Die Philosophie der Freiheit, die vor seiner anthroposophischen Zeit geschrieben wurde, einen wunderbaren Oktav zu den intensiven Beiträgen über das Karma, die gegen Ende seines Lebens gegeben wurden. Ich denke, das ist eine Sprache für sich. Man kann darin sehen, wie wichtig das Thema für ihn gewesen ist. Es ist ein Evolutionsgesetz: Was einmal angefangen wurde, wird auch abgerundet. Steiner musste sich noch einmal vor seinem Tod mit dem Thema "Karma und Reinkarnation" befassen. Das stand fest in der kosmischen Schrift seiner Biographie. Es war seine Mission. Ohne sie abzurunden, konnte er nicht die Erde verlassen, egal wie verzweifelnd für ihn die Lage nach dem Goetheanum-Brand ausgesehen hat. Das Thema ist für ihn noch nicht vollendet. Er wollte gerne noch weiter diese Thematik vervollständigen. Aber seine Kräfte reichten nicht mehr aus. Er konnte es eben nur abrunden, so wie er es anfing. Damals wurde das Weitere für das nächste Leben gespart.

Das Thema "Karma" ist heute aktuell wie noch nie in der Welt. So wie Rudolf Steiner es beschrieben hat, bin ich überzeugt davon, dass der Christus, der heute im ätherischen Bereich immer mehr seine Liebe entfaltet, die Karma-Erkenntnis und die Überwindung des starren Schwarz-Weiss-Denkens im alten philosophischen Sinne fördert. Mit dem 21. Jahrhundert begann ein neues Zeitalter, in dem der heilende Impuls des ätherischen Christus in der ganzen Welt unabhängig von den Religionen und den Kulturen immer stärker und kraftvoller von den Menschen ergriffen werden kann.

Junko Hill

teils umgeschrieben im Januar 2011, Junko Althaus





Sonntag, 11. April 2010

Leiden Rudolf Steiners und die Parzivalfrage





Ich fand im letzten Buch von bereits verstorbenen Herrn Zeylmans van Emmichoven "Die Erkraftung des Herzens" eine Stelle, die mich beschäftigt und zutiefst berührt.

Er beschreibt dort von einem intensiven Leiden von Steiner im Zusammenhang mit dem Thema "Karma". Steiner wollte bereits am Beginn seines Wirkens in der Theosophischen Gesellschaft die praktische Karmaübung mit den Mitgliedern besprechen. Aber ihm begegnete die grössten Widerstände. Also er musste über 21 Jahre lang auf eine Gelegenheit warten, bis er mit den Menschen intensiv diese für ihn existentiell wichtige Thematik arbeiten konnte. Aber er sah immer wieder die Realität, dass die Menschen nicht wirklich dafür bereit waren. Und er sprach von seiner grossen Enttäuschung davon, wie wenig die Impulse der Weihnachtstagung aufgenommen wurden.



Seite 242
"Im Jahre 1923 befand sich Rudolf Steiner in einer vergleichbaren Situation. Nachdem er wiederum etwa 21 Jahre lang in intensivster Weise geisteswissenschaftliche Grundlagen für ein reales Verständnis von Karma und Reinkarnation geschaffen und in Wort und Schrift die Anthroposophie entwickelt hatte, sagte er bei zwei intimen Zusammenkünften mit seinen nächsten Mitarbeitern im Mai und Oktober 1923: Ihr schlaft in eurem Denken, und auch im eurem Fühlen und Wollen! Ihr schlaft in eurem Ich!
In den vielen Schriften über Rudolf Steiner, die seit Jahrzehnten erscheinen, ist diese Tatsache nie wirklich erfasst worden: Dieser Mensch stand 1923 an einem Abgrund mit dem Erlebnis, das keiner erfassen konnte, worum es ihm ging. Und das hatte sich Ostern 1924 nicht geändert. Da heisst es am 22. April: Wenn nun ein Zeitalter heranrückt, welches wieder geistiger ist, so werden schon Menschen das entwickeln, was sie in der Dumpfheit noch nicht entwickelt haben."
(Farbliche Bearbeitung durch J.H.)

An den Aussagen von Steiner gegen seine engsten Mitarbeiter können wir nachempfinden, wie zornig und enttäuscht er war. Er betont in beiden Aussagen, dass er sie schlafend und dumpf erlebte (bemerkenswert ist es, dass er nicht nur im Denken, sondern im Fühlen und Wollen nennt. Also er meint es selbstverständlich nicht mit der gewöhnlichen Intellektualität). Ich denke, das kann die Menschen erschrecken, die es lesen. Man kennt Steiner selbstverständlich auch ganz anders. Ich kann nicht anders denken und fühlen als, dass er weit entfernt von seiner besten Gemütsverfassung war, die er sonst hätte haben können. Sonst hätte er sich nicht in dieser Art ausgedrückt. Hat er das nicht aus einer Verzweiflung und einer inneren Not heraus gesagt? Er schätzte doch seine Mitarbeiter alle so sehr. Er kannte besser als alle anderen ihre unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten. Das ist zweifellos. Wenn ich daran denke, empfinde ich eine tiefe Trauer und frage mich wieder: Wie stark war er belastet? Und zwar eingentlich schon lange.


Zeylmans van Emmichoven nennt Steiner hier "dieser Mensch". "Dieser Mensch stand seit 1923 an einem Abgrund..." Er schreibt hier, dass dies keine Schrift erfasst hat. Ich kann etwas auf diese Weise fortsetzen. Ich kenne sonst keine Schrift über R. Steiner, in der er als ein "Mensch" angeredet wurde wie hier von Herrn Zeylmans van Emmichoven. Und ich spürte hier an der Stelle besonders intensiv seine Haltung, wie sehr er sich in den leidenden Rudolf Steiner menschlich hineingefühlt hat. Und das berührt mich tief.


Die Menschlichkeit von Herrn Zeylmans van Emmichoven, die hier zum Ausdruck kommt, erinnerte mich an eines: den Gral, die Parzivalfrage. Kommt uns hier nicht etwas sehr tief Vertrautes entgegen, was wir von Pazival kennen? Parsival, der durch viele schwere Prüfungen und Aufgaben hindurch ging, und dadurch eine echte Herzenskraft, die Erkenntniskraft des Grals entwickeln konnte. Als Parzival zunächst in der Gralsburg war, scheiterte er an der Prüfung, weil er nach dem angelernten Manierverhalten der Höflichkeiten keine Frage an leidenden König stellte. Er blieb von dem König innerlich distanziert. Aber nach seinen Wanderjahren tritt der verwandelte Parzival vor den unverändert leidenden König Anfortas und fragte ihn aus dem tiefsten Herzen: Was fehlt Euch, Oheim? Das war die Herzensfrage, die ihn zum Gralskönig und zum Hüter des Grals machte.

Ich bin überzeugt davon, gehen wir mit unseren authentischen Herzensfragen an die Person Rudolf Steiner und an sein letztes und wichtigstes Anliegen des Karmas heran, dann können wir viel mehr erschließen, was er wirklich mitteilen wollte und heute mitteilen will.

An dieser Stelle möchte ich gegenüber dieser echten Authentizität von Herrn Zeylmans van Emmichoven und seiner langjährigen aufopfernden Arbeit an den schweren Geschichten der Anthroposophie aus meinem vollen Herzen den tiefsten Respekt zum Ausdruck bringen.

Junko Hill








Freitag, 9. April 2010

Mit dem Herzlicht den "Menschen Rudolf Steiner" beleuchten



Als ich vor 14 Jahren aus Japan nach Deutschland kam und zu studieren begann, war durch Einiges mein Grundsystem erschüttert.

Ich hörte, dass man hier den Gott per Du anspricht. Das war mir im ersten Moment ein wenig fremd. Man sagte zu mir, Gott per Sie anzureden, geht nicht, es ist viel zu distanziert. Als ich es hörte, fühlte ich in mir eine Befreiung. Ein leises Fremdgefühl, das ich im ersten Moment hatte, verschwand rasch und statt dessen breitete sich in mir ein angenehmes Freiheitsgefühl aus.

Ich dachte: Ja, es ist schön, dass man gegenüber dem Gott nicht höflich sein muss. Die Höflichkeit, die man in Japan beim Sprechen dauernd achten musste, störte mich sehr beim freien Denken und Austauschen. Ich sehnte mich stark danach, mal wirklich nur ganz so zu denken und reden, so wie ich bin, und nicht mehr, aber wirklich gar nicht mehr auch noch nebenbei immer denken, wie soll ich es ausdrücken, damit es nicht unhöflich wird.

Ich fand es gut, dass man nicht höflich und distanziert per Sie den Gott anspricht, sondern direkt per Du. Das passte mir damals gerade sehr gut. Und ich war tief überzeugt, das ist ein wesendlicher Zug des Urchristlichen.

Ich war froh, dass ich frei denken und reden kann ohne auf die strenge Höflichkeit zu achten, denn es war für mich wie eine Qual in Japan. Aber im Lauf der weiteren Zeit merkte ich, dass gerade dieser Zug, der von mir als etwas Urchristliches erkannt wurde, nicht "obligatorisch" praktiziert wird. Hier in Europa gibt es gleichwohl die strengen Machtstrukturen und Rangordnungen, die sogar in der Tat noch viel strenger sein können als in Japan wahrscheinlich auch aus dem Grund, weil man sich nach aussen hin liberaler als bei uns gibt.

Die Japaner haben ihre klare Höflichkeitsform in der Sprache. Sie markieren sprachtechnisch die Stellungen durch die Positionen und die Altersunterschiede. Wenn man diese Regeln der Höflichkeit einhält, dann hat man realtiv viel Freiraum in Beziehung und sogar unter Umständen viel leichter als hier in Europa ein offenes freundschaftliches Verhältnis mit einem Vorgesetzten. Das ist etwas, was mir erst langsam klar wurde.

Ich finde z. B. die Beziehung der erzanthroposophischen Menschen zu Rudolf Steiner extrem distanziert. Sie möchten ihn verehren und deshalb distanzieren sie sich von ihm. Ich glaube, sie möchten ihn nicht wirklich verstehen, sondern ihn verehren. Steiner selber sagte einmal: Ich möchte nicht verehrt, sondern verstanden werden!

Verstehen kann man nur, wenn man es lieben will. Dafür muss man zuerst die Distanz überwinden.

Ich denke, manche erzanthroposophische Menschen wollen ihn nicht wirklich verstehen aus dem Grund: Wären die Gedanken von Steiner für sie einfach zu verstehen, dann würde das für sie einen radikalen Wertverlust bedeuten.


Es gibt zahlreichen Menschen in der Welt, die die Überzeugung haben: Etwas Heiliges zu verstehen bedeutet eine Anmassung. Ihnen scheint die Verehrung mit der anständigen Distanz vom Verehrungsgegenstand das Allerwichtigste zu sein. Ich frage mich, ob ein wahres Verständnis ihnen wie eine anmassende Gotteslästerung vorkommt?

Bei ihnen scheint noch die Überzeugung aus ihren früheren Leben zu existieren: Etwas Heiliges darf man nicht begreifen. Wer so ein Gebot "man darf Steiner nicht verstehen" innerlich festhält, wird ihn natürlich nicht verstehen und verbietet den anderen Menschen ihn zu verstehen.






Die menschliche Empathie ist für mich eine kostbare Erkenntnisfähigkeit.

Sie ist für mich nicht identisch mit dem Mitfühlen und Mitdenken im Sinne der äusserlich wahrnehmbaren seelischen Aussagen eines Menschen. Die Empathie ist ein Herzlicht, mit dem man die Seele durch die äusserlichen Aussagen hindurch beleuchtet.

In uns leben sehr verschiedene Gedanken, Empfindungen und Willensrichtungen. Und nur etwas, was gerade an der Oberfläche ist, nehmen wir wahr, machen uns bewusst und sprechen es aus. Hinter diesen Aussagen leben noch viel mehr die Inhalte, die nicht von uns zugelassen, wahrgenommen werden. Sie - diese Inhalte fühlen sich von uns selber übergangen. Es gibt viele solche Gefühle, Gedanke und Wünsche. Sie erzeugen in der Tiefe unseres Wesens die Ursachen der Krankheiten, des Stress und der Unzufriedenheiten, weil etwas, was wahrhaftig zu uns gehört, ignoriert wird. Das heisst in Wirklichkeit, ich verleugne mich selber.

In den biographischen Sitzungen habe ich immer mehr diese Fähigkeit des Herzens entdeckt. Ich kann nicht beleuchten, wenn mein Klient es nicht will. Aber sonst kann ich im meinem Herzen viel wahrnehmen. Ich konzentriere mich auf die Reaktion meines Herzens, wenn ich dem Menschen zuhöre. Es hat verschiedene Wahrnehmungen. Es fühlt sich gedrückt oder leicht, hell, schwer oder zerdrückt oder gebrochen u.s.w. an. Wenn ich noch weiter auf mein Herz achte, dann frage ich den Menschen, ob es mit seinen inneren Erlebnissen zu tun hat. So mache ich mich mit dem Menschen auf dem Weg, nach Innen zu kehren und das Herz zu verstehen.

Ich habe mich oft in Rudolf Steiner hinein gefühlt, wie es ihm gegangen ist. Seitdem ich mich anfing, mit seinem Karma zu beschäftigen, war er mir sehr nahe. Er kam mir nicht als ein Eingeweihter, den niemand wirklich versteht, sondern als ein Mensch, der wie wir alle ein Herz in sich trug.

Ich trat in die vergangenen Zeiträumen, in denen er lebte und beleuchtete seine Innenwelt mit meinem Herzlicht. Immer wieder musste ich mich fast in den Tränen auflösen, weil ich seine intensiven Empfindungen spürte.

Er hat unwahrscheinlich tief gelitten. Ja, er hat sehr gelitten darunter, dass er sich von niemandem richtig verstanden fühlte. Dennoch will ich keiner Person, die mit Steiner zusammengearbeitet hat, etwas vorwerfen, denn es ist nicht in seinem Sinne. Es ist auch nicht eine produktive Denkweise.

Steiner fühlte sich sehr schlecht in den allerletzten Jahren seines Lebens. Er fühlte sich nirgendwo mehr wohl ausser bei Ita Wegman, mit der er durch mehrere Jahrtausende hindurch gemeinsam auf der Erde war und verschiedene Aufgaben gemeistert hatte. Er hatte eine ganz tiefe Herzensbeziehung zu ihr. Nur bei ihr fühlte er sich wirklich gut aufgehoben. Es war schockierend für mich, als mir dies klar wurde.

Nach meiner Empfindung muss ich sagen: Die damaligen Anthroposophen haben daran keine Schuld. Oft habe ich gehört: Die Menschen haben ihn nicht genügt. Sie haben versagt. Zwar Steiner sagte es mehr oder weniger, er sei so krank geworden, weil so viele Menschen zu ihm kamen. Aber in der Tat war etwas ganz anderes wichtig.



Er hatte schon lange viel zu viel gearbeitet. Er konnte nicht loslassen und musste immer weiter pausenlos arbeiten, obwohl sein Herz schon lange nicht mehr auf diese Weise arbeiten wollte. Er sehnte sich in der Tat nach einer verständnisvollen und liebevollen Atmosphäre der Menschen, die für ihn heilsam sein könnte. Er liess dennoch in Wirklichkeit überhaupt nicht locker und hat sich im Gegenteil fast in die Arbeit geflüchtet. Er hat noch nicht alles erfüllt gehabt, was er zu erfüllen beabsichtigt und versprochen hatte, bevor er mit einer gewaltigen Mission auf die Erde kam. In im lebte eine Treue zu seinem Auftrag.


Er konnte die Rolle eines Geistesforschers nicht abgeben, der sich Tag und Nacht für die Menschen mit ihren Fragen zur Verfügung stellt.

Er konnte seine Rolle eines modernes Eingeweihten nicht loslassen, weil er spürte, die Menschen sehen ihn so und haben die Erwartung von ihm, die er erfüllen soll.


Es klingt stark, aber ich erlebte so, dass er mir wie ein "Selbsbedienungsladen der Weisheiten für alle" vorkam. Er liess sich von den Menschen bedienen, was sie bei ihm wollten. Sie kamen zu ihm und er drückte eine unsichtbare Taste, dann kam die erwünschte Antwort aus ihm heraus. Man war froh, dass man sie bekam und ging wieder. Dann kam wieder ein anderer und wollte etwas anderes von ihm u.s.w.

Steiner liess sie sich immer weiter bedienen, konnte den Vorgang nicht stoppen. Er fühlte sich so verantwortlich für alles und konnte sich nicht abgrenzen. Und er glaubte ganz fest daran, das sei seine Pflicht und eine unveränderliche Schicksalsbestimmung als Geisteslehrer und Eingeweihter. Das kann man aber durch die allgemeine Empfindung es Menschen des Beginn des 20. Jahrhunderts voll nachvollziehen, von der unserer heutige Empfindung bereits abweicht. Die Anthroposophie war seine Liebe, seine Lebensmission und ein höherer Auftrag. Ohne sie bedeutete sein Leben nichts. Aber er hat wegen dieser Mission sich selber und seine Gesundheit vollständig in Stich gelassen.

Er sagte einmal: dass man ihn Tag und Nacht ruft, wann man ihn braucht, das sei die grösste Liebe zu ihm. Davon war er überzeugt, aber sein Herz wollte etwas anderes. Es wollte Ruhe, Verständnis und Liebe. Es klingt nicht so toll, wenn ich das Wort "Bedienen" verwende, aber ich empfand so, wenn ich immer wieder seine Gefühle beleuchtet habe. Und ich musste für ihn sehr viel weinen.

Für ihn existierte so etwas wie "eine liebevolle Zuwendung sich gegenüber" nicht. Die war wahrscheinlich das letzte Ding, das er sich selber geben wollte. Er selber ging mit sich erbarmungslos um, deshalb liess er sich auf die nimmer aufhörenden Anfragen, die Anforderungen, die Bitten ein, mit denen die Menschen fortwährend an ihn herantraten.

In seinem Brief von 11. Juni 1924 an Ita Wegman ("Wer war Ita Wegman Band 1 " J.E. Zeylmans van Emmichoven, "Die Erkraftung des Herzens"J.E. Zeylmans van Emmichoven ) kann man ganz intensiv diese innere Situation von Steiner ablesen, wenn man den Inhalt mit seinem Herz beleuchtet. Wie sehr hat er sich nach einer heilsamen und verständnisvollen menschlichen Umgebung gesehnt. Die konnte er sich nicht leisten, ausser dass er in Dornach bei Ita Wegman eine tief menschliche Annahme spüren konnte.

Er konnte bei ihr wirklich ein Mensch sein. Sie konnte ihn annehmen ohne jegliche feste Erwartung, z.B. "wie ein Eingeweihter sein soll", denn er bedeutete für sie noch viel mehr als einen Eingeweihten. Deshalb brauchte auch er vor ihr nicht seine Pflicht-Rolle starr festzuhalten, was er sonst wegen seiner Mission immer tun musste. Er konnte vor ihr ganz aus dem vollen Herzen frei die Weisheiten schöpfen. Diesen vom Herz durchdrungenen Weisheiten begegnen wir in den vielen Sprüchen und den Meditationen, die er Ita Wegman schenkte. Sie sind nach ihrer Stimmung grundverschieden von allen Übungen und Sprüchen, die er sonst den anderen Menschen gab.

Ita Wegman hatte einen echten und authentischen menschlichen Zugang zu Steiner. Deshalb konnte auch er vor ihr anders sein als vor allen anderen Menschen. Diese Besonderheit ist sehr tief in der gemeinsamen Vergangenheit begründet. Er schöpfte immer wieder neu aus dem Zusammmensein mit ihr die heilsamen und aufbauenden Kräfte, die er für die geistige Arbeit, die er niemals enden wollte, dringend nötig hatte.

Ich finde es so wichtig, dass wir alle diesen Hintergrund genügend verstehen. Die damaligen Anthroposophen, die von sich meinten, sie genügten Steiner nicht, haben wirklich nicht versagt. Wenn man denken würde, die damaligen Schüler von Steiner haben versagt, dann wird man ihnen gegenüber überhaupt nicht gerecht. Sie waren sehr begabte Persönlichkeiten und haben erstaunlich viel geleistet. Nur Steiner hat sehr gelitten. Dennoch niemand hat Schuld daran. Es war einfach so.


Wollen wir nicht den hartnäckigen Bann, der über ihn ausgebreitet ist, auflösen und ihn endlich definitiv von der starren Rolle als Eingeweihter entlasten? Das können wir tun dadurch, dass wir ihn statt verehren, menschlich verstehen und lieben.



Junko Hill








Donnerstag, 8. April 2010

Wozu verwendest du die Angaben von R. Steiner?



Verwendest Du die Angaben von Steiner, um Dich von etwas abzugrenzen? Oder verwendest Du sein Wissen, um Dich empathisch hineinzudenken?


Verwendest Du die Welt- und Menschenkunde von Steiner, um die anderen Menschen und auch Dich selber zu verstehen, so wie sie sind und so wie Du bist?

Oder verurteilst Du sie und auch Dich selber nach seinen Aussagen, um alles je nach dem "scheinbaren" Entwicklungsgrad moralisch abzustufen?

Was entspricht deinem Herz und auch dem Geist Steiners im 21. Jahrhundert wirklich?

Sollte nicht jeder von uns, der sich heute auf eine Weise mit den Erben Steiners beschäftigt, dringend diesbezüglich eine innere klare Entscheidung treffen?

Die Zeit ist reif. Welches ist die Anwendung, die Du willst?


Das Licht der Weisheit braucht heute eine intensive Erwärmung durch eine echte Menschlichkeit. Sie ist nicht zu machen, kann nur im meschlichen Herz entstehen.





Junko Hill


Freitag, 2. April 2010

Kapitel IX Die Idee der Freiheit - 1 "Denken als Mythos" der Anthroposophie?

Kommentare zu „Der Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners

Die Wirklichkeit der Freiheit




Kapitel IX
 "DIE IDEE DER FREIHEIT"


„Der Begriff des Baumes ist für das Erkennen durch die Wahrnehmung des Baumes bedingt. Ich kann der bestimmten Wahrnehmung gegenüber nur einen ganz bestimmten Begriff aus dem allgemeinen Begriffssystem herausheben. Der Zusammenhang von Begriff und Wahrnehmung wird durch das Denken an der Wahrnehmung mittelbar und objektiv bestimmt. Die Verbindung der Wahrnehmung mit ihrem Begriffe wird nach dem Wahrnehmungsakte erkannt; die Zusammengehörigkeit ist aber in der Sache selbst bestimmt.

Anders stellt sich der Vorgang dar, wenn die Erkenntnis, wenn das in ihr auftretende Verhältnis des Menschen zur Welt betrachtet wird. In den vorangehenden Ausführungen ist der Versuch gemacht worden, zu zeigen, daß die Aufhellung dieses Verhältnisses durch eine auf dasselbe gehende unbefangene Beobachtung möglich ist. Ein richtiges Verständnis dieser Beobachtung kommt zu der Einsicht, daß das Denken als eine in sich beschlossene Wesenheit unmittelbar angeschaut werden kann. Wer nötig findet, zur Erklärung des Denkens als solchem etwas anderes herbeizuziehen, wie etwa physische Gehirnvorgänge, oder hinter dem beobachteten bewußten Denken liegende unbewußte geistige Vorgänge, der verkennt, was ihm die unbefangene Beobachtung des Denkens gibt. Wer das Denken beobachtet, lebt während der Beobachtung unmittelbar in einem geistigen, sich selbst tragenden Wesensweben darinnen. Ja, man kann sagen, wer die Wesenheit des Geistigen in der Gestalt, in der sie sich dem Menschen zunächst darbietet, erfassen will, kann dies in dem auf sich selbst beruhenden Denken.


Im Betrachten des Denkens selbst fallen in eines zusammen, was sonst immer getrennt auftreten muß: Begriff und Wahrnehmung. Wer dies nicht durchschaut, der wird in an Wahrnehmungen erarbeiteten Begriffen nur schattenhafte Nachbildungen dieser Wahrnehmungen sehen können, und die Wahrnehmungen werden ihm die wahre Wirklichkeit vergegenwärtigen. Er wird auch eine metaphysische Welt nach dem Muster der wahrgenommenen Welt sich auf-erbauen; er wird diese Welt Atomenwelt, Willenswelt, unbewußte Geistwelt und so weiter nennen, je nach seiner Vorstellungsart. Und es wird ihm entgehen, daß er sich mit alledem nur eine metaphysische Welt hypothetisch nach dem Muster seiner Wahrnehmungswelt auferbaut hat. Wer aber durchschaut, was bezüglich des Denkens vorliegt, der wird erkennen, daß in der Wahrnehmung nur ein Teil der Wirklichkeit vorliegt und daß der andere zu ihr gehörige Teil, der sie erst als volle Wirklichkeit erscheinen läßt, in der denkenden Durchsetzung der Wahrnehmung erlebt wird. Er wird in demjenigen, das als Denken im Bewußtsein auftritt, nicht ein schattenhaftes Nachbild einer Wirklichkeit sehen, sondern eine auf sich ruhende geistige Wesenhaftigkeit. Und von dieser kann er sagen, daß sie ihm durch Intuition im Bewußtsein gegenwärtig wird. Intuition ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes. Nur durch eine Intuition kann die Wesenheit des Denkens erfaßt werden.“



Der Kommentar:

Steiner hat in der Schrift selbstverständlich noch nicht die komplizierte Struktur des Seelenlebens berücksichtigt. Darüber erfahren wir erst vor seinem Tod in seinen Leitsätzen. In ihnen beschreibt er: Im Denken lebt sowohl das Fühlen als auch das Wollen. Im Fühlen das Denken und das Wollen, und im Wollen das Denken und das Fühlen. Das klingt zuerst ziemlich kompliziert. Und das ist es auch in Wirklichkeit. Wir können in der Tat nicht bloss vom Denken reden, weil im Denken auch immer das Fühlen und das Wollen mitanwesend sind. Dieses gemeinsame Weben macht eine dynamische und lebendige Zusammenarbeit zwischen dem Denken, dem Fühlen und dem Wollen möglich.

Ohne das Fühlen und das Wollen kann man eigentlich im Denken nichts erkennen. Was wahr sein kann, kann man ja ganz unterschiedlich denken. Das Denken ist universal. Deshalb macht uns das Denken labil, weil es alles für möglich halten kann.
Das Wahrheitsgefühl „ja, das ist wahr!“ macht uns erst zur Gewissheit einer Erkenntnis. Das kann man nicht woanders holen, wenn man als ein freier Mensch selbstständig seine Erkenntnis gewinnen will. Das Gefühl muss man in seinem eigenen Herz spüren.

Steiner hat in einigen Vorträgen auf die entscheidende Bedeutung eines Wahrheitsgefühls hingewiesen. Aber seine gewisse Vorliebe zum Denken hat unter den nachkommenden Anthroposophen eine starke Neigung hervorgerufen, dem Denken allein einen Mythos zuzuschreiben. Das macht manchmal eine anthroposophische Arbeit sehr intellektuell, weil unsere Aufmerksamkeit dabei einzig auf den Kopf gelenkt wird.

Ich denke, die Zeit war zu Lebzeiten Steiners noch nicht reif dafür, die Erkenntnispraxis konkret weit über das Denken hinaus zu erweitern. Steiner begann erst gegen Ende seines Lebens z.B. die Karmaübungen zu geben, die nicht nur auf dem Denken basieren.



Die Erben der Erkenntnis- und Schulungsfragen Steiners, in denen quantitativ gesehen eindeutig die gedankliche Art vorherrschend ist, bestimmen auch die Haltung seiner nachkommenden Schülerschaft bis heute. Die Anthroposophen können sehr diszipliniert, hilfsbereit und auch verantwortungsvoll sein. Aber diese Eigenschaft kann man auch übertreiben. An manchen sehr anthroposophischen Menschen vermisse ich
eine wirkliche Offenheit, eine authentische Selbstkongruenz und eine natürliche Herzlichkeit.

Sie scheinen den Kontakt zu dem Herz gebrochen zu haben, damit sie sich stets unter eine strenge moralische oder auch intellektuelle Selbstkontrolle stellen können. Mir scheint, dass sie sich teilweise zu sehr mit ihren Idealen und Geboten zwingen, wie sie sein sollen.

Auch ich habe mich früher in einer ganz strengen gedanklichen Art mit Steiners Werk beschäftigt und mich dabei unter eine geistige Kontrolle gestellt. Und ich habe irgendwann bemerkt, dass diese Art der Schulung heute anders als damals den Menschen keine produktive Selbstentfaltung mehr ermöglicht.
Das Herz muss heute in einem noch viel grösseren Mass als vor 100 Jahren in alle Angelegenheiten des Lebens miteinbezogen werden.



Wir können ja nicht immer in den Schriften und Vorträgen Steiners die Stellen suchen, in denen er die gerade passende Antwort auf unsere Fragen gibt. Da machen wir uns unfrei. Steiners Bücher können uns helfen, Wahrnehmungs- und Erkenntnisorgane in uns zu bilden. Wer diese Basis hat, kann selbstständig seine Organe erweitern. Ohne sich auf die konkreten einzelnen Aussagen Steiners zu stützen kann er unabhängig in allem forschen.

Bis dahin habe ich beschrieben, wie ich aus heutiger Sicht die Grenzen Steiners in seiner damaligen Ausdrucksart und die damit zusammenhängenden Besonderheiten seiner anthroposophischen Nachkommenschaft erlebe.

Nun gehen wir jetzt auf den konkreten Inhalt ein.

Steiner vermittelt uns eine wunderbare Wesenhaftigkeit, die uns im intuitiven Denken entgegenkommt. In dieser Beschreibung erlebe ich nach, dass sein intuitives Denken gar nichts Totes in sich hat. Eine schöpferische Angelegenheit ist es. Und das ist der Charakter einer Intuition, dass sie etwas Beflügelndes hat. Die Gedanken, die nur aus dem logischen oder erfahrungsbezogenen Denken entspringen, tragen diese Eigenschaften nicht. Worte können den intellektuellen Ohren klug klingen und für das Alltagsdenken etwas total Überzeugendes haben, dennoch fehlt ihnen absolut das Leben. Ein angenehmes befreiendes Lichterlebnis einer Intuition bleibt aus.

Was ist aber diese „Wesenhaftigkeit“, die Steiner hier meint? Eine Wesenhaftigkeit macht eine Intuition wirklich wesenhaft. Eine Intuition kann deshalb nicht immer nur in trockene Worte übersetzt werden, sondern als Bild oder dynamische Bewegung in der Seele erfasst werden, je nachdem wie man geartet ist. Die Wesenhaftigkeit einer Intuition lässt uns leicht ein Bildgeschehen wie eine Geschichte oder ein Märchen erleben. Dabei begegnen wir den Aussagen der Inhalte lebendig und wesenhaft in den personifizierten Wesen wie Menschen oder Tiere.

Wir erfinden nicht extra ein Märchen, sondern die Seele schafft die Bilder aus der erlebten Intuition auf eine natürliche Art. Selbstverständlich kann man die Wesenhaftigkeit in einer gedanklichen Eingebung oder in einer klaren Form des Begriffes wahrnehmen, so wie Steiner gerade hier betont. Die Möglichkeiten, die Wesenhaftigkeit zu erleben sind viele.

Junko Hill






Nur mit dem Herz kann man verstehen, was ist.

Ich finde immer wieder die Interpretationen der Philosophie der Freiheit, die auf einer intellektuellen Ebene behandelt wurden. Natürlich kann man sie als einen rein philosophischen Gegenstand und eine gedankliche Herausforderung nehmen.

Meine Arbeitshaltung gegenüber dieser Schrift ist eine ganz andere.

Diese Schrift ist für mich eine ganz lebendige und praktische Beschreibung über die Freiheit, die jeder von uns erreichen kann.

Der Inhalt dieses Buches ist nicht die Beschreibung eines Zustandes, was ausser Steiner und den hohen Eingeweiten niemand verstehen und erreichen kann! Das kann doch nicht sein.

Es ist wirklich an der Zeit, Steiners Werk als Anregungen zu nehmen und sich damit im eigenen Herz intuitiv zu beschäftigen. Wir brauchen die individuellen schöpferischen Ideen für das wirkliche Leben!

Wieso zerbrechen wir uns immer wegen seiner Gedanken so sehr den Kopf?

Wollen wir nicht lieber damit aufhören, alles sehr kompliziert und angespannt ernst zu nehmen?

Fangen wir nicht lieber an, mit seinen Anregungen lebendiger umzugehen?



Junko